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Länderberichte

Ein Test für die serbische Demokratie:

Das Vergabeverfahren für Rundfunklizenzen nährt viele Zweifel

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Nach dem Ende des Milosevic-Regimes war der Rundfunksektor in Serbien weitgehend unreguliert, mit über 150 nationalen, regionalen und lokalen Sendern, die ohne Sendegenehmigung tätig waren. Als Teil der Demokratisierung und Annäherung an internationale Organisationen – besonders an die EU – begann 2003 eine Regulierung des Rundfunksektors: mit Erlassung eines Rundfunkgesetzes, Ernennung einer Rundfunkagentur, deren Besetzung und nun der öffentlichen Ausschreibung der Lizenzen. Am 24. Januar veröffentlichte die serbische Rundfunkagentur eine Ausschreibung für 5 landesweite Rundfunklizenzen.

Als erstes Zeichen kommender Unregelmäßigkeiten wurde am 4. April das Konsortium unter Führung der RTL Group – einer Bertelsmann-Tochter - unter Heranziehung fadenscheiniger rechtlicher Gründe (einer angeblichen Verletzung der Beschränkung ausländischen Kapitals bei Rundfunkunternhemen) disqualifiziert. Nachdem zwei Ministerien in der darauffolgenden Woche allerdings unmissverständlich klar machten, dass die rechtlichen Gründe keinen Bestand haben würden, wurde RTL am 18. April wieder in den Vergabeprozess aufgenommen.

Am 19. April wurde über die Lizenzen entschieden. Diese gingen an: TV Pink – bestehender Sender, TV B92 – bestehender Sender, FOX – Newscorp, TV Kosava/TV Happy (zwei lokale Sender, die sich eine Lizenz teilen), TV Avala (Konsortium großer serbischer Firmen ohne Erfahrung im Fernsehgeschäft).

Fox bekam seine Lizenz auf massiven Druck der Bush-Administration, welche in einem persönlichen Gespräch zwischen Condoleeza Rice und MP Kostunica Ende März auf die Berücksichtigung amerikanischer Interessen drang. Bei TV Kosava/TV Happy und TV Avala ist unklar, wer wirklich hinter ihnen steht. Ihre Schwäche gegenüber professionellen Unternehmen wie RTL ist dabei aber so eklatant, dass es sich um eine grobe Verletzung der Ausschreibungskriterien und –prozeduren handelt. Erwähnt wird in diesem Zusammenhang der Name des Eigentümers von Pink, Zejlko Mitrovic, welcher einst zu den Schützlingen Milosevic’s zählte und neuerdings seinen Frieden mit der Regierung Kostunica geschlossen hat. Ihm – so heißt es – sei vor allem daran gelegen, den Markt für ausländische Investoren zu schließen.

Die Krönung des ganzen Verfahrens ist, dass Sondereinsatzkräfte der Polizei am 25. April den Fernsehsender BK auf Weisung der Rundfunkagentur mit der Begündung schlossen, dieser habe während des Wahlkampfes 2004 nicht objektiv berichtet. Dieser hatte zwar am 19. April als einziger bestehender nationaler Sender keine Lizenz erhalten, hätte aber bis zum Ende des Einspruchverfahrens noch mehrere Wochen Zeit vor der Schließung gehabt. Die traurigen Bilder der nächtlichen Polizeiaktion vor einem Fernsehsender wurden dabei hingenommen: BK’s früherer Eigentümer Karic ist als früherer Oligarch der Erzfeind der Regierung.

Die Regierung Kostunica ist dabei geteilt. Der zuständige Minister für Kultur und Medien, Kojadinovic (SPO), gab schon am 20. April zu Protokoll, die Unregelmäßigkeiten des Vergabeverfahrens sein „skandalös“ und müssten zwangsläufig zur Ablösung der Rundfunkagentur führen. Das unmittelbare Umfeld Kostunicas (DSS) aber hält sich auffällig bedeckt. Man muss vermuten, dass kleine, serbische Sender im Vorfeld der Parlamentswahlen 2007 als „zuverlässiger“ gesehen werden als größere internationale Konzerne. Die Äußerungen einzelner Mitglieder der Rundfunagentur bestätigen diese Annahmen.

Fazit: Die Unregelmäßigkeiten im Vergabeprozess und die offensichtliche Missachtung der Auschreibungskriterien hat zu einer willkürlichen Vergabepraxis geführt, welche mit rechtsstaatlichen Prinzipien gänzlich unvereinbar sind. Nicht zuletzt, weil auch ein deutsches Unternehmen direkt von dieser Willkür betroffen ist, sollte im Vorfeld des Besuches Kostunicas in Deutschland von deutscher Seite reagiert werden. Es muss unmissverständlich klar sein, dass

1.ein EU-Beitrittskandidat die von ihm selbst erlassenen Gesetze und Prozeduren befolgen muss,

2.der Ruf seiner Regierung und seines Landes in Europa Schaden nehmen wird, wenn die deutlichen Unregelmäßigkeiten in einem für die serbische Demokratie so wichtigen Verfahren Bestand haben,

3.Deutschland nicht hinnehmen wird, dass deutsche/europäische Investoren schlechter behandelt werden als amerikanische.

MP Kostunica ist nun gefragt. Noch kann seine Regierung auf einen geordneten weiteren Verlauf des Prozesses – im Rahmen des Einspruchverfahrens einwirken.

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