Ein zentraler Fokus in diesem Werk ist die Studie der asymmetrischen Beziehungen zwischen der indigenen Justiz und der staatlichen oder auch gewöhnlichen Justiz, von der Rechtspraxis während der Kolonialzeit bis zur Rechtspraxis heute, dessen prähispanische Vorläufer spezifische Hinweise auf die Strukturen indigener Völker vor der Ankunft der Spanier geben. Mit anderen Worten wird die prähispanische Geschichte zu einem nützlichen Analyseinstrument für die Zwecke des Autors, da sie als ein unvergleichlich wichtiger Bezugspunkt für die Bewertung eines stabilen und dauerhaften Rechtssystems im Laufe der Zeit dienen kann - trotz der großen politischen Veränderungen seit der Ankunft der Spanier, die sich in Form von Interlegalität zeigten, welche wiederum von beiden Gesellschaften erschaffen wurde, um bestimmte Erwartungen an ein gerechtes Justizsystem zugunsten der einen oder anderen Seite zu erfüllen. Das Streben nach Gerechtigkeit steht für vieles: Es ist ein Kampf um Anerkennung und um die eigenen Rechte, es ist ein Bemühen Ungleichheiten und Asymmetrien zu verringern, aber auch eine Form der moralischen und faktischen Herrschaft, und schließlich ist es eine Überlebenstrategie, um in Kontexten des pluralistischen Zusammenlebens und in Zeiten einer tiefgreifenden Demokratisierung von Staat und Gesellschaft anerkannt und erhört zu werden.
Das Buch fokussiert sich auf Justiz, da die indigenen Völker diesen staatlichen Bereich seit jeher als Mittel und Instrument des Kampfes nutzten, um Landrechte, Autonomie, Bildung und schließlich Akzeptanz als vollwertige Bürger vor einem Staat einzufordern, der sich immer wieder weigerte, ihren gleichberechtigten Status anzuerkennen.
Das Buch ist in vier Kapitel bzw. Erzählungen gegliedert, die darauf abzielen, die Geschichte des Rechtspluralismus‘ und der Interlegalität in Bolivien zu rekonstruieren. Dabei orientiert sich der Text an universitärer Lehre in juristischen Fakultäten und verwandten Studien zum Thema Rechtspluralismus. Die vier chronologisch geordneten Kapitel - die prähispanische Zeit, die Kolonialzeit, die frühe republikanische Epoche des 19. Jahrhunderts und die Republik des 20. Jahrhunderts - zielen darauf ab, Vergangenes in der Gegenwart wiederzuerkennen und kritische Aspekte der historischen Rechtsprechung mit der zeitgenössischen Rechtsprechung zu konfrontieren. Die pädagogische Ausrichtung will keine auf die rein juristische Analyse der Rechtsgeschichte des Landes spezialisierte Forschung zum Ausdruck bringen, sondern soll vielmehr eine Lektüre zur Neuinterpretation herausragender sozialrechtlicher Studien zu diesem Thema sein, wobei weniger die Theorie hinter dem Rechtssystem als vielmehr die oft verborgenen Leistungen der indigenen Bemühungen in ihrem Streben nach Gerechtigkeit hervorgehoben wird. Ziel ist es, Lehrkräfte und Studierende in der Lehre des Rechtspluralismus und der Interlegalität in dem Land zu schulen, in dem das Rechtssystem auf der Anerkennung der gleichberechtigten Koexistenz verschiedener Rechtssysteme beruht - gemäß der aktuellen politischen Verfassung des Staates von 2009.
Autor: Ramiro Molina Rivero
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