Veranstaltungsberichte
„Stellen Sie sich ein Eichenblatt vor“, bittet Prof. Dr. Andrea Gröppel-Klein das Publikum im Nebenraum des Victor’s Residenz-Hotels in Saarbrücken und fragt: „Welche Dinge verbinden Sie damit?“ Eine Dame erwidert: „Ich muss an den Wald sowie an gute Luft denken.“ Wie sie empfanden auch die meisten der rund 20 Teilnehmerinnen der Veranstaltung des Frauenkollegs „Der Weg zur Konsumverhaltensforscherin – Aufgaben und Arbeit“. Die Referentin des Abends, Andrea Gröppel-Klein, erklärte, sie wolle mit diesem Beispiel zeigen, welcher Methoden sich die Werbung bedient, um unser Kaufverhalten zu beeinflussen. An diesem Abend ging es darüber hinaus auch um Themen wie Konditionierung, Vertrauensbildung, Belohnung, Werte und Digitalisierung im Rahmen des Marketings, bei der Ladengestaltung und der Warenpräsentation. Gröppel-Klein ist seit 2006 Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, mit Schwerpunkt Marketing, und Direktorin des Instituts für Konsum- und Verhaltensforschung (IKV) an der Universität des Saarlandes. Sie beschäftigt sich dabei vor allem mit der Wirkung des Verkaufsorts (Point-of-Sale) und der (neuen) Medien auf das Verhalten von Konsumenten.
Doch wie wird man eigentlich Konsumverhaltensforscherin? Und was gehört zu ihren Aufgaben? Gröppel-Klein erzählte, dass sie als eine begeisterte Tennisspielerin zunächst nicht wirklich gewusst habe, welchen Beruf sie ergreifen solle. Daher begann sie das Studium der Betriebswirtschaftslehre in Paderborn. „Das war lustig, denn zur damaligen Zeit war es für Frauen eher unüblich BWL zu studieren“, so die Referentin. Obwohl sie in Mathematik recht gut gewesen sei, gefiel ihr das Studium anfangs keineswegs. Doch dann entdeckte sie ihre Leidenschaft für Marketing und Konsumverhaltensforschung. „Das war ein Thema, das mich interessierte und von da ab war das Studium für mich ein Kinderspiel“, erklärte Gröppel-Klein. Ihre Habilitation schloss sie 1996 ab. Nach dem Studium sah sie sich mit der Frage nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf konfrontiert und entschied sich für beides: Sie verbrachte eine „tolle und spannende Zeit“ als Inhaberin des Lehrstuhls für Internationales Marketing, Konsum- und Handelsforschung an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), wo sie auch den Aufbau Ost miterlebte – dies jedoch rund 500 km von ihrem Ehemann entfernt. Nachdem Sie ein Angebot der Universität Trier ausschlug, übernahm sie 2006 im
Saarland die Leitung des Instituts für Konsum- und Verhaltensforschung, das vierzig Jahre zuvor von Prof. Dr. Werner Kroeber-Riel gegründet wurde. Hier führt sie derzeit mit ihrem Team und in Zusammenarbeit z.B. mit Firmen wie Ferrero, Globus oder der Gesellschaft für Konsumforschung empirische Forschungsprojekte durch. Neben klassischen medienpsychologischen Studien zu Print-, Fernseh- und Radiowerbung wird auch die Veränderung des Konsumverhaltens durch „Mobile Commerce“-Angebote erforscht. Seit neuestem untersucht das Institut auch Themenstellungen zur Gesundheit und Ernährung von Konsumenten. Gefördert wird es dabei durch ein EU-Projekt. Besonders fasziniert war Gröppel-Klein jedoch von dem „Cinderella“-Projekt, das sie vor ca. 10 Jahren mit Studentinnen durchführte. Dabei ging es um die Wirkung von märchenhaften Archetypen in der Werbung auf Konsumenten. „Es war sehr beeindruckend zu sehen, dass meine jungen Studentinnen – obwohl ihnen alle Möglichkeiten offen standen – von der Vorstellung fasziniert waren, ein Prinz könne sie retten“, so die Forscherin. Die Teilnehmerinnen des Frauentreffs erfuhren viel über die Methoden von Werbung sowie ihre Wirkung auf uns. Sie erlebten Gröppel-Klein als eine mitreißende und leidenschaftliche Rednerin, die im Anschluss an ihren Vortrag mit ihnen über aktuelle Themen, wie z.B. bargeldlose Bezahlung oder Preisgabe von persönlichen Daten, diskutierte. Derzeit interessiert sich Gröppel-Klein vermehrt für den demographischen Wandel sowie das „Geschenk der längeren Lebensdauer“ und deren Auswirkungen auf das Konsumverhalten. „Erste Ergebnisse haben gezeigt: Eine höhere Leistungsfähigkeit geht mit einem positiven Altersbild einher. Wenn man hingegen ein negatives Altersbild hat, erfährt genau dieses Schicksal, weil man zu wenig für sich tut“, so die Konsumverhaltensforscherin und berichtete, dass sie sich mit dem Älterwerden und seine Folgen auch in Zukunft intensiver beschäftigen wolle. Denn diese Thematik verlange auch nach radikalen Veränderungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Verf.: Jasmin Benyahya