Veranstaltungsberichte
Das Ziel des Seminars mit dem Titel “Auf dem Weg zu einer rechtsstaatlichen Kultur: Antworten auf Herausforderungen in der Gerichtsverwaltung“ war es, das Konzept eines Gerichtsverwalters in der Justiz vorzustellen, und die Wahrnehmung der teilnehmenden Richter sowohl hinsichtlich einer positiven Wirkung dieses Konzeptes auf Qualität und Leistungsfähigkeit in der gerichtlichen Praxis, als auch bezüglich einer Justiz als unabhängiges Organ der Rechtspflege, verantwortlich auch für die eigene Geschäftsführung, zu fördern.
Das Seminar, an dem Vertreter der Beratungsgremien des obersten Gerichtsrates teilnahmen, wurde mit einer Rede des Präsidenten des obersten Gerichtsrates, Richter Jean Fahed eröffnet, welcher der Konrad-Adenauer-Stiftung für die Unterstützung dieser Veranstaltung dankte, und die Bedeutung des Seminars betonte, welches das Konzept eines Gerichtsverwalters erstmalig für die libanesische Justiz und ihre Vertreter vorstellte.
Peter Rimmele, der Direktor des regionalen Rechtsstaatsprogramms Naher Osten und Nordafrika betonte die Notwendigkeit einer unabhängigen Justiz im Libanon und brachte seine Zufriedenheit über die kontinuierliche Partnerschaft mit dem obersten Gerichtsrat des Libanon und ihrer gemeinsamen Anstrengung, sowohl dessen Aufsichtsfunktion als auch dessen Verwaltungsleistung zu verbessern, zum Ausdruck. Rimmele hob insbesondere die entscheidende Rolle des Staates bei der Bereitstellung ausreichender und angemessener Ressourcen, die es der Justiz erst ermöglichen, Gerechtigkeit ordnungsgemäß und unabhängig zu sprechen, hervor.
Der erste Gastsprecher, Reinhart Hoffmann, der Geschäftsleiter des Landgerichtes München in Bayern gab einen Überblick über den Umfang der Arbeit eines gerichtlichen Geschäftsleiters und zeigte auf wie ein deutsches Landgericht aufgebaut ist und welche Zuständigkeiten es hat. Auch Fragen der Finanzen, Budgetierung, Personalwesen und Beschaffung wurden angesprochen.
Seiner Präsentation folgte im Anschluss eine rege Fragerunde, wobei insbesondere die Aufgabenverteilung und Verantwortlichkeiten zwischen Geschäftsleiter und Richtern von Interesse für die anwesenden libanesischen Richter waren. Das Feedback der Teilnehmer zeigte die Realitäten und Herausforderungen an den libanesischen Gerichten auf, aber auch das Bemühen der Richter, potenzielle Lösungen und Reformvorschläge im Hinblick auf das Vorgestellte zu finden.
Der zweite Gastsprecher, Dovydas Vitkauskas, Beratungsexperte von der Venedig Kommission, eines beratenden Gremiums des Europäischen Rates, verschaffte den Anwesenden einen vergleichenden Überblick über die wichtigsten Kriterien von Performance-Management-Systemen in verschiedenen europäischen und mediterranen Ländern und Gerichtsbereichen. Vitkauskas sprach auch die Problematik von Bearbeitungsrückstanden an, und zeigte, basierend auf verschiedenen Fallstudien, durchgeführt an Gerichten in Dänemark, der Niederlande, und am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), mögliche Behandlungswege auf.
Nachfragen der Teilnehmer berührten insbesondere die Leistungsstandards an Gerichten in europäischen Ländern und betrafen Fragen nach der möglichen Handhabung von Gerichtsakten und den entsprechenden Systemen. Der Einsatz von neuen Informationstechnologien und elektronischen Akten war ebenfalls Thema.
Der Rechtsanwalt Rani Sader, Mitbegründer und Partner von Sader & Partner, stellte den Teilnehmern die “Sader Internet Rechtsdatenbank” und deren Gebrauch vor.
Am Ende des Seminars hielten die Beratungskomitees noch eine geschlossene Sitzung, in der sie interne Entscheidungen im Hinblick auf die Einführung eines formalen Richterbeurteilungssystems diskutierten (siehe vorangegangene Veranstaltung, ebenfalls mitorganisiert von der KAS).