Expertengespräch
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Die Teilnehmer, die auch an allen Folgeveranstaltungen teilnehmen werden, waren wichtige Religionssoziologen, Theologen, Politologen, Doktoranden und KAS-Stipendiaten. Referenten waren bei dieser Gelegenheit Vater Vukašin Milićević von der Serbischen Orthodoxen Kirche (SOK) und Prof. Dr. Vojislav Stanovčić von der Politikwissenschaftlichen Fakultät Belgrad.
Im Rahmen des oben genannten Projektes sollen im Laufe des Jahres 2008 fünf Rundtischgespräche stattfinden, jedes zu einem eigenen Thema. Die Teilnehmer wurden gebeten, zu einem oder zwei der Themen eine wissenschaftliche Arbeit zu schreiben, die am Ende des Projektes ins Englische übersetzt und veröffentlicht werden.
Das erste Thema lautete „Christentum und Demokratie“. Vater Vukašin Milićević und Prof. Dr. Vojislav Stanovčić haben dazu Einführungsvorträge gehalten, jeder von seinem eigenen Standpunkt aus.
Am Anfang seines Vortrages sprach Vater Vukašin über die Pluralität eines modernen Staates und ihre Bedeutung für die Kirche. Dabei vertrat er den Standpunkt, dass die Kirche die Pluralität unterstützen sollte. Die Kirche ist dabei Teil dieses Pluralismus, wobei sie ihre Mission frei vertreten kann. Für die Kirche selbst stellt die Pluralität durchaus ein Problem dar. Auch für die Aufnahme der Demokratie seitens der Kirche, da sie die Existenz von mehreren Werten und „Wahrheiten“ erlaubt. Für die Kirche darf es dagegen nur eine Wahrheit geben. Im Rahmen der Kirche gibt es auch keine Demokratie, d. h. es gibt keine „Kratia“ (im Sinne der Regierung).
Dieser Begriff hat in diesem Kontext ein anderes Synonym, nämlich „Freiheit". Die Freiheit ist ein wesentlicher Bestandteil und ein Kennzeichen des Christentums, somit auch der Kirche. Was den Demokratisierungsprozess in Serbien betrifft, wird er von einigen Teilen der SOK skeptisch betrachtet. Das ist unter anderem damit verbunden, dass manche nationale Ideale gleichzeitig auch zu kirchlichen Idealen geworden sind.
Der zweite interessante Schwerpunkt des Vortrages von Vater Vukašin war die Säkularisierung. Seiner Meinung nach wird sich die Säkularisierung auf zwei Ebenen entwickeln: in der Gesellschaft und in der Kirche. Die zweite Ebene wäre seiner Meinung nach für die Kirche sehr schädlich. In diesem Kontext hat er eine Parallele zu der Zeit des Keisers Konstantin hergestellt, und damit die Bedeutung der historischen Begebenheiten und Umstände für den orthodoxen Diskurs aufs Neue hervorgehoben.
Der zweite Referent am Rundtischgespräch, Prof. Dr. Vojislav Stanovćič, referierte über die Demokratie und den Glauben im Rahmen der entsprechenden Institutionen, d. h. im Staats- bzw. im Kirchenwesen. Sein Vortrag war ein historischer Rückblick auf das westlich-europäische Christentum. Der Schwerpunkt des Vortrages waren das Verhältnis von Kirche und Staat in westlichen Gesellschaften, vor allem in Großbritannien, Frankreich und Deutschland, im Laufe der Geschichte. Mit diesen Ausführungen wollte er in erster Linie auf bestimmte Nachteile bzw. Probleme der Demokratie hinweisen. In den dargestellten Nachteilen der Demokratie sieht Professor Stanovćič aber eine Chance für das Christentum.
Darüber hinaus wurden im Rahmen der anschließenden Diskussion auch zusätzliche Themen berührt, wie z. B. Ökumene, Verhältnis der Kirche/der Kirchen zur Politik und die Rolle der Christen in der heutigen pluralen Gesellschaft.
Das Ziel des ganzen Projektes bzw. der ganzen Veranstaltungsreihe ist es, folgende Problembereiche zu thematisieren:
-Christentum und Demokratie
-Die Christen als politische Subjekte
-Orthodoxes Christentum und Monarchie
-Christentum und Menschenrechte
-Die Kirche und Zivilgesellschaft
-Kirche und Wirtschaft
-Christentum und Nationalismus
Alle Teilnehmer haben das erste Rundtischgespräch als sehr wichtig eingeschätzt. Sie glauben, dass das behandelte Thema nicht nur für einen bestimmten Teil der serbischen Gesellschaft von Bedeutung ist, sondern im Gegenteil für die Gesellschaft als Ganzes.
Bedauerlicherweise ist den Teilnehmern das fehlende Interesse bzw. die Abwesenheit der Medien aufgefallen. Dies ist schade, da die Rolle der Medien bei jeder Diskussion zu einem Thema von einer solchen gesellschaftlichen Bedeutung außerordentlich wichtig ist.
Das zweite Treffen findet am 12. April zum Thema „Die Christen als politische Subjekte“ statt.