Veranstaltungsberichte
Die Fachvorträge von Olaf Wientzek über die europäischen Visionen des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron verfolgten bei der Konrad Adenauer Stiftung im Saarland über 250 Besucher. Olaf Wientzek, der bei der Konrad Adenauer Stiftung in Berlin arbeitet, ist Koordinator für Europapolitik und Analyse in der Hauptabteilung der Stiftung. Der Referent hat sich in zahlreichen Publikationen mit der Europäischen Union und aktuellen Reformformvorschlägen beschäftigt.
Schon zu Beginn des Vortrages hat Herr Wientzek die Frage nach der deutschen Antwort auf die Reformvoraschläge des französischen Präsidenten aufgeworfen. Die Wahl eines Deutschland so stark zugewandten Präsidenten sei eine historische Chance für eine Reform der EU und ihr eine stärkere Akzeptanz in der Bevölkerung zu verschaffen. Jedoch zeigt sich: die Reaktionen der deutschen Parteienlandschaft sowie in anderen europäischen Staaten könnten nicht unterschiedlicher ausfallen. Von nicht zu erfüllenden Erwartungen und einer Überhöhung der Person bis hin zu vollständiger Ablehnung seiner Vorschläge ist alles dabei. Der Vortrag hat deutlich gezeigt, wie wichtig es ist, sich mit den einzelnen Vorschlägen zu befassen, und eine Bewertung vor dem Hintergrund nationaler Interessenslagen vorzunehmen. Bei allem aufgebrachten Realismus ist es jedoch wichtig, sich der beeindruckenden Vision des Präsidenten nicht zu entziehen. Die deutsche realpolitische Herangehensweise kann dabei hilfreich sein, einen Konsens in vielen Fragen zu finden, hinter dem sich viele Länder Europas wiederfinden. In vielen der aufgeworfenen Fragen bietet sich die Chance Einigungen zu finden, welche Europa stärken und einen zugleich. Dabei sollte das Bindende und nicht das Trennende fokussiert werden, so Olaf Wientzek.
Die Zuhörer haben sich in der Diskussion mit vielen Fragen der französischen Innenpolitik auseinandergesetzt. Dabei ist aufgefallen, dass es mit Macron und seiner „En Marche“ Bewegung einen politischen Ruck im zuvor reformunfähigen Frankreich gab. Ein erstarkendes Frankreich, so die einhellige Meinung, hilft Europa und der deutsch-französischen Führung der Gemeinschaft. Wie wichtig diese ist, wurde bei den Fragen zur europäischen Außenpolitik mehr als deutlich, wie die Russland- und Türkeifrage - um nur zwei angesprochene Herausforderungen zu nennen. Auch die Zukunftsfragen Europas, die laut Aussage des Referenten auch eng mit dem Stichwort Gerechtigkeit verknüpft sind, wurden in verschiedene Richtungen diskutiert und bewertet. „Gerechtigkeit meint neben Migrations-, Energie- und Fiskalpolitik auch ‘soziale Gerechtigkeit‘ vor dem Hintergrund unterschiedlicher Leistungsbilanzen innerhalb der EU“, so Olaf Wientzek. „Der Wohlstand muss bei allen ankommen und für die Menschen muss der Mehrwert Europas unabhängig von Sicherheit und Freiheit sichtbar sein.“ So, konnte am Ende des Vortrages festgehalten werden, kann sich Europa fit für die Zukunft machen und zu einer echten Bürgerunion werden, die Merkels Vision der Einheit genauso einschließt wie Macrons Visionen für die Zukunft.
Vor dem Hintergrund der wachsenden europakritischen Bewegungen in vielen Ländern der EU ist eine französische Administration mit ihrem klaren Bekenntnis ein Geschenk für Europa, Deutschland und das Saarland als Bindeglied beider Staaten, darin sind sich die Teilnehmer der Vorträge sicher.