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Veranstaltungsberichte

Frauen in die Politik

von Dr. Ute Gierczynski-Bocandé

Für eine starke Partizipation von Frauen an Entscheidungsprozessen

2007 steht in Senegal ganz im Zeichen der Frau: selbst der Nationalfeiertag, der 4. April steht unter der Devise „Frauen und Verteidigung“. Die KAS Senegal unterstützt diese Initiativen mit einer Reihe von Veranstaltungen für eine verstärkte Partizipation von Frauen an politischen Prozessen. Die Ausstellung über „Die Frau in Afrika“ der senegalesischen Künstlerin Mbarou Ba ist bis Monatsende im KAS Büro zu sehen. Am Wochenende nahmen mehr als 400 Frauen in Thies an einem Forum der Stiftung teil und diskutierten über die Möglichkeiten von Frauen auf lokaler und regionaler Ebene.

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Seit der Unabhängigkeit Senegals können Frauen in Senegal wählen, jedoch ist das Familienrecht veraltet und muss, nach Forderung von großen senegalesischen Frauenvereinigungen, dringend aktualisiert werden. Die Referentin in Thies war Prof. Dr. Penda Mbow, die Vorsitzende des Mouvement Citoyen, eines Partner der Stiftung in Dakar. Sie hielt mit ihrem flammenden Plädoyer für „Frauen in die Politik“ die Teilnehmerinnen in Atem. Anschließend berichteten mehrere Politikerinnen über ihr politisches Engagement und ihren Weg in die Politik.

Dass eine Geschichtsprofessorin der Universität Dakar vor 400 Frauen aus dem ländlichen Bereich spricht – dies war am Samstag kein Gegensatz, sondern ein ausgesprochener Synergieerfolg der Zusammenarbeit zweier KAS Partner: GRAIF, der Initiative zur Frauenförderung und des Mouvement citoyen. Bewusst war Penda Mbow als Referentin ausgewählt worden. Als Kennerin der Geschichte konnte sie zahlreiche Beispiele der Rolle der senegalesischen Frau skizzieren.

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Eine gut besuchte Veranstaltung. Teilnehmerinnen der Veranstaltung, ein paar Männer waren auch dabei, Journalisten

In Senegal haben in früheren Zeiten häufig die Frauen den Ton angegeben. Sie waren zeitweise Königinnen der vorkolonialen Reiche und in hoher Zahl im Thronrat und in anderen Entscheidungsinstanzen der Reiche vertreten. Bis heute gibt es in der Casamance Priesterinnen, und eine antikoloniale Heldin, Aline Sitoe Diatta aus der Casamance, wurde durch ihren passiven Widerstand berühmt und deshalb von den Kolonialherren deportiert.

Penda Mbow bedauerte außerordentlich, dass die herausragende Rolle der Frauen im öffentlichen Leben seit Beginn des Sklavenhandels und der Kolonialzeit stark eingeengt wurde. Erst in den Jahren nach der Unabhängigkeit besannen sich die Frauen wieder auf ihre Bedeutung in Politik und Gesellschaft.

Die erste senegalesische Abgeordnete war Caroline Diop (1963). Fünfzehn Jahre später wurde sie zur Staatssekretärin für Frauenfragen beim Premierminister ernannt. Die bekannte Journalistin Annette Mbaye d’Erneville gründete bereits 1970 die „Föderation der Frauenvereinigungen Senegals“, heute leitet sie das weltberühmte Frauenmuseum auf Goree. Sie ist regelmäßige Teilnehmerin von Veranstaltungen der KAS.

Im Rahmen ihres Exposés wies Penda Mbow auf die Veröffentlichung der KAS hin, die das Jahr 2007 einläutete: „Frauen in Senegal“. In diesem Buch, das Frauen auf allen Ebenen der Gesellschaft vorstellt, wird deutlich, dass Frauen seit Jahrzehnten Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in Senegal prägen. Frauen in Führungspositionen sind allerdings bis heute eine Ausnahme. Die Vorsitzende des Verfassungsgerichts ist eine Frau, ebenfalls die Vorsitzende des Hohen Medienrates, das Journalistenausbildungsinstitut CESTI hat eine Direktorin und nach der politischen Wende im Jahr 2000 wurde auch eine Frau Premierministerin. Senegal hat die erste Polytechnikerin Afrikas vorzuweisen, die Generaldirektorin der Investitionsagentur Apix ist eine Frau, die Hochkommissarin für Menschenrechte eine senegalesische Rechtsanwältin. Fügen wir an dieser Stelle an, dass mehr als die Hälfte der KAS Partnerorganisationen im Bereich der Zivilgesellschaft von Frauen geleitet werden.

Diese Beispiele von Frauen in Führungspositionen können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Frauen in allen Entscheidungsinstanzen stark unterrepräsentiert sind. Nur 14,4 Prozent der gewählten Vertreter in lokalen und regionalen Instanzen sind Frauen. In der Nationalversammlung und in der Wirtschaft engagieren sich knapp 20 % Frauen. Chefinnen von großen Unternehmen sind die Ausnahme. Hoffnungszeichen sind laut Penda Mbow die immer höheren Einschulungsraten von Mädchen, die an manchen Schulen die der Jungen übertreffen. Jedoch ist bei Mädchen die Schulabbruchrate höher als bei Jungen.

Ein Anliegen von GRAIF und Mouvement Citoyen ist deshalb, die Frauen von der Notwendigkeit zu überzeugen, Mädchen einzuschulen. In den Projektzonen des GRAIF ist erfreulicherweise ein großer Anstieg des Mädchenanteils in weiterführenden Schulen zu konstatieren. Ebenso erfreulich ist die Tatsache, dass immer mehr Frauen ihr aktives und passives Wahlrecht wahrnehmen. Penda Mbow betonte, dass gerade in ländlichen Entscheidungsinstanzen immer noch viel zu wenig Frauen präsent sind und freute sich darüber, dass die Gemeinderatsvorsitzende von Diass eine Frau aus dem Netzwerk von GRAIF ist.

Frauen haben insbesondere soziologische und psychologische Hürden zu überwinden, bevor sie sich politisch aktiv betätigen. Immer noch herrscht gerade bei ländlichen Frauen das Vorurteil, dass Frauen sich im familiären, aber nicht im öffentlichen Rahmen betätigen sollen. Mbow wies auf Frauen hin, die diese Hürden überwunden haben und sich nun in der Politik betätigen. Dabei verschwieg sie die Nachteile nicht, die Frauen in Kauf nehmen müssen, wie Ärger in der Familie oder Mobbing auf der Arbeit.

Anschließend sprachen mehrere Politikerinnen zu den Landfrauen. Die Regierungspartei und vier Oppositionsparteien waren vertreten. In einem Punkt waren sich alle einig: Es ist zwar zunächst nicht leicht, in die Politik zu gehen, aber es lohnt sich allemal. Die Familie ist häufig die Leidtragende, da die Politikkarriere sehr zeit- und energieaufwendig ist. Mame Diarra Boussou und Lea Christine Faye sind Stadträtinnen in Thies. Beide berichteten, wie sie vor allem während der Wahlvorbereitungen häufig bis nach Mitternacht im Büro blieben, um einen korrekten Wahlverlauf vorzubereiten. Beide wiesen auch darauf hin, dass im Stadtrat von Thies Frauen im Landesvergleich sehr gut vertreten sind.

Elene Tine, schon seit langem politisch aktiv, war gerade einen Tag vor dem Frauentreffen zur Parteisprecherin ernannt worden. Sie berichtete über ihren dornenreichen Weg in die Politik, der sie dazu angeregt habe, sich für die Belange von Frauen in allen Lebensbereichen mehr einzusetzen.

Die ehemalige Ministerin Suzanne Tissera betonte, wie wichtig nicht nur das politische, sondern auch das wirtschaftliche Engagement von Frauen sei. Nur Frauen, die am Morgen wissen, was am Mittags auf den Tisch komme, können sich auch für Politik interessieren, sage Tissera. Sie unterstrich in diesem Zusammenhang die Rolle von einkommensschaffenden Kleinkredit- und Verteilernetzwerken. Durch diese Programme erlangen Frauen eine wirtschaftliche Unabhängigkeit, die sie für politisches Engagement frei macht.

Die Rolle von Frauen in Konfliktlösungs- und Friedensprozessen wurde während zwei anderer KAS Seminare am 6. und 15. März mit MALAO und Amnesty International betont. Bei beiden Seminaren wurde auf die besondere Verantwortung von Frauen in Konfliktsituationen hingewiesen. Frauen sind neben Kindern nicht nur die ersten und hauptsächlichen Opfer von Gewalt und Krieg, sie nehmen in Senegal auch eine besondere Rolle bei der Lösung von Konflikten ein. In der Casamance sind es die Frauenorganisationen, die immer wieder die Friedensverhandlungen neu initiieren und die Rebellen auffordern, die Waffen niederzulegen und sich an den Verhandlungstisch zu setzen.

Wenn am 4. April beim Festzug des Unabhängigkeitstages ganze Einheiten von Armee und Gendarmerie mit Frauen aufziehen, wird auch hier ein neues Tätigkeitsfeld von Frauen deutlich: die Präsenz von Frauen in den Militär- und Polizeikorps steigt von Jahr zu Jahr.

Seit zehn Jahren arbeitet die KAS mit engagierten und motivierten Frauen wie Penda Mbow (Vorsitzende Mouvement Citoyen), Josephine Ndione (Generalsekretärin GRAIF), Christiane Agboton (Direktorin MALAO), Eugenie Aw (Direktorin CESTI), Joséphine Diallo (Generalsekretärin Nationalversammlung) zusammen. Diese Frauen sind ein Garant für eine stärkere Partizipation von Frauen an politischen Entscheidungsprozessen in Senegal. Sie stehen stellvertretend für die „stille Revolution“, mit der sich Frauen immer mehr ins öffentliche Leben einbringen. Die KAS- Maßnahmen führen zu Synergieeffekten zwischen den Partnern. Ein Fazit der Frauenseminare. Das Fazit des Tages in Thies war: Die Frauen in Senegal werden ihr Ziel erst erreichen, wenn sie sich noch mehr als in der Vergangenheit zusammen tun. Hierzu trägt die KAS bei, und nicht nur im Frauenmonat März.

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