Veranstaltungsberichte
Unterstütz wurden diese Jugendlichen während der Konferenz von Experten für öffentliches Recht und indigene Selbstorganisation aus Kolumbien und Bolivien. Hierdurch gelang es, die Diskussion und Analyse folgender Themen zu befeuern:
- die Notwendigkeit interkulturellen Dialogs,
- inklusive Politik und Wahlsysteme
- Klimawandel und seine regionalen Auswirkungen.
Die Moderation der einzelnen Diskussionsrunden wurde jeweils von einem auf das zentrale Thema spezialisierten Experten übernommen.
Die erste Diskussion thematisierte die rechtlichen Fortschritte bei der formalen Anerkennung ethnischer Differenzen und kultureller Besonderheiten der indigenen Völker Lateinamerikas. Moderiert wurde diese Diskussion von Gabriel Muyuy, einem Anthropologen aus Kolumbien. In seinem Vortrag, welcher als Grundlage für die spätere Diskussion diente, erläuterte er zunächst die Strukturen des kolumbianischen Regierungssystems und ging anschließend auf die Unterschiede in den lateinamerikanischen Rechtssystemen ein. In diesem Zusammenhang legte er besonderes Augenmerk auf die Analyse der drei wichtigsten Verträge, welche indigene Rechte festschreiben:
- Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR)
- Konvention 169 der ILO
- Deklaration über indigene Rechte UNDRIP
Zum Ende der Diskussion formulierten die Teilnehmer drei zentrale Forderungen zur Verbesserung des interkulturellen Dialoges und der sozialen Situation der indigenen Völker:
- Die Staaten müssen die Schaffung von interkulturellen demokratischen Prozessen zur besseren Beteiligung und verstärkten Einbindung der indigenen Völker garantieren.
- Die nationalen politischen Parteien müssen sich an die neue Realität anpassen und ihre jeweiligen Parteiprograme entsprechend erweitern. Dies ist unabdingbar, um internationale Standards zu erfüllen.
- Die indigenen Völker Lateinamerikas stehen vor großen Herausforderungen. Sie sind dazu verpflichtet, aktiv an der Schaffung interkultureller Beteiligungsprozesse mitzuarbeiten und so zur Stärkung der Demokratie beizutragen.
Die Diskussion zum Thema der politischen Systeme Lateinamerikas wurde von Carlos Cordero, einem Politikwissenschaftler aus Bolivien moderiert. Der Fokus der Diskussion lag dabei auf der Analyse der Wahlsysteme in verschiedenen Ländern dieser Region. Den Ausgangspunkt der Analyse stellten dabei nationale Verfassungen und die jeweiligen nationalen Wahlgesetze dar. Durch die Untersuchung dieser Dokumente sollte geklärt werden. inwiefern die jeweiligen Wahlsysteme indigene Interessenrepräsentation und politische Partizipation insgesamt ermöglichen.
Basierend auf den Ergebnissen dieser umfangreichen Untersuchung kamen die Diskussionsteilnehmer zu dem Schluss, dass die gegenwärtigen Wahlsysteme keine angemessene indigene Partizipation und Repräsentation ermöglichen. Hieraus leiten die Teilnehmer darüber hinaus die Forderung ab, alternative Repräsentations- und Partizipationsformen in die nationalen Wahlsysteme zu integrieren. Die Teilnehmer sind sich dabei bewusst, dass es nicht das eine Patentrezept für alle Länder Lateinamerikas gibt. Stattdessen müssen bei der Suche nach alternativen Repräsentations- und Partizipationsformen die jeweiligen landesspezifischen Besonderheiten berücksichtigt werden.
Ein Problem, das die gegenwärtige Funktionalität nationaler Wahlgesetze hemmt und das auch in Zukunft zu Problemen führen wird ist, dass große Teile der Gesellschaft die jeweiligen Wahlsysteme nicht verstehen. Hierdurch wird eine aktive Partizipation in der Politik und folglich die Interessensrepräsentation erschwert.
Das dritte große Thema, welches von den Teilnehmern der Konferenz bearbeitet wurde, bezog sich auf den globalen Klimawandel und seinen Einfluss auf die indigene Bevölkerung Lateinamerikas. Moderiert wurde die Diskussion von Monica Castro, einer bolivianischen Wirtschaftswissenschaftlerin mit Spezialisierung auf Ressourcenmanagement und Umweltschutz. In ihrem einleitenden Vortrag ging sie ausgehend von den allgemeinen Folgen des globalen Klimawandels auf die konkreten Auswirkungen für die indigene Bevölkerung ein. In diesem Zusammenhang thematisierte sie unter anderem die von der internationalen Gemeinschaft bisher ergriffenen Gegenmaßnahmen und erläuterte die Bedeutung von Vorab-Konsultationsprozessen für die Repräsentation indigener Interessen im Rahmen des Klimawandels.
Um die sozialen, wirtschaftlichen um kulturellen Auswirkungen des Klimawandels auf die indigene Bevölkerung besser bewerten zu können, ist es notwendig, umfassende Untersuchung zu betreiben. Die Ergebnisse derartiger Studien sind notwendig, um gezielte Gegenmaßnahmen zum Schutz der indigenen Kulturen zu treffen. Der Umstand, dass diese Gemeinschaften zu den ersten gehören, welche die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommen werden, führt die Dringlichkeit derartiger Untersuchung deutlich vor Augen.
Die Konferenz diente dem RedHL erneut dazu, sich über verschiedene relevante und zum Teil drängende Themen auszutauschen, gemeinsame Standpunkte auszumachen und konkrete Forderungen zu formulieren. In einer Zeit, in der im lateinamerikanischen Kontext nach wie vor nicht von „echter Demokratie“ gesprochen werden kann, ist dies von besonderer Bedeutung. Nach wie vor ist die politische Repräsentation und Partizipation großer Bevölkerungsteile nicht garantiert. In ganz Lateinamerika leben ca. 45 Millionen Indigene in 800 Völkern, die nach wie vor nur eingeschränkt von der Politik repräsentiert werden und deren politische Partizipation nicht garantiert ist.