Studien- und Informationsprogramm
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um über die Arbeit und Funktionsweise der EU und des deutschen Bundestages zu informieren und den Austausch über aktuelle und relevante politische Entwicklungen zwischen Brüssel, Berlin und Belgrad zu intensivieren.
Dabei haben die Reiseteilnehmer nicht nur einen umfassenden Einblick in die Entscheidungsprozesse der europäischen Institutionen und des Bundestags erhalten, sondern konnten die herausragende Bedeutung des demokratischen Parlamentsmandats im politischen Geschehen Deutschlands und auf europäischer Ebene – und damit auch seine Notwendigkeit für Serbien erkennen.
Rund 100 Tage ist die neu gewählte Koalitionsregierung um die serbische Fortschrittspartei SNS in Belgrad im Amt. Inmitten einer sich weiter verschlechternden wirtschaftlichen Situation und einer nationalen Finanznotlage will Belgrad an dem Ziel der europäischen Integration festhalten und sowohl dafür notwendige Reformen weiter vorantreiben, als auch den Dialog mit dem Kosovo intensivieren.
Vor diesem Hintergrund ist die Reise der jungen, mehrheitlich neu ins Parlament gewählten Abgeordneten der Regierungspartei und eines Koalitionspartners, aber auch der Oppositionskräfte zu sehen, die erstmalig einen umfassenden Besuch der europäischen Institutionen und der NATO in Brüssel und der wichtigsten politischen Organe in Berlin absolvierten. Neben den gesetzten Zielen einer Impulsgebung für die Unterstützung und Stärkung der Effizienz ihrer parlamentarischen Reformarbeit ging es bei den Gesprächen in Brüssel und Berlin insbesondere über Stand und Perspektiven der EU-Integration Serbiens, die Bewertung der bisherigen Arbeit der neuen Regierung und die Ausgestaltung der regionalen Zusammenarbeit auf dem westlichen Balkan. Dabei wurde sowohl von den europäischen, als auch von den deutschen Entscheidungsträgern unmissverständlich die Notwendigkeit einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und Pristina angemahnt, will Serbien tatsächlich in die EU. Weitere wichtige Massnahmen in der Arbeit von Parlament und Regierung in Belgrad müssen die Justizreform und die Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität sein, damit der anvisierte Beginn der Beitrittsverhandlungen mit den Rechtsstaatkapiteln 23 und 24 im kommenden Jahr machbar ist.
Erst nach diesen Gesprächen, so die teilnehmenden Parlamentarier, seien die Beziehungen zwischen Serbien und der EU, NATO und der Standpunkt Berlins gegenüber Belgrad klar. Aufgrund einer verzerrten Berichterstattung der eigenen Medien, mangelnder Offenheit der Regierungsführer über die notwendigen Reformen und der Angst vor der Politisierung des Kosovodialogs, verfügen die meisten Abgeordneten sowohl der Regierungs-, als auch der Abgeordnetenfraktionen, geschweige denn der serbische Durchschnittsbürger, nicht über ein notwendiges, umfassendes Bild, um die politische Entwicklung Serbiens in den Integrationsprozess einzuordnen. Darüber hinaus führt die Vielzahl der aus Europa und seinen Mitgliedern kommenden Stimmen und Botschaften zu einem konfusen Bild darüber, wer für was mit welcher Legitimation über politische Ereignisse in Serbien urteilt.
Die Nachwuchspolitiker konnten ihren Gesprächspartnern deutlich machen, dass das Parlament und alle dort vertretenen politischen Kräfte die europäischen Werte mit der EU teilt und eine Modernisierung des eigenen Landes entlang westlicher Standards vorantreiben will. Dem im Wege steht aber oft die fortdauernde Schwäche des serbischen Parlaments, das aufgrund der Dominanz der Exekutive, einer problematischen Geschäftsordnung, mangelnder personeller und technischer Kapazitäten und der fehlgeleiteten Abhängigkeit des einzelnen Abgeordnetenmandats von der eigenen Partei, nicht aber von dem Wähler, bisher nicht seine Rolle im politischen Entscheidungsfindungsprozess erfüllt.
Als Fazit ihrer Reise setzten die Abgeordneten deshalb ihren Entschluss, diese Defizite aufgrund der neu gewonnenen Kenntnisse, aber insbesondere aufgrund der wichtigen Kontakte mit Kollegen aus Deutschland und Brüssel, sowie des etablierten Vertrauens untereinander angehen und damit ihre Rolle im Parlament und im Reformprozess Serbiens stärken zu wollen.