Fachkonferenz
Details
Dieses war die erste öffentliche Debatte zu diesem Thema in Serbien, an der mehr als 50 Medienvertreter und Referenten aus Deutschland und der Region teilnahmen. Dies war gleichzeitig eine Gelegenheit, die «best-practice» Erfahrungen (vor allem aus dem Deutschen Presserat und dem Presserat Bosnien und Herzegowinas) zu vermitteln. Die Vorträge und Diskussionen bei dieser Veranstaltung fanden ein gutes Echo in den serbischen Medien. Erwähnenswert ist, dass einige Tage vor dem Konferenzbeginn ein Live-Gespräch beim Rundfunksender Radio Belgrad mit Vertretern der beiden Journalistenverbände UNS und NUNS und der Konrad Adenauer Stiftung stattfand.
Bezogen auf dieses Thema ist die aktuelle Situation in Serbien unbefriedigend. Das von Seiten des Medienzentrums in Belgrad aus eigener Initiative geleitete Monitoring über die Einhaltung des journalistischen Ethikodexes der Printmedien (sog. „Medienrat“) musste aus finanziellen Gründen aufgehoben werden. Ein Presserat existiert noch nicht. Immerhin haben die beiden Journalistenverbände, UNS und NUNS, einen gemeinsamen Journalistenkodex Ende 2006 verabschiedet, der als Basis für die Einführung eines Selbstregelungssystems im Medienbereich dienen kann. Die Mission der OSZE in Serbien hat eine Durchführbarkeitsstudie über die Gründung eines Presserates in Serbien anfertigen lassen.
Diese Gesamtsituation war für die KAS der Ausgangspunkt für die Organisation der Regionalkonferenz. Leitfrage war die Wirksamkeit einer freiwilligen Selbstkontrolle der Presse und ihrer Beziehung zur journalistischen Berufsethik.
Die Konferenz begann mit der Einführung von Frau Aleksandra Popovic, Projektkoordinatorin der KAS in Belgrad. Sie machte deutlich, dass sich der Presserat als ein effizientes Selbstkontrollsystem in vielen Ländern bewährt hat. Dr. Dirk Förger, Leiter des regionalen Medienprogrammes SOE hob hervor, dass sich seit Anfang der ´90er Jahre die südosteuropäischen Länder positiv im Medienbereich entwickelt haben. Die KAS möchte diesen Prozess unterstützen, indem sie öffentliche Debatten über den Presserat und die Ethik im Journalismus iniziiert. Das deutsche Medien-system basiert auf den Grundwerten einer freien und unabhängigen Berichterstattung, einer Trennung zwischen Fakten und eigenen Meinungen der Journalisten, der Unabhängigkeit von wirtschaftlichen Interessen und Beeinflussungen sowie der Trennung zwischen PR und Journalismus. Die Erfahrungen aus Deutschland zeigen, dass eine freie Presse nur mit Demokratie korrespondieren kann, Propaganda dagegen nur mit einer Diktatur.
Aus der Sicht des Vertreters des deutschen Presserates, der durch Herrn Manfred Protze vertreten wurde, ist Pressefreheit Bürgerfreiheit, die von keinem Erlaubnis abhängt. Demokratie funktioniert nur, wenn sich Bürger informieren und ihre Meinungen bilden. Das funktioniert wiederum nur, wenn die Informationen verlässlich sind. Diese Grundannahmen schließen eine jegliche Kontrolle der Medien durch die Staatsinstanzen aus. Herr Protze schilderte kurz die Entstehungsphase des deutschen Presserates, der in einer Medienbewegung 1956 seinen Grundstein fand, die von Seiten der Journalisten und Medieneigentümer geführt wurde, um die Presse vor dem Versuch staatlicher Einflussnahme zu wahren. Damals wurde eine entscheidende Frage beantwortet: Welche Instanz sollte die Medien kontrollieren? Die Antwort war: Selbstkontrolle. Der Presserat als ein Selbstkontrollsystem sollte von der Öffentlichkeit und der Transparenz leben. Daraufhin sagte Herr Dragan Janjic, beigeordneter Kultusminister für Medien in der Regierung der Republik Serbien, dass diese regionale Konferenz zeige, wie ernst die Gründung des serbischen Presserates begonnen habe und erläuterte gleich, dass das Kultusministerium keine direkte finanzielle Unterstützung für den Presserat leisten werde, sondern dass es nur die Mittel für die Förderung der Entstehungsphase besorgen wird, was den Einfluß der Exekutive auf den serbischen Presserat ausschließen sollte. Als größtes Hindernis auf dem Weg zur Gründung des serbischen Presserates sieht Herr Janjic, dass die beiden Journalistenverbände, UNS und NUNS, ungenügend selbst entwickelt sind. Sie sind weder einflussreich noch durchsetzungsfähig genug, um die Regelung der Medienszene in Serbien mitzusteuern.
Nach der Darstellung der kurzgefassten Durchführbarkeitsstudie über die Gründung des Presserates in Serbien seitens Frau Lidija Kujundzic, Mitautorin an dieser Studie, hat Frau Ljiljana Zurovac, Exekutivleiterin des Presserates Bosnien und Herzegowinas, berichtet, dass damals die sechs bestehenden Journalistenverbände in BuH den notwendigen Konsens über die Gründung des bosnischen Presserates finden konnten und die jeweils ethnisch gefärbten Interessen der Verbände überwunden wurde. Damit konnte die Hauptbotschaft des Presserates vermittelt werden: Die Bürger sollen vor einer unprofessionellen Presse und vor Manipulation durch falsche Informationen durch die Gewährleistung der Medienfreiheit geschützt werden, was einschließt, Journalisten vor dem wirtschaftlichen und politischen Einfluss zu bewahren. Frau Zurovac betonte, dass die teilnehmende Rolle der Bürger in postkommunistischen Ländern deutlich erschwert ist, da es der gesamten Gesellschaft auf Grund der vorherigen politsichen Situationen an politischer und sozialer Verantwortung fehlt. Den Bürgern müsste erklärt werden, dass sie durch ihre Beschwerden auf eine konstruktive Änderung und Standardverbesserung der Professionalität der Medien Einfluss nehmen können. Ziel des Presserates ist es, die angenommenen professionellen journalistischen Standards zu schützen und diese im Weiteren den neuen politisch-gesellschaftlichen Umständen anzupassen. Frau Zurovac hob hervor, dass für eine vollkommene Medienfreiheit es von wichtiger Bedeutung ist, die Zusammenarbeit zwischen dem Presserat und der Rundfunkagentur zu stärken.
Auf die Einführungsvorträge folgten Fragen, Berichte und Erfahrungen der eingeladenenen Medienvertreter und der Experten aus der Region. Hierbei gab es drei Schwerpunktthemen: die Finanzierung des Presserates, die Frage nach der Satzung der Gründung und die Frage des Monitoring.
In Bosnien und Herzegowina basiert die Satzung zur Gründung des Presserates auf ein Gesetz, welches den Presserat unter den einheimischen NGOs fasst. Der Presserat in Bosnien ist unter der Zuständigkeit des Justizministeriums. In Deutschland liegt der Fall anders. Es gibt kein Gesetz, stattdessen wurde der Presserat auf eigene Initiative von Seiten der Vertreter der Journalisten und Verlage gegründet (Verleger und Journalistengewerkschaft).
In Bosnien initiiert der Presserat selber das Monitoring, das heißt es gibt ein spezielles Gremium, welches die Fehler innerhalb der Printmedien überwacht. Im Unterschied zu Bosnien, existiert diese Methode nicht in Deutschland, da in Deutschland davon ausgegangen wird, dass es den Bürgern zuzutrauen ist, relevante Fehler und ethische Probleme zu erkennen und dem Presserat vorzutragen. In Deutschland existiert das formelle Recht, Selbstbeschwerde zu erheben. Davon wird jedoch kein Gebrauch gemacht, da der deutsche Presserat sich nicht zu einem Aufsichtsorgan entwickeln möchte, da Überwachungsprozesse immer einen Selbstzensur-Effekt implizieren.
Zusammenfassend muss man sagen, dass es in der Hand der beiden Journalistenverbänden liegt, den Prozess zur Gründung eines Presserates zu vollenden. Bislang fehlte es dazu am politischen Willen. Die Unabhängigkeit der Printmedien ist noch nicht vollständig gewährleistet und die Selbstinitiative von Seiten der Journalisten nicht ausreichend.
Die KAS wird auch weiterhin die Etablierung eines Presserates unterstützen.
Im Folgenden die Resultate:
•84% der Befragten sind der Meinung, dass ein Selbstkontrollsystem bestehen sollte; 12% sind für nicht dafür
•Ein Großteil der Befragten bevorzugte eine dreiteilige organisatorische Struktur – Vertreter der Journalisten, der Medienbranche, und der Zivilbevölkerung
•58% der Befragten haben eine gemischte Finanzierung aus drei oder mehr Finanzierungsquellen vorgeschlagen (54% Medien, 12% Staat/int. Organisationen, 3% Andere)
•Hindernisse für die Gründung: 73% wirtsch. Einfluss, 67% politischer, 64% Mangel am Wissen über Selbstkontrolle, 55% Mangel an öffentlicher Unterstützung, 52% unangemessene und unzureichende Finanzierung.