Veranstaltungsberichte
Trump sei eine personifizierte polarisierende Herausforderung. Mit diesen Worten führt der neue Landesbeauftragte und Leiter des Politischen Bildungsforums Rheinland-Pfalz, Philipp Lerch, in das Forum des Politischen Salons ein. Von umjubelt bis verhasst, von bodenständig bis abgehoben, von einsichtig bis trotzig, von losgelöst bis getrieben und von Neuanfang bis zum Bruch. Der 45. Präsident der Vereinigten Staaten eine und spalte zugleich, so Lerch. Darüber ob und wie Trump in den zwei Jahren seit seiner Wahl die Weltordnung verändert hat, möchten zahlreiche Experten diskutieren.
Der Journalist und Historiker Sven Felix Kellerhoff gibt dazu einen kurzen Überblick der Wahrnehmungen. Repräsentative Umfragen sprächen eine eindeutige Sprache: Ja, Trump habe die Weltordnung verändert. Doch auch Gegenstimmen sind zu hören. Immer wieder zeige sich, dass die fehlende Möglichkeit Trump einzuschätzen, zu Spaltung und Unsicherheit führt.
Der ehemalige Bundesverteidigungsminister Dr. Franz-Josef Jung, angereist von der Münchener Sicherheitskonferenz, erinnert sich an die Münchener Sicherheitskonferenz 2007 und das Auftreten des russischen Präsidenten Putin. Die Unterschätzung der Rhetorik damals sei ein Fehler für die kommenden Jahre gewesen. Denn in den darauffolgenden Jahren seien nicht nur Grenzen verletzt worden, sondern auch Verträge. Dass Donald Trump die Weltordnung verändert habe, sei für ihn eindeutig. Unberechenbarkeit und nach Launen scheinende Entscheidungsfindungen machten es schwierig zu deuten, wie es weiterginge. Die NATO werde von Trump nur randständig als Sicherheitsgarant bewertet. Die Kritik der Amerikaner, dass das viel diskutierte Zwei-Prozent-Ziel immer noch nicht erreicht ist, sei berechtigt. Doch der Duktus, der weg von Verhandlung und Transparenz führe, sei schädlich in Zeiten von drohendem Wettrüsten. Es sei eine technische Überprüfung der russischen Raketen notwendig, allein um Klarheit zu schaffen, auf welcher Ebene der Eskalation wir uns befinden. Jung, der auch aus seiner Zeit als Bundesverteidigungsminister, beispielsweise von Aufenthalten in Afghanistan berichtet, erinnert sich an den „comprehensive approach“. Dieser Fachbegriff der NATO beschreibt nicht nur die rein militärische Unterstützung und Machtdemonstration, sondern auch die Entwicklungszusammenarbeit. Ausschließlich auf Macht und Stärke zu setzen, könne zu unkontrollierbarem Aufrüsten, Misstrauen und Intransparenz führen.
Ja, Trump habe die Weltordnung verändert, meint auch Wulf Schmiese, der Leiter der heute-journal Redaktion. Die Medienpräsenz des amerikanischen Präsidenten sei allgegenwärtig. Laut ebendiesem sei Deutschland das Land der negativsten Berichterstattung über Trump. Dass diese Studie tatsächlich nur eine Sendung untersuchte und neutrale Aussagen gar nicht in die Statistik aufgenommen wurden, werde in dem späteren Tweet Donald Trumps über die Studie allerdings nicht erwähnt. Das politische Werkzeug des Präsidenten heiße Twitter. Den Umgang damit hätten auch die Medien erst lernen müssen. Zu Beginn der Amtszeit des 45. Präsidenten wäre fast jeder Tweet in der Berichterstattung erschienen, heute werde die Reproduktion dieser in den Nachrichten aus einer reflektierteren Perspektive betrachtet. Die Auswirkungen der Wahl 2016 seien vielfältig. Verwirrung darüber, weshalb Trump gewählt wurde und fehlende Kontakte zum Trump-Lager als Ursache und zugleich Folge der Unterschätzung machten die Berichterstattung weiterhin schwierig, so Schmiese. Nüchternheit und Distanz sei gefordert. Doch Trump sei zu oft medial als „showhorse“ genutzt worden: Über jede Regung sei berichtet worden. Unsicherheit darüber, wie Trump gewählt werden konnte, ob die USA nicht mehr als Beschützer agieren können und was der Präsident als nächstes tue, schaffe ein Spannungsfeld, an welches sich die Medien erst langsam gewöhnten.
Wie Trump in den Medien aufgenommen wurde, greift auch der ehemalige Washington-Korrespondent der WELT, Ansgar Graw, auf. Wichtig sei, sich um faire Berichterstattung zu bemühen. Ob negativ oder positiv sei dagegen nicht die oberste Maxime. Mittlerweile verfolge Trump über Twitter eine eigene Agenda. Er sei im Gegensatz zu den „klassischen“ Republikanern gegen den Freihandel und Russland gegenüber positiv gestimmt, er behandle den „Volkhelden“ John McCain nicht ehrwürdig, sei nicht gottesfürchtig und zu vulgär. Trotzdem habe sich die Partei mit ihm abgefunden. Graw vergleicht dieses Phänomen mit dem Stockholm-Syndrom. Was spreche also für den umstrittenen Präsidenten? Er sei mutig, setze erfolgreich eine Steuerreform um, dereguliere die Wirtschaft, sorge für eine Arbeitslosenquote auf einem 50-Jahres-Tief, rede Klartext gegenüber Verbündeten, sei bemüht um Wahlversprechen und beziehe große Gebiete der USA, die politisch vernachlässigt wurden, mit ein. Kritisiert werde er wegen seiner Lügen, Amoralität, fehlenden Bildung und mangelnden Belesenheit, seinen Lügen, seinem Isolationismus und seiner Unzuverlässigkeit. Bipolarität sei der Grund, weshalb so viel Unsicherheit herrsche: unter Journalisten, der amerikanischen Bevölkerung, europäischen Machthabern und uns selbst. Trump habe viele Facetten: die des Unternehmers, des Politikers, des Ideologen der „Make America great again“-Kampagne und des Troublemakers. Neue Skandale verdrängten die alten, seine Äußerungen würden mittlerweile mit einem Freifahrtschein abgestempelt und Entscheidungen treffe er je nach Laune. Was auch immer passiere, fasst Graw zusammen: Trump werde bleiben, und das zumindest bis 2022.
In der anschließenden Podiumsdiskussion sowie im Austausch mit den Gästen wurde sowohl das polarisierende als auch das neue, ja unberechenbare Moment der Amtszeit Donald Trumps erörtert. Kritische, aber auch selbstkritische Töne wurden angeschlagen, Vergleiche mit ehemaligen Präsidenten gezogen und Perspektiven des transatlantischen Verhältnisses beleuchtet. Die regen Diskussionen wurden im Anschluss an die Veranstaltung in vielen Gesprächen fortgesetzt.