Länderberichte
Es war spekuliert worden, dass die neue Regierung Kosovos durch die beiden größten Parteien getragen werden wird, womit die zwei schärfsten Kontrahenten PDK und LDK erstmalig ein Bündnis wagen. Der klare Wahlausgang, der die PDK zum eindeutigen Sieger und die LDK zum eindeutigen Verlierer werden ließ, half sicher bei den Verhandlungen. Verzögerung traten dann am Ende auch nur wegen einiger personeller Unstimmigkeiten auf.
Dass die LDK, die bislang die kosovarische Politik mit Wahlergebnissen jenseits der 40% dominierte, trotz der großen Verluste – sie hat sich nahezu halbiert – wieder an der Regierung beteiligt ist obwohl sie kaum Erfolge ihres Regierungshandeln vorzuweisen hat, ist zum einen fehlenden überzeugenden Alternativen verschuldet, zum anderen dem Bedürfnis, eine Regierung nicht ganz ohne administrative Erfahrung in dieser wichtigen Phase für das Kosovo die Geschicke lenken zu lassen. Eine wichtige Konsequenz ist allerdings, dass keiner der bisherigen Minister seinen Stuhl behalten durfte. Damit sollte das Signal gesetzt werden, dass mit dem früheren erfolglosen Regierungsstil komplett gebrochen wird.
Thaci erhielt 85 Stimmen der 120 Mandate des kosovarischen Parlaments, 22 Abge-ordnete stimmten gegen ihn. Die serbische Minderheit, die 10 reservierte Plätze im Parlament besitzt, hat diese bislang nicht in Anspruch genommen. Der neue Minister-präsident hat über sein wichtigstes politisches Ziel keinen Zweifel gelassen: Kosovo nun endgültig in die Unabhängigkeit zu führen. Sicher ist, dass das Parlament noch in der ersten Jahreshälfte die Unabhängigkeit proklamieren wird. Der genaue Zeitpunkt ist allerdings noch offen. Viele Politiker äußerten, dass dies noch in der ersten Februarhälfte, wenn die Präsidentenwahlen in Serbien vorbei sind, erfolgen soll.
Präsidentenwahlkampf in Serbien
Kosovos politische Agenda ist damit natürlicher Weise im Präsidentenwahlkampf in Serbien stets präsent. Selbst der Amtsinhaber, Tadic, dem die Anbindung Serbiens an Europa mindestens so wichtig ist, betont immer wieder, dass das Kosovo Teil Serbiens ist und bleiben wird.
Nur soviel ist sicher, dass das Rennen offen ist. Nach derzeitigen Umfragen von CeSID, liegt der Kandidat der Radikalen, Nikolic, mit 1,25 Mio. zu erwartenden Stimmen vor Tadic mit 1,05 Mio. Stimmen. In einem zweiten Wahlgang könnten die 250.000 Stimmen, die derzeit der Kandidat der Liberalen Partei, Jovanovic, durchaus Tadic zukommen. Damit wird ausschlaggebend, wer von den beiden Hauptkontrahenten die derzeit progrnostizierten 300.000 Stimmen für den Kandidat Neues Serbien (NS), Ilic, bekommen wird.
Ilic, durch das Wahlbündnis mit der DSS in die Koalition eingebunden und Minister für Infrastruktur, fühlt sich offensichtlich nicht an eine Koalitionsdisziplin gebunden. Das zeigt schon seine Kandidatur, die den Eindruck erweckt, dass gezeigt werden soll, dass Tadic ohne seinen Koalitionspartner DSS/NS nicht wiedergewählt wird. Das macht ihn erpressbar, was sich momentan vor allem an der Debatte um das Stabilisierungs- und Assoziierungs-abkommen (SAA) zeigt.
Das Abkommen ist unterschriftsreif. Der stellvertretende Ministerpräsident, Djelic, zuständig für EU-Integration, und der Außenminister, Jeremic, beide von der DS, drängen die EU, schon Ende Januar das Abkommen zu unterzeichnen, sicherlich in der Hoffnung, dass Tadic im zweiten Wahlgang, der am 3. Februar stattfinden soll, davon profitiert. Derzeit berät die EU allerdings auch ihre ESVP-Mission im Kosovo, im Rahmen derer sie rund 1800 Juristen und Polizisten zur Unterstützung des Aufbaus von Justiz und Polizei hinsenden will. Der serbische Minister-präsident, Kostunica, hat diese Überle-gungen scharf kritisiert, da dies ein illegaler Akt sei, der im Gegensatz zur VN-Resolution 1244 steht, da er eine de facto Aner-kennung der Unabhängigkeit Kosovos darstellen würde. Unter diesen Umständen würde das SAA sofort seine Gültigkeit verlieren, weshalb es am besten gar nicht erst unterzeichnet werden sollte.
Für Tadic gestaltet sich diese Situation nun zu einem Balanceakt. Er ist auf die Stimmen des DSS/NS-Koalitionspartner angewiesen, kann aber unmöglich den Forderungen nachgeben, dass SAA nicht zu unterzeichnen, sollte es zu dem entsprechenden EU-Beschluss für die ESVP-Mission kommen. Wie weit er sich auf die Linie des Ministerpräsidenten einlässt, zeigt die Parlamentsresolution vom 26. Dezember des Vorjahres, in der unter anderen proklamiert wird, dass Verträge mit Staaten, die die Unabhängigkeit Kosovos anerkennen, ihre Gültigkeit verlieren.
Vor diesem Hintergrund ist die Präsidentschaftswahl am 20. Januar spannend, aber noch spannender sind die beiden Wochen danach bis zur Stichwahl.