Veranstaltungsberichte
Das große Kolloquium zum interreligiösen Dialog, das für 80 Teilnehmer geplant schließlich die doppelte Menge an qualifizierten Teilnehmern angezogen hatte, war ein Beweis für die Relevanz des interkulturellen Dialogs in Senegal. Religiöse Entscheidungsträger und Multiplikatoren diskutierten bis spät in den Abend hinein über das Zusammenleben der Religionen in Senegal, das sich in der Regel harmonisch gestaltet. Jedoch ist Wachsamkeit angesagt, da extremistische Tendenzen auch nicht vor den Grenzen Senegals Halt machen. Dr. Kues beleuchtete das Thema vor der christlichen Sozialethik, die als Handlungsmaßstab für das friedliche Zusammenleben von Religionen, Ethnien und Bevölkerungsgruppen in vieler Weise die theoretische Grundlage und praktische Ratschläge liefert.
An der Universität Dakar organisierte die KAS ein Seminar mit mehr als 70 Verantwortlichen von Studentenorganisationen zum Thema Wahlvorbereitung. Der Vortrag von Dr. Kues „ Die Rolle von konfessionellen Jugendorganisationen beim Erhalt des sozialen Friedens in Wahlperioden“ wurde mit hohem Interesse aufgenommen und diskutiert, wobei ein besonderes Gewicht auf die von der christlichen Sozialethik vermittelten Werte gelegt wurde. Mit den christlichen Journalisten wurde ein Seminar über die Rolle der Journalisten in der Wahlvorbereitung veranstaltet. In seinem Beitrag unterstrich Dr. Kues die manchmal unterschätzte Wirkung von Presse und Medien im Vorfeld und bei der Durchführung von Wahlen und die Bedeutung einer objektiven und unparteiischen Berichterstattung.
Der Situation und dem Umfeld der Kirche in Senegal maß Dr. Kues im Rahmen des interreligiösen Dialogs eine besondere Bedeutung bei. Er führte Gespräche mit katholischen Verantwortungsträgern, so mit dem apostolischen Nuntius in Dakar, Monsignore Louis Mariano Montemayor, der nicht nur für Senegal, sondern auch für die umliegenden Länder verantwortlich ist. Das Gespräch drehte sich besonders um die Lage der katholischen Kirche in Westafrika angesichts einer offensichtlichen muslimischen Ausbreitung und einer in manchen Nachbarstaaten wie Mauretanien und Mali drohenden terroristischen Bedrohung. Trotz allem gab der Nuntius seiner Zuversicht Ausdruck, dass die in Senegal stark verankerte Kirche auch weiterhin als Wertegeber und Förderer sozialer Entwicklung weiter expandieren werde. Dr. Kues betonte die Bedeutung der Werte der christlichen Sozialethik für die Entwicklung der Demokratie und Wirtschaft in Senegal.
Mit dem nationalen Direktor der CARITAS, Pater Ambrosius Tine, wurde ein Gespräch über deren Aufgaben in Senegal geführt. Soziale Hilfswerke christlicher Herkunft haben in Senegal - trotz der Bevölkerungsmehrheit der Muslime – eine lange Tradition. Ohne die Caritas, die katholischen Schulen, Krankenstationen und Krankenhäuser sähe es im Land schlecht aus. Auch im Bereich der Betreuung von Rückkehrern aus der Emigration nach Europa ist die Caritas maßgeblich beteiligt und führt, u. a. auch mit der KAS-Dakar, Programme zu deren Wiedereingliederung durch. Dr. Kues beglückwünschte Pater Ambrosius zu seiner ausgezeichneten Arbeit in Senegal und zu seinem hervorragenden Deutsch – das Pater Ambrosius mit seinen häufigen Reisen nach Deutschland erklärte, wo er sich, wie auch in anderen europäischen Ländern, zu Zwecken von Austausch und Fundraising aufhält.
Im Laufe des Besuchs beim Gemeindepfarrer Alphonse Seck in Grand Yoff tauchte Kues direkt in das Gemeindeleben in Senegal ein. Pfarrer Seck ist gleichzeitig Vikar der Bistumsleitung für Apostolat und die christliche Sozialethik, die er im Rahmen von afrikanischen und internationalen Austauschprogrammen vorstellt. Dr. Kues war sehr interessiert am Leben einer katholischen Gemeinde in einem der ärmsten und bevölkerungsreichsten Viertel Dakars und erfuhr, dass jährlich mehr als 800 zum Christentum übertreten, meist Zugezogene aus Südsenegal und den Nachbarstaaten. Mehr als 100 ehrenamtliche Katecheten und zahlreiche kirchliche Basisgruppen sorgen für ein reges und fruchtbares Gemeindeleben.
Höhepunkt der Treffen mit Kirchenvertretern war der Besuch des Kardinals Theodor Adrien Sarr, der gleichzeitig Erzbischof von Dakar ist. Im Gespräch in der Residenz des Kardinals diskutierten Kues und Sarr über die Reise eine Delegation senegalesischer Bischöfe, Priester du Laien im letzten Oktober nach Deutschland und über die Lage der katholischen Kirche in Senegal. Der Kardinal äußerte sich optimistisch hinsichtlich der Aussichten der Christen in Senegal. Wenn auch der Islam an Raum gewänne, so stiege doch die Zahl der Christen beständig und die katholische Kirche erführe eine gesteigerte Aufmerksamkeit, da sie mit ihren sozialen Werken und den konfessionellen Schulen immer präsenter im öffentlichen Leben sei. Die christliche Sozialethik ist Lehrfach für Priester im Seminar, jedoch ließe die Fortbildung der Laien noch zu wünschen übrig. So äußerte Kardinal Sarr den ausdrücklichen Wunsch, dass Dr. Kues in Kürze nach Senegal zurückkehren möge, um eine Fortbildung für christliche Parlamentarier und Verantwortliche der katholischen Laienorganisationen in der christlichen Sozialethik zu übernehmen. „So Gott will“, war die Antwort von Dr. Kues, der eine solche Initiative ausdrücklich begrüßte.
Nikolaustag verpflichtet! Und so wurden am 6. Dezember die KAS Stipendiaten und Alumni zu einem „interreligiöses Abendessen“ in die KAS eingeladen. Am Tag zuvor hatten die muslimischen Stipendiaten das islamische neue Jahr gefeiert und am Nikolaustag gedachten die christlichen Stipendiaten der Legende des Heiligen Nikolaus. Dr. Kues erläuterte dann die wichtigsten Grundlagen der christlichen Sozialethik für die Teilnehmer, bevor eine belebte und belebende Diskussion um die Rolle der Eliten in einer Demokratie begann – wo es insbesondere um die Verantwortung der von der KAS geförderten Stipendiaten in der Gesellschaft, Politik und Wirtschaft ihrer jeweiligen Länder ging. Die Stipendiaten kommen aus Senegal, aber auch aus Mali, Guinea, Gambia, Elfenbeinküste, Benin, Togo, Gabun, Zentralafrika und Burundi.
Die politischen Kontakte mit Abgeordneten der Nationalversammlung gaben Dr. Kues Gelegenheit, verschiedene politische Brennpunkte anzusprechen. Der Vizepräsident der Assemblée Nationale, Diegane Ndour, empfing Kues mit den Worten: Herzlich Willkommen daheim, denn ein Parlamentarier ist überall dort zuhause, wo gewählte Vertreter sich zusammen finden und über die besten Wege und Mittel diskutieren, die ihnen übertragenen Pflichten zu erfüllen. Kues informierte sich eingehend über die Arbeitsbedingungen und das Leben der Parlamentarier in Senegal. Es folgte ein angeregter Austausch über verschiedene „heiße Themen“ wie Wahlkampf, Frauenquote im Parlament und die Länge der Abgeordnetenmandate sowie die Frage der Gewaltenteilung. Im Anschluss konnte Dr. Kues den Plenarsaal besichtigen und erfuhr u. a. dass die Nationalversammlung vor der staatlichen Unabhängigkeit die Abgeordnetenkammer des Kolonialreiches Französisch Westafrika gewesen war.
Der Besuch des parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Hermann Kues MdB hat trotz seiner Kürze langfristige Impulse gegeben: den konfessionellen Jugendorganisationen hinsichtlich ihrer Rolle bei der Bewahrung des sozialen Friedens; den katholischen Journalisten über ihre Verantwortung in Wahlperioden; den jungen Eliten angesichts der Herausforderungen, denen sie sich stellen und der Werte, die sie vertreten müssen; den Akteuren des interreligiösen Dialogs in Senegal und in Afrika in Anbetracht ihrer Verantwortung gegenüber von Regierung und Bevölkerung. So ist eine positive und optimistische Bilanz des Kues-Besuchs in Senegal offensichtlich, wenn auch das KAS-Team und die KAS-Partner in Senegal schon vor dem Abflug darauf bestanden, dass Dr. Kues bald wieder nach Senegal zurückkehren solle, um die begonnenen „Baustellen“ weiter zu führen und neue zu beginnen – beispielsweise mit dem größten Unternehmerdachverband, der in naher Zukunft mit Kues über die Bedeutung der christlichen Sozialethik und der sozialen Marktwirtschaft für die senegalesische Wirtschaftsentwicklung diskutieren möchte, und die diversen KAS Partner im Bereich der Frauenförderung und Menschenrechte. Kues hat in Senegal „aktuelle und zukünftige Fans“ gewonnen, dies insbesondere, da er die christliche Sozialethik und deren Hauptkriteriums, den Respekt der Menschenwürde, in jeder Situation authentisch illustrieren und durch das gelebte Beispiel überzeugen konnte.
Die politische und religiöse „Message“ von Kues sind in 20 Thesen zusammen gefasst, die hier als pdf Datei eingesehen werden können.