Veranstaltungsberichte
Unter dem Titel „Zum Unternehmer berufen? – Ethik und Verantwortung in der Wirtschaft“ fand am 04. Juni 2014 die letzte Veranstaltung der Reihe „Wirtschaft – Ethik – Arbeitswelt“ statt. Diese wurde in Kooperation mit dem Bund Katholischer Unternehmer e. V. (BKU) durchgeführt.
In der Begrüßung machte Friedemann Brause als Vertreter der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. darauf aufmerksam, dass Unternehmen in ihrer Firmenführung und Arbeitsweise zunehmend durch politische Maßnahmen beeinflusst werden. Er erläuterte dies am Beispiel der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum „Recht auf Vergessen“, d. h. zur Anwendung von EU-Datenschutzrichtlinien durch den Internetdienst „Google“. Des Weiteren verwies Herr Brause darauf, dass Unternehmensethik nicht nur nach innen auf das Unternehmen selbst wirke, sondern vor allem auch in Form von sozialer Verantwortung nach außen strahle.
Im Grußwort des Vorsitzenden des BKU, Matthias Meindel, lag der Schwerpunkt auf dem Zusammenhang zwischen der Unternehmensethik und christlichen Werten. Mit Verweis auf die Publikation „Zum Unternehmer berufen!“ des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, zeigte er auf, dass es möglich sei die Ethik eines Unternehmens entlang der katholischen Soziallehre auszurichten und dementsprechend das Evangelium als Basis für ein Unternehmen gesehen werden könne.
Die Verantwortung des Unternehmers
Prof. Dr. Andreas Suchanek, Professur für Wirtschafts- und Unternehmensethik, HHL Leipzig Graduate School of Management
Prof. Dr. Andreas Suchanek strebt in seiner Arbeit grundsätzlich das Ziel an, die Themen der Unternehmensethik in den Alltag zu überführen. Einführend widmete er sich der Charakterisierung des „Unternehmers“. Dieser weise nach Suchanek folgende Merkmale auf: Er ist selbstständig, geht ein eigenes Risiko ein, hat eine Geschäftsidee entwickelt, will am Markt etwas umsetzen, will einen Mehrwert schaffen und dabei (hoffentlich) ein für ihn profitables Ergebnis erzielen. Die Wertschöpfung bzw. das Geschäftsmodell des Unternehmens basiere auf drei wesentlichen Merkmalen: Kooperation, Vertrauen und Verantwortung. Entscheidend sei, so Suchanek, dass die Unternehmer ihre Kooperationspartner (Kunden, Mitarbeiter, Investoren) durch Versprechen gewinnen, dabei jedoch nur erfolgreich sein können, wenn sie das Vertrauen (als Vermögenswert) des Anderen genießen. Sie sollten demzufolge ihre Versprechungen halten, um Vertrauen aufzubauen und auf diese Weise verantwortlich zu handeln. Die Verantwortung des Unternehmers stütze sich somit in erster Linie auf Kooperation und Vertrauen. In einem weiteren Aspekt thematisierte Suchanek die Verantwortlichkeit im Alltag. Diese zeige sich darin, dass der Unternehmer wissen muss, welche Spielregeln für ihn gelten, wie gespielt werden soll und vor allem wie in der Realität wirklich gespielt wird. Die größte Herausforderung für Unternehmer bestehe in diesem Zusammenhang hinsichtlich der Korruptionsproblematik.
Zusammenfassend formulierte er drei wesentliche Merkmale, welche die Verantwortung des Unternehmers kennzeichnen. Erstens sollten Unternehmer ein Gesellschaftsmodell anstreben, welches nicht auf der Enttäuschung legitimier Vertrauenserwartungen beruht, um erfolgreich zu sein. Zweitens sollten sie Eigenverantwortung tragen und dementsprechend wissen, wie „das Spiel gespielt wird“ und damit den „Geist des Spiels“ kennen. Drittens sollten sie ein Leitbild als Handlungsorientierung und Profil der eigenen Vertrauenswürdigkeit erstellen. Das heißt Unternehmer sollten sich bewusst sein, wofür sie stehen, wie sie die angestrebten Ziele erreichen wollen und welche Kompromisse sie bereit sind einzugehen bzw. welche nicht.
Podiumsgespräch zur Verwirklichung der Unternehmensethik
Prof. Dr. Andreas Suchanek
Pater Nikolaus Natke OP, Kommunität der Dominikaner in Leipzig
Cornelia Blattner, Unternehmerin
Der Schwerpunkt bei der anschließenden Podiumsdiskussion auf den Dimensionen von Unternehmensethik. Herr Suchanek widme sich in seiner Arbeit als Professor für Wirtschafts- und Unternehmensethik täglich dieser Materie. Er sehe den Fall der Mauer als prägendes Ereignis, das neben globalen Veränderungen auch die Veränderung im Bereich der Unternehmensethik zur Folge hatte. Er plädierte außerdem dafür, dass die Unternehmensethik einen größeren Horizont haben und zur Wirtschaftsethik zusammengefasst werden solle. Die Rolle der Politik ist für ihn klar definiert: Sie lege die Spielregeln für einen funktionierenden Markt fest. Gesellschaftliche Ziele können nur mit Unternehmen erreicht werden. Dafür brauche es u.a. auch christliche Angebote, die Veränderungsprozesse in Gang setzen können. Zum Schluss der Podiumsdiskussion betonte Prof. Suchanek noch einmal, dass Ethik sich nicht immer auszahle. Der Markt kann Bedingungen bieten, die man manchmal nicht kontrollieren könne. Der wichtigste Wert eines Unternehmens ist für ihn die persönliche Integrität.
Pater Nikolaus Natke berät Unternehmer, gibt christliche Impulse weiter und versucht dadurch, die Soziallehre zu verwirklichen. Er sieht christliches Handeln als Fundament seiner beratenden Tätigkeit, das ebenfalls von psychologischen und soziologischen Komponenten begleitet wird. Bei der Unternehmensethik gelte es außerdem, Vernunft und Glauben zu vereinen. Religiöse Instrumentarien helfen dabei, Gewissensentscheidungen für das eigene Unternehmen zu fällen. Pater Nikolaus Natke zufolge brauche die Unternehmensethik eine stabile Politik und christlich motivierte Politiker, damit die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden können. Die wichtigsten Werte seien für ihn Klugheit und Gerechtigkeit sowie Gemeinwohl. Abschließend hielt er fest, dass es keine Garantie für den Erfolg eines Unternehmens gebe. Es brauche die notwendige Motivation und die Religion als ethische Grundnorm.
Cornelia Blattner setze sich als Unternehmensberaterin mit der Unternehmensethik auseinander. Dabei sei es ihr wichtig, sich am christlichen Menschenbild zu orientieren. Das Zusammenspiel zwischen Kunden, Arbeitgebern und Mitarbeitern spiele eine große Rolle. Nicht zuletzt werde dadurch auch das Vertrauen der Kunden aufrechterhalten. Im Prozess zur Unternehmensethik sei es außerdem notwendig, sich auszutauschen und zu reflektieren. Abschließend betonte Cornelia Blattner ausgehend von ihrer beruflichen Erfahrung, welche Rolle die Unternehmensethik bei einer guten Unternehmensführung spiele und wie wichtig insbesondere die Vermittlung von Werten sei.
Das Publikum beteiligte sich interessiert mit eigenen Beiträgen und hatte zudem die Möglichkeit, Fragen an die Referenten zu stellen.