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Klare Verhältnisse nach Parlamentswahl in Serbien

Wird Vucic liefern?

Aleksandar Vucics Sieg ist ein deutliches Signal der serbischen Bevölkerungsmehrheit, die Reformen unter einem starken Mann will. Die Wähler haben genug von vor sich hinwurschtelnden Vielparteienkoalitionen und dem Von-sich-weisen politischer Verantwortung. Wird Vucic liefern?

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Von den Titelseiten der auflagenstärksten Zeitungen verkündete Vucic bereits seit Tagen in seinen Wahlanzeigen, dass er sich „mit aller Kraft für Reformen“ einsetzen wolle. Die Opposition, mit viel bescheideneren Anzeigen in die hinteren Seiten der Medien verbannt, fand sich vorrangig als Angriffsziel in den Schlagzeilen wieder, sie stehe für die Interessen der vielgehassten Wirtschaftstycoons, habe Verbindungen zur Mafia und bereite ein „ukrainisches Szenario“ vor. Doch erklärt die Mediendominanz des bisherigen Vizepremiers Vucic und seiner Fortschrittspartei (SNS) nur teilweise den überwältigenden Wahlsieg; als mächtigster Mann in der letzten, nur knapp zwei Jahre amtierenden Regierung, hat er Bewegung gebracht in zentrale Politikbereiche, die bisher jede Regierung vor ihm hat scheitern lassen: die Beziehungen zum Kosovo und den Kampf der Korruption.

Die Wahl: Abrechnung mit der alten Elite

Konkrete Resultate, also eine tatsächliche Normalisierung der Beziehungen zum Kosovo oder Schuldsprüche in hochrangigen Korruptionsfällen, stehen noch aus. Doch haben die Serben aufgrund Vucics kurzer Regierungsbilanz - und trotz seiner umstrittenen, rechtsradikalen Vergangenheit - die Hoffnung, dass er sein Versprechen, mit aller Kraft für Reformen zu arbeiten, erfüllen kann. Sein Wahlsieg zeigt zudem, wie sehr die langjährige dominante politische Kraft in Serbien, die Demokraten mit ihren neueren und älteren Absplitterungen diskreditiert ist: DS-Chef Djilas musste am Wahlabend die doppelte Schlappe des schlechtesten Ergebnisses seiner Partei seit dem demokratischen Umbruch und einen abgeschlagenen zweiten Platz bei den gleichzeitig stattfinden Bürgermeisterwahlen in Belgrad hinnehmen; vor zwei Jahren war er hier noch Wahlsieger. Seine Tage als Parteichef scheinen gezählt. Abgestraft ist auch der langjährige Lenker der serbischen Wirtschaft Dinkic, dessen Partei ebenso wenig die Fünf-Prozent-Hürde ins nationale Parlament schaffte wie der antieuropäische Ex-Präsident und Ex-Premier Kostunica.

Ein neues Parlament: bereit für EU-Reformen?

Kostunicas Abtauchen zeigt zudem, wie wenig das von ihm immer noch fest als Teil Serbiens betrachtete Kosovo Thema des Wahlkampfes war und wie sehr die Wähler nach vorne blicken wollen, auch wenn die nunmehr im Parlament vertretenen Parteien in den vorderen Plätzen ebenfalls kaum frische Gesichter vorweisen können: die Sozialisten um den bisherigen Premier Dacic sind zweitstärkste Kraft, aber Ex-Präsident Tadic hofft mit seinen neuen Demokraten wohl am stärksten auf eine Regierungsbeteiligung mit der SNS, damit sich seine erst jüngst vollzogene Abwendung von der DS auszahlt. Das Buhlen um die Regierungsbeteiligung wird kritische Stimmen im Parlament bis auf die driftende DS verstummen lassen. Alle Parteien befürworten ja auch den proeuropäischen Kurs Serbiens. Eine Regierungskoalition mit Zweidrittelmehrheit könnte zudem eine lang diskutierte Verfassungsänderung zur Abschaffung der Kosovopräambel vorbereiten und die Stärkung demokratischer und rechtsstaatlicher Standards möglich machen: eine große Erleichterung für den Beitrittsprozess zur EU. Die Verhandlungen dazu will Vucic bis 2018 abschließen. Doch kann es hier in Serbien inmitten eines Heeres von Ja-Sagern im nationalen Parlament, einer ausgebauten Vormacht auf lokaler Ebene und einer zahmen Presse gelingen, die erworbene Machtkonzentration zum besten Interesse der Bürger Serbiens zu nutzen?

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