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Länderberichte

Präsidentschaftswahlen in Senegal 2007

Erste Tendenzen: Wade liegt vorn, gefolgt von Ousmane Tanor Dieng und Idrissa Seck, die „Barone“ weit abgeschlagen

Das Mandat des senegalesischen Präsidenten Abdoulaye Wade ist am 25. Februar 2007 zu Ende gegangen, und derzeit sieht es so aus, als wäre seine Wiederwahl gesichert. Die trotz zahlreicher technischer Schwierigkeiten sehr hohe Wahlbeteiligung zeigt, dass die Senegalesen ein großes Interesse an der Wahl des Staatspräsidenten haben und überzeugt ihre demokratischen Rechte wahrnehmen. Zur Wahl für die nächste Legislaturperiode von 5 Jahren standen 15 Kandidaten.

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Internationale Beobachter sowie auch nationale Stellen waren einhellig der Ansicht, dass die Wahlen bei einer Rekordbeteiligung frei, transparent und friedlich durchgeführt wurden. Einzige Trübung erfuhren sie dadurch, dass immerhin beinahe 5 % der Wähler nicht wählen konnten, da ihre Wählerkarten noch nicht eingegangen waren. Außerdem konnten auch in der Separatistenregion Casamance zahlreiche Bürger wegen der unsicheren Lagen nicht an die Wahlurnen gehen.

Sofort nach Schließung der Wahlbüros wurden die ersten Resultate der einzelnen Wahllokale von Radiojournalisten per Handy an die Redaktion weitergegeben und direkt gesandt. Diese Technik hatte bei der Wahl 2000 zu einer transparenten Handhabung der Wahlergebnisse geführt. Auch in diesem Jahr können die Journalisten so dazu beitragen, dass nachträglich nicht an den Ergebnissen manipuliert werden kann, wenn auch die Tatsache, dass ab 18 Uhr am laufenden Band erste Ergebnisse durchgegeben wurden, nicht der Regelung entsprach, denn viele Wahllokale blieben wegen des großen Wählerandrangs bis 22 h geöffnet.

Die definitiven Ergebnisse werden erst in einigen Tagen veröffentlicht, jedoch zeichnen sich in den Radiodurchgaben schon ersten Tendenzen ab: Amtsinhaber Abdoulaye Wade geht beinahe im ganzen Land als der Kandidat mit den meisten Stimmen pro Wahllokal hervor, und vieles weist darauf hin, dass er mehr als 50 % erreichen kann, die er benötigt, um einen zweiten Wahlgang zu umgehen.

Der Kandidat der Partei Rewwmi, Idrissa Seck, wurde in der Stadt Thies (wo er Bürgermeister ist), absoluter Wahlsieger. In allen Wahlbüros der Kommune und in vielen der umliegenden Dörfer und Städte erhielt er mehr als zwei Drittel der abgegebenen Wählerstimmen. Landesweit ist jedoch zu konstatieren, dass Seck keine Mehrheit bekommen hat.

Ousmane Tanor Dieng hielt sich mit Idrissa Seck die Waage. Der Kandidat der sozialistischen Partei konnte auf Landesebene in vielen Wahlbüros einen beachtlichen Teil der Wählerstimmen auf sich vereinen.

Der erstaunliche Aufstieg des jungen Politikers Idrissa Seck weist auf einen, von vielen Seiten verlangten, Generationswechsel bei den Politikern hin. In der Tat sind die „Barone“ und die Vertreter der 68 er Generation aus dem Spiel.

In der graphischen Darstellung bildet Wade, gefolgt von Seck und Dieng, eine Troika, die alle anderen Kandidaten weit hinter sich gelassen hat. Die ehemalige Barone und dann Dissidenten der sozialistischen Partei, früherer Premierminister Moustapha Niasse und ehemaliger Landwirtschaftsminister Robert Sagna, liegen weit abgeschlagen hinter den drei Favoriten. Noch weiter hinten folgen die ehemaligen Kommunisten Landing Savané, der bis zur Wahl Staatsminister war, und Abdoulaye Bathily, der die Regierung schon vor zwei Jahren verlassen hat. Alle anderen Kandidaten werden sich mit unbedeutenden Prozentsätzen zufrieden geben müssen.

Wenn auch die internationalen und nationalen Wahlbeobachter sich einig darüber sind, dass die Wahlen vorbildlich verlaufen sind, so gab es doch harte Kritik von Seiten der Wähler, die ihr demokratisches Recht nicht wahrnehmen konnten, da sie bis dato keine Wählerkarten erhalten haben.

Nachdem in den vergangenen Jahren immer wieder Kritik am alten Wählerregister geäußert worden war, hatte sich die Regierung vor zwei Jahren entschlossen, dieses völlig neu zu erstellen und digitale Personalausweise und Wählerkarten auszustellen. Alle Wähler mussten sich also neu in die Wählerlisten eintragen und dann ihre Karten abholen, die allerdings häufig mit großer Verzögerung ausgeliefert wurden. Drei Tage vor Wahlbeginn waren immer noch mehrere Tausend Wähler ohne ihre Karten, die sie, laut offizieller Informationen, jedoch auch am Wahltag selber noch abholen konnten. Bis zur Schließung der Wahllokale konnten immerhin noch viele Wähler ihre Karten abholen und wählen gehen, viele jedoch auch nicht. Vor den Ausgabestellen der Karten bildeten sich den ganzen Tag lange Schlangen, es kam in mehreren Fällen zu handgreiflichen Auseinandersetzungen und Elitetruppen der Polizei bewachten schließlich die Ausgabestellen.

Die Befürchtung, dass die Karten in oppositionsfreundlichen Gebieten besonders schwer zu erhalten waren, haben sich nicht bewahrheitet.

Seit zwei Jahren wurde diese Wahl vorbereitet. Wade hatte dafür plädiert, die Parlamentswahlen so zu verschieben, dass sie gleichzeitig mit den Präsidentenwahlen organisiert werden könnten, um Kosten zu sparen und damit Wohnungsbauprogramme zu fördern. Die Nationalversammlung verabschiedete dann ein dementsprechendes Gesetz und verlängerte die Amtszeit ihrer Deputierten um ein Jahr. Allerdings wurden die Parlamentswahlen Ende letzten Jahres noch einmal um sechs Monate verschoben, da eine Wahlkreisreform zur Klage mehrerer Oppositionsparteien geführt hatte. Die Überprüfung der Klage und der Reform führten zu einer Verlängerung der Wahlperiode und schließlich zur zweiten Verschiebung.

Ein weiteres Novum dieser Wahlen war die Tatsache, dass erstmals seit mehr als vierzig Jahren Mitglieder von Armee und Polizei wählen konnten. Der damalige Staatschef Senghor hatte 1962 nach einem mutmaßlichen Putschversuch – der allerdings nie bewiesen wurde – diese Korps von den Wahlen gesetzlich ausgeschlossen. Zu stark war die Befürchtung, Senegal könnte, wie viele seiner Nachbarländer, Opfer von Militärputschs werden. Auch in diesem Jahr häuften sich die Warnrufe, insbesondere von Seiten der Opposition. Die Realität zeigte jedoch, dass die Angehörigen von Armee und Polizei im gleichen Maßstab wie die Bevölkerung (Wahlbeteiligung ca. 50 %) ihre neu gewährten demokratischen Rechte wahrnahmen, allerdings eine Woche vor der restlichen Bevölkerung, um am Wahltag landesweit für Sicherheit sorgen zu können.

Die letzten Wahlkampftage ließen in der Tat einen unruhigen Wahlverlauf befürchten, denn der „Krieg der Plakate“ wandelte sich kurz vor Wahltermin in einigen Fällen zu regelrechten Aggressionen und Verfolgungsjagden. Beispielsweise wurde am vorletzten Wahlkampftag die orange Karawane des Kandidaten Idrissa Seck von Anhängern eines Wade-freundlichen Marabouts brutal angegriffen. Es gab 12 Verletzte und sechs zerstörte Autos, der Bus mit den Journalisten wurde ausgeraubt und der Fahrer schwer verletzt. In Kaolack wurden von Wade-Anhängern die Teilnehmer einer Wahlkampfveranstaltung des Kandidaten Niasse angegriffen und mehrere verletzt.

Die Stimmung beruhigte sich jedoch wieder, und der Wahlverlauf war friedlich und ruhig, so dass der Innenminister am Abend schon im Fernsehen triumphierte und von einer Rekordwahl in jeder Hinsicht sprach. Allerdings kündigte der Premierminister kurz darauf an, dass Amtsinhaber Abdoulaye Wade voraussichtlich mehr als 50 % der Stimmen erlangt habe und somit ein zweiter Wahlgang nicht notwendig sein werde. Nichts sei unwahrscheinlicher als ein Sofortsieg Abdoulaye Wades, konterte Tanor Dieng, der Kandidat der sozialistischen Partei, und Niasse warnte seinerseits vor einem „Wahl-Holdup“, der unweigerlich zu einer Revolte im Land führen würde. Angesichts des extrem ruhigen Wahltages und der ebenfalls ruhigen Stimmung im Land nach der Veröffentlichung der ersten Tendenzen wird sich ein solches Szenario mutmaßlich nicht ereignen. Zumal die meisten anderen Oppositionskandidaten verlauten ließen, sie würden die Resultate der Urnen akzeptieren.

Das ganze Land wartet nun mit Spannung auf die Veröffentlichung der endgültigen Ergebnisse, die im Laufe der Woche bekannt gegeben werden. Die Möglichkeit einer Stichwahl wird immer unwahrscheinlicher. Erstaunlich für die einen, erklärlich für die anderen: Wenn auch Wade in den letzten Jahren extrem harte Kritik über sich ergehen lassen musste, steht doch ein Großteil der Wählerschaft noch hinter ihm, vielleicht, um ihm eine zweite Chance bei der Realisierung seiner ambitiösen Großprojekte zu geben. Oder weil man einem alten, „weisen“ Mann (Gorgui ist sein Spitzname in Senegal: der alte erfahrene Mann) nicht einfach den Laufpass erteilen möchte?

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Kontakt

Dr. Hardy Ostry

Dr. Hardy Ostry

Leiter des Auslandsbüros Washington, D.C.

hardy.ostry@kas.de

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