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EU-Fortschrittsbericht zu Rumänien veröffentlicht

Kommission der EU äußert sich vorsichtig positiv

Die Kommission der Europäischen Union hat am 23. Juli 2008 den Fortschrittsbericht zu Rumänien im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens veröffentlicht. Der Bericht setzt sich kritisch mit den Entwicklungen in den vier, im Rahmen des Verfahrens beobachteten Bereichen Justizreform, Einrichtung einer Nationalen Integrationsbehörde, Verfolgung der Korruption auf höchster Ebene sowie Bekämpfung der Korruption auf der Ebene der Kommunalverwaltung auseinander.

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Die Kommission bewertet die Forschritte Rumäniens seit dem Zwischenbericht vorsichtig positiv. Rumänien habe seit Februar 2008 zu seiner Reformorientierung zurückfinden können, wobei die Ernennung eines neuen Justizministers eine wichtige Rolle gespielt habe. Im Bereich der Justizreform gäbe es Verbesserungen bei der materiellen und personellen Ausstattung des Obersten Magistratsrats. Im Bereich der Bekämpfung der hochrangigen Korruption habe es ebenfalls Fortschritte gegeben. Das Nationale Antikorruptionsdirektorat DNA habe zahlreiche Verfahren auch gegen Regierungsmitglieder und Parlamentsabgeordnete eingeleitet. Allerdings müsse man jetzt beobachten, ob diese Fälle tatsächlich auch zu Verurteilungen führen werden.

Die Nationale Integritätsbehörde ANI ist inzwischen eingerichtet und hat ihre Arbeit begonnen, nachdem es hinsichtlich der gesetzlichen Grundlagen heftige politische Auseinandersetzungen gegeben hatte. Die Aufgabe von ANI ist es, Vermögenserklärungen hoher Funktions- und Mandatsträger zu überprüfen, Interessenkonflikte aufzudecken und Inkompatibilitäten zu unterbinden. Die gesetzliche Grundlage für ANI war Gegenstand heftiger politischer Auseinandersetzungen und Kritiker befürchten, tatsächlich sei ANI allenfalls ein Papiertiger. Der Fortschrittsbericht greift diese Kritik auf und konstatiert, dass sich die Funktionalität der Behörde in der Praxis erweisen müsse.

Im Bereich der Bekämpfung der Korruption auf lokaler Ebene verweist der Bericht auf die Verabschiedung einer Nationalen Antikorruptionsstrategie, die Durchführung von Informationskampagnen sowie Maßnahmen zur Prävention von Korruption.

Insgesamt stellt der Bericht die in Rumänien gemachten Fortschritte allerdings als fragil dar. Die Rolle des Parlaments bei der Blockierung der Verfolgung von Korruptionsvorwürfen gegen Abgeordnete wird kritisiert.

Angesichts der Fragilität der erreichten Fortschritte wird die Kommission das Kooperations- und Kontrollverfahren fortsetzen.

Reaktionen in Rumänien

Die rumänische Presse berichtete umfassend über den Bericht. Hervorgehoben wurde die Kritik des Berichtes an den zehn Fällen hochrangiger Korruption, in denen es bisher keine Fortschritte gibt, und die Verantwortlichkeit des Parlamentes in diesem Bereich. Als wichtig erachtet wurde der Hinweis auf das Problem der starken Politisierung der Korruptionsbekämpfung.

Justizminister Catalin Predoiu geht davon aus, dass die Beobachtung Rumäniens durch die Kommission in absehbarer Zeit aufgehoben werde: Der Bericht hebt explizit die Tatsache hervor, dass Rumänien sich wieder auf einem guten Weg befindet, dem Weg der Implementierung der Justizreformen. Wir begrüßen die Tatsache, dass die Repräsentanten der Europäischen Kommission diese Fortschritte bemerkt haben. Wir erkennen die Tatsache an, das eine Reihe von Problemen, welche das vollständige Funktionieren der Justiz noch behindern, noch ungelöst sind.

Die erreichten Erfolge in der Justiz hätten Rumänien von einer möglichen Aktivierung der Schutzklauseln entfernt. Die Fortsetzung der Reformen sei nun der „einzige Weg, um die Beobachtungsmechanismen auszusetzen“. Auch Premierminister Tariceanu zeigte sich realistisch, sprach von konstruktiver Kritik, versprach weitere Anstrengungen, zog aber insgesamt eine positive Bilanz, auch wenn der Weg noch lang sei.

Die Kritik im Bericht der Kommission helfe Rumänien, Lösungen zu finden und ermutige das Land, die Probleme anzusprechen, die im Justizsystem noch immer ungelöst seien. Tariceanu lobte die gute Zusammenarbeit mit der Kommission und richtete einen Appell an alle politischen Parteien, einen konstruktiven und ausgeglichenen Diskurs zu diesem Thema aufzunehmen, um weiterhin Fortschritte in der Justiz machen zu können. Der größte Feind der Justiz sei ein Politiker, der aggressive Wahlkampfrethorik nutzt: Wir werden entschieden die Null-Toleranz-Politik gegenüber denen fortsetzen, die politische Ämter benutzen um sich zu bereichern.

Nach Generalstaatsanwältin Laura Codruta Kovesi zeige der Report klar, dass die ergriffenen Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz der staatsanwaltlichen Arbeit bereits Früchte trügen. Die Fortschritte in Rumänien würden hauptsächlich durch die fortgesetzte Beobachtung des Justizwesens und das starke Bedürfnis nach einer Reform der Staatsanwaltschaft vorangetrieben.

Der Leiter der Antikorruptionsbehörde DNA, Daniel Morar, stellt zwei im Bericht genannte Probleme heraus: Die Vertagung der Anweisung zu weiterer Strafverfolgung durch das politische System sowie die Verhängung zu milder Strafen durch die Gerichte.

Empört zeigte sich der Senatspräsident Nicolae Vacaroiu zum Vorwurf, das Parlament sei der Verschleppung der Fälle schuldig.

Die Anschuldigungen an die Adresse des Parlamentes, und ich spreche vom Senat, sind unberechtigt. Es gab überhaupt keine Verspätung, der politische Wille fehlt nicht, im Gegenteil, ich kann sagen, dass der Rechtsausschuss sogar im Urlaub arbeitet. Sicher, es ist einfacher, dass Parlament zu beschuldigen. Der Vorsitzende der Sozialdemokraten (PSD) Mircea Geoana nannte die Regierung als Schuldigen an den bestehenden Problemen.

Die erste schlechte Nachricht ist die klare Bestätigung des Versagens im Kampf gegen die Korruption nach vier Jahren der Regierung Tariceanu-Basescu. Die zweite schlechte Nachricht stellt die Tatsache dar, dass Rumänien auch weiterhin ein Land zweiter Klasse in Europa bleibt. ... Die gute Nachricht ist, dass unsere bulgarischen Nachbarn einen noch schlechteren Bericht erhalten haben und das ihnen auch Geld genommen wurde.(!)

Der Vorsitzende der Demokratisch Liberalen Partei PD-L, Emil Boc, bemerkte, im Bericht gebe es keinerlei positive Bewertung im Bezug auf den politischen Willen des Parlaments. Alle diesbezüglichen Hinweise seien negativ. Das Parlament werde als Schild benutzt, um die Aktivitäten der Justiz zu blockieren.

Bewertung

Wenn man aufgrund unterschiedlicher Perspektiven unsichere Fortschritte wohlwollend als halb volle Gläser oder weniger wohlwollend als halb leere Gläser bezeichen kann, so vermittelt der Bericht der Kommission das Bild eines zu einem Drittel vollen Glases: das Bemühen, eine an sich unbefriedigende Situation wohlwollend darzustellen. Dieses Wohlwollen resultiert ganz offenbar aus der erkennbaren Bereitschaft der rumänischen Verantwortungsträger, zu kooperieren und den Reformweg fortzusetzen. Die (Ultra-) Minderheitsregierung aus Liberalen und Ungarnverband kann dabei aufgrund der Stimmenverteilung in den Parlamentskammern auf keine sichere Unterstützung der Legislative bauen und ist in diesem Sinne nur begrenzt handlungsfähig. Bemerkenswert ist, dass trotz dieser schwierigen politischen Situation des Landes Fortschritte erzielt werden konnten.

Der im Bericht lobend erwähnte Justizminister dürfte schon in wenigen Monaten nicht mehr im Amt sein. In den Plänen der Liberalen Partei des jetzigen Premierminsters für ein mögliches Kabinett nach den Parlamentswahlen im November 2008 wird diese Position von der jetzigen Europaabgeordneten Renate Weber besetzt. Ebenso muss der Direktor der Antikorruptionsbehörde, dessen Mandat demnächst verlängert werden muss, mit Widerstand aus den Reihen der Sozialdemokraten und der Liberalen rechnen.

Rumänien hat ohne Zweifel in den vergangenen Monaten Fortschritte im Bezug auf die im Kontroll- und Kooperationsverfahren beobachteten Leistungskriterien gemacht. Ob diese Erfolge fortgesetzt werden können, hängt auch – aber nicht nur – von der weiteren Schaffung und Nutzung von Kontrollinstrumenten, von rechtlichen Regelungen, Gesetzen und Verwaltungsmaßnahmen ab. Um weiter erfolgreich zu sein, wird die rumänische Gesellschaft abseits dieser formalen Regelungen den Konsens über die ethischen Grundlagen funktioniernder Demokratien stärken müssen. Dazu gehören Anstandsregel gerade für die politischen Akteure. So hätten beispielsweise die der Korruption verdächtigten Abgeordneten auf ihre Immunität verzichtet und so den Weg für eine gerichtliche Prüfung der Anschuldigungen frei machen können. Fehlende Einsicht in die ethischen Grundlagen guter Regierungsführung haben aber auch jene rumänischen Wähler bewiesen, die während der Kommunalwahlenim Mai und Juni 2008 für Kandidaten gestimmt haben, die der Korruption beschuldigt werden. Die Ablehnung dieser Kandidaten durch die Wähler wäre, gemessen an den Ungewissheiten und der Dauer gerichtlicher Verfahren, der schnellste und sicherste Weg der Sanktion gewesen.

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