Veranstaltungsberichte
Neue klimapolitische Paradigmen, Ressourcenknappheit, innovative Technologien und die angespannte Sicherheitslage im Nahen Osten sind nur einige Aspekte der großen Herausforderungen, vor denen die globale Energiewirtschaft aktuell steht. Diese können nicht im nationalen Alleingang gelöst werden. Insbesondere Europa und Asien – geografisch gesehen ein gemeinsamer Kontinent – können und müssen energiepolitisch eng zusammenarbeiten, um das Potenzial neuer Entwicklungen auszuschöpfen und eine vernetzte, zukunftsfähige Infrastruktur für Energieerzeugung und -versorgung aufzubauen. Zwar besteht ein breiter Konsens in allen Ländern, dass die anstehenden tiefgreifenden Reformen in der Energiepolitik nur gemeinsam angegangen werden können. Weniger klar ist jedoch, in welcher Weise und wie umfangreich eine Kooperation erfolgen soll.
Diese drängenden Fragen standen im Mittelpunkt des diesjährigen KAS-UACES-Workshops. Dabei hatten junge Wissenschaftler aus Asien, Europa und den USA die Gelegenheit, ihre Forschung und Erkenntnisse vor einem Fachpublikum zu präsentieren. Von der Erzeugung elektrischer Energie bis zum Verbrauch, von finanziellen über diplomatische bis hin zu rechtlichen Fragen der Ressourcennutzung umspannte der Workshop alle Aspekte der energiepolitischen Kooperation zwischen Asien und Europa. Ziel war es, diese Problempunkte nicht nur einzeln zu betrachten, sondern ganzheitliche Lösungen zu finden, wie in den einführenden Reden herausgestellt wurde.
Zur Eröffnung begrüßte Evelyn Gaiser, Energiereferentin im Team Asien und Pazifik der Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin, die Gäste und skizzierte die Aufgaben der Stiftung im Kontext der deutschen Energiewende. Weitere Impulse gaben der deutsche Generalkonsul in Hongkong und Macau, Nikolaus Graf Lambsdorff, und Vertreter Hong Konger Universitäten, indem sie über ihre Erfahrungen zur eurasischen Energie-Kooperation sprachen. Es folgte eine fachliche Einführung in vier thematischen Bereiche, die am zweiten Tag des Workshops in jeweils zwei parallel stattfindenden Sitzungen behandelt wurden. In den Sitzungen stellten die Nachwuchswissenschaftler ihre Forschungsergebnisse vor und diskutierten diese in kleiner Runde.
Erstes Thema des Tages waren aktuelle geopolitische Implikationen. Die ungleiche Verteilung von fossilen Rohstoffen, dem Erzeugungspotenzial erneuerbarer Energien und dem Energiebedarf zwingt die Staaten Europas und Asiens, untereinander Ressourcen auszutauschen oder gemeinsam zu nutzen. In Abhängigkeit von den jeweiligen nationalen Strategien und dem allgemeinen politischen Umfeld prägen sich diese Beziehungen ganz unterschiedlich aus – von einvernehmlicher Zusammenarbeit bis zu Konflikten um Ressourcen in umstrittenen Gebieten. Die Präsentationen befassten sich unter Anderem mit Zentralasien als Schnittpunkt der eurasischen Energie- und Rohstofftransportwege sowie mit der energiepolitischen Kooperation zwischen Russland und China.
Die folgenden Sitzungen schwenkten zur Sichtweise der Wirtschaft, wobei sowohl makro- als auch mikroökonomische Dynamiken diskutiert wurden. Volkswirtschaftliche Potenziale und Überlegungen bestimmen maßgeblich, wie jeder Staat seine Energieversorgung ausbauen kann und will. Die Länder Eurasiens müssen sich für eine erfolgreiche Zusammenarbeit auf die wirtschaftliche Situation ihrer Nachbarn einstellen und Lösungen im allseitigen Interesse finden. Doch ist die Politik nicht der einzige Akteur; die Erschließung und Nutzung von Energiequellen hängt von der Entscheidung der Unternehmen ab.
Am Nachmittag wurden zunächst die Auswirkungen des Klimawandels auf die Energiesicherheit betrachtet. Durch die Folgen der Erderwärmung, zum Beispiel Überschwemmungen, können einerseits Ressourcen unzugänglich und Energietransportwege abgeschnitten werden. Andererseits steigt der Energiebedarf der Staaten im Zuge der Anpassung an klimatische Änderungen. Die Präsentationen zeigten Lösungswege zur Überwindung solcher Engpässe durch zwischenstaatliche Kooperation auf.
Finanzierung und technische Innovationen standen im Mittelpunkt der abschließenden Sitzungen. Diskutiert wurden die massiven Investitionen Chinas in seine zentralasiatischen Nachbarländer und die Auswirkungen eines solchen Engagements. Dass technische Fortschritte auf alle Felder der Energiepolitik großen Einfluss haben, zeigten mehrere Präsentationen. Technologien für die effizientere Gewinnung erneuerbarer Energien, aber auch zur sauberen Nutzung fossiler Rohstoffe, entwickeln sich derzeit rasant. Die Teilnehmer betrachteten unter Anderem Einsatzmöglichkeiten hocheffizienter Solarzellen, innovative Ansätze zur Einsparung von Energie und das Potenzial der Verwendung von recyceltem Material für Wärmeisolierung.
Nach den Sitzungen wurden zwei Auszeichnungen an die besten Arbeiten der Nachwuchswissenschaftler vergeben. Ein Zertifikat erhielt die Rechtswissenschafts-Doktorandin Fang Meng von der Chinesischen Universität Hongkong. Sie hatte im Workshop über Potenzial und Bedeutung von Handelsabkommen bezüglich erneuerbarer Energien zwischen China und der EU gesprochen. Zweiter Preisträger war Dr. Ali Cheshmehzangi, Assistenzprofessor für Architektur an der Universität Nottingham. Sein Thema war die Entwicklung des Marktes für energieeffiziente Gebäude.
In der abschließenden Betrachtung verknüpfte Maximilian Rech von UACES die vielen thematischen Fäden des Workshops und fasste die wesentlichen Erkenntnisse zusammen. Dabei kristallisierten sich weiterführende Fragestellungen heraus, denen sich die jungen Wissenschaftler in ihren weiteren Forschungsarbeit widmen möchten. Aus den Diskussionen der einzelnen Sitzungen ergaben sich konkrete Implikationen für alle in der internationalen Energiepolitik involvierten Entscheidungsträger. Die Ergebnisse der Präsentationen und Diskussionen des Workshops werden in Form von Handlungsempfehlungen zusammengestellt und in zwei Bänden beim renommierten Springer-Verlag veröffentlicht werden.