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Länderberichte

Belgrader Koalition - Deal mit Verfallsdatum?

von Claudia Crawford
Am 28. Mai 2008 besiegelten die Radikale Partei (SRS), die Demokratische Partei Serbiens in Listenvereinigung mit Neues Serbien (DSS-NS) und die Sozialistische Partei Serbiens (SPS) in Verbindung mit der Rentnerpartei und dem Vereinigten Serbien eine gemeinsame Koalition für Belgrad. Bürgermeister soll Aleksandar Vučić von der SRS werden.

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Die Zeremonie fand in einem Restaurant statt, die Unterschreibenden waren jeweils die Belgrader Parteivorstandschefs. Schon die äußeren Umstände vermittelten den Eindruck von etwas Vorläufigem. Und so lange, wie es noch keine Vereinbarung auf nationaler Ebene gibt, will auch niemand so recht glauben, dass die jetzt gebildete Koalition für Belgrad hält. Immerhin leben fast ein Drittel der Einwohner Serbiens in und um Belgrad. Es ist schwer vorstellbar, dass die Sozialisten, falls es auf der nationalen Ebene doch zu einer Verabredung mit der Demokratischen Partei (DS) kommt, in zwei so gegensätzlichen Koaltionen glaubwürdig Politik machen kann.

Die G17plus hat bereits deutlich gemacht, dass die Aufkündigung des Stadtbündnisses Bedingung für ihre Regierungsbeteiligung ist. Sie ist zusammen mit auf der Liste der DS und wird für eine DS-SPS-Regierung gebraucht. Unter den bestehenden Bedingungen aber würde G17plus maximal eine DS-SPS-Minderheitenregierung mittragen - in Abhängigkeit von anstehenden Entscheidungen.

Auch Vertreter der DS machten deutlich, dass in die Verhandlung mit der SPS alle Level einbezogen werden. Der Bürgermeister von Belgrad ist nicht irgendwer und gehört deshalb mitverhandelt. Es besteht sogar das Angebot an die Sozialisten, in die Provinzregierung der Vojvodina einzutreten, obwohl dort die DS die absolute Mehrheit gewonnen hat. Dabei fand die Wahl von 60 der 120 Abgeordneten des Provinzparlamentes in Form der Verhältniswahl zusammen mit der Parlamentswahl für das serbische Parlament am 11. Mai statt. Die übrigen Plätze wurden erst am 25. Mai mittels Mehrheitswahlrecht gewählt – die zeitliche Differenz sieht das Wahlrecht vor.

Die DS lässt kaum eine Gelegenheit aus, die SPS zu umwerben. Die sonst wenig sozialdemokratisch wirkende DS ruft derzeit zur Bildung einer sozialverantwortlichen Regierung auf. Präsident Tadić (DS) sprach davon, das es falsch wäre von nationaler oder pro-europäischer Regierung zu sprechen. Nötig wäre eine sozial-verantwortliche Regierung, denn die wäre beides, national und pro-europäisch. Mit so einer Formulierung sollten sich auch die alten Mitstreiter der Sozialisten angesprochen fühlen.

Die Sozialisten nutzen aus, dass ohne sie keine Regierung gebildet werden kann. Der Deal in der Stadt soll vielleicht noch mal unterstreichen, welche Optionen für die Partei bestehen. Ihre Bedingungen für eine Regierungsbeteiligung sind unter anderem Straffreiheit für die Angehörigen Milosević´ und die Freilassung von Dragoljub Milanović, der Generaldirektor des staatlichen Fernsehens RTS in der Zeit Milosević´.

Bei solchen Forderungen fällt es schwer zu glauben, dass die Sozialisten sich in einer möglichen DS-Regierung aktiv an der Auslieferung Mladić´an das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag beteiligen würden – Vorbedingung für das Inkrafttreten des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens (SAA) mit der EU. Dies wurde noch kurz vor der Wahl am 11. Mai durch die EU unterzeichnet, um eine positives Signal an Serbiens Wähler zu senden. Inkrafttreten soll es allerdings erst, wenn die Kondition, voll mit Den Haag zu kooperieren, erfüllt ist.

Noch fehlt es aber an einer Zustimmung zum SAA durch das serbische Parlament – mit ein Grund für das Scheitern der vorherigen DS-DSS-G17plus-Regierung. Nun sind es ausgerechnet die Sozialisten, die fordern, dass das SAA vom Parlament unterstützt werden müsse, allerdings ohne deswegen eine Aussage zu Mladić zu machen.

Diese Forderung wird durchaus als Signal in Richtung DS verstanden, für die das SAA ein Herzensanliegen ist.

Schwer tut sich mit dieser Bedingung vor allem der noch amtierende Ministerpräsident Koštunica (DSS). Vor allem er persönlich, der im Wahlkampf das SAA nur das „Solana-Abkommen“ betitelte, wehrte sich bis zu letzt, den jetzigen Vertragstext zu unterschreiben, da er nach seiner Meinung die Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovos durch Serbien impliziert. Inzwischen ist zu hören, dass Koštunica das SAA akzeptieren würde, sobald mit notfalls einem Halbsatz klar gestellt würde, dass dieser Vertrag nicht die Unabhängigkeit Kosovos besiegelt.

Wie lange der Poker dauern wird, lässt sich nicht vorhersagen. Die Medien spielen dabei munter mit, sie bemühen sich nicht mal mehr, ihre Parteilichkeit zu vertuschen. Die zuverlässigsten Meldungen sind derzeit die Wettervorhersagen.

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