Fachkonferenz
Details
Zudem wurde mit der Behandlung des Themas: „Religionsgemeinschaften und ihr Verhältnis zum Staat“ die Frage nach der gesellschaftlichen Stellung der Religionsgemeinschaften vertieft.
Vom 23.–26. Juni 2007 trafen sich hochrangige Kirchenvertreter (Serbisch Orthodoxe Kirche und Römisch-katholische Kirche) und Vertreter der Glaubensgemeinschaften (Jüdische und Islamische Religionsgemeinschaft), unter anderem Bischof Ignatije (Serbische Orthodoxe Kirche) aus Pozarevac und der römisch-katholische Erzbischof Stanislav Hocevar, sowie der Hauptmuftie von Kroatien, Sevko Omerbasic und Vertreter aller drei Religionsgemeinschaften aus Bosnien und Herzegowina zum VII. interreligiösen Dialog in Cadenabbia. Die Teilnahme von Staatsvertretern Serbiens war diesmal nicht möglich, da sich die neue serbische Regierung noch nicht gebildet hatte.
Im Rahmen des Themas „Religionsgemeinschaften und ihr Verhältnis zum Staat“ wurden drei wichtige Schwerpunkte diskutiert: „Dialog zwischen Staat und Religionsgemeinschaften“, „Religionsunterricht als eine Form der Zusammenarbeit mit dem Staat“ und „Soziales Engagement der Religionsgemeinschaften“. Sie werden als drei Säulen für ein gesundes Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften erachtet.
Aus den Vorträgen konnte man auf ganz unterschiedliche Erfahrungen schließen. Einen sehr kostbaren Beitrag brachte der OKR David Gill aus der EKD in die Diskussion ein. Sein Vortrag basierte auf dem deutschen Beispiel des Verhältnisses von Kirche und Staat, was eine wertvolle Information für alle Teilnehmer darstellte. Ein gemeinsames Thema, zu dem alle Religionsgemeinschaften viel beitragen konnten, war der Religionsunterricht, da dieser in allen Ländern der Vertreter durchgeführt wird.
Das Thema „Soziales Engagement der Religionsgemeinschaften“ zeigte, wie sich vor allem die Positionen der römisch-katholischen und orthodoxen Geistlichen unterscheiden. Während die Römisch-katholische Kirche eine etablierte Sozialdoktrin hat (welche ins Serbische durch die Unterstützung der KAS-Belgrad 2006 übersetzt wurde), haben von allen orthodoxen Ortskirchen nur die Russische Orthodoxe Kirche solch ein Dokument 2000 veröffentlicht. Bischof Ignatius (SOK) versuchte eine eigene Stellungnahme (auch im Hinblick auf die Orthodoxe Kirche) zu geben, wobei er betonte, dass sich die Orthodoxe Kirche vor allem für das ontologische Problem interessiere, wie man aus ihrer Bewahrung des Gottesdienstes sehen kann. Dies bedeute nicht, so Bischof Ignatius, dass die Orthodoxe Kirche das soziale Engagement vernachlässige, gerade weil sich die erste christliche Gemeinde um die armen und Witwen gekümmert hätte. Er betonte die Tatsache, dass jede Sozialhilfe, die ohne ehrliche Liebe zum Nächsten sei, interessengeleitet sei.
Der römisch-katholische Erzbischof Hocevar erklärte, dass das soziale Engagement der Römisch-katholischen Kirche ein konstitutiver Teil der Evangelisierung sei.
Die Diskussion war zu jedem Thema sehr intensiv – nicht nur während des Programmes, sondern auch während der gemeinsamen Mahlzeiten und Pausen. Die Teilnehmer fassten auch diesmal die gemeinsamen Positionen in einem Abschlussdokument zusammen. Die Veranstaltung in Cadenabbia, die seit 2002 regelmäßig stattfindet, erwies sich wiederum als wichtiger Beitrag des religiösen Dialogs in der Region.
Gemeinsame Positionen des VII. interreligiösen Dialoges in Cadenabbia
„Religionsgemeinschaften und ihr Verhältnis zum Staat“
Cadenabbia, 25. Juni 2008
Die Nächstenliebe ist ein konstitutives Element aller Kirchen und Religionsgemeinschaften. Sie bestimmt ihr Engagement in der Gesellschaft, sie ist der Antrieb für Mildtätigkeit und Zuwendung zu den Hilfsbedürftigen.
Die Tatsache, dass die Mehrheit unserer Bevölkerungen sich einer Kirche bzw. einer Religionsgemeinschaft zugehörig fühlt und religiös ist, verleiht diesen Autorität und weist ihnen eine wichtige Rolle in der Gesellschaft zu. Sie verleihen nicht nur ihren Gläubigen Orientierung und Lebenssinn, sondern wirken als Vorbild über ihre Gemeinschaften hinaus. „Der Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht schaffen kann.“ Er baut auf Staatsbürger, die bereit sind, Verantwortung für das Gemeinwohl zu tragen. Unverzichtbare Werte, wie Liebe, Geborgenheit, Vertrauen, Solidarität und Verantwortung, werden vor allem in Familien vermittelt, aber auch durch die Kirchen und Religionsgemeinschaften.
Da heraus wächst die Verpflichtung für den Staat, den Kirchen und Religionsgemeinschaften adäquate Rahmenbedingungen für ihr selbstbestimmtes Handeln einzuräumen und abzusichern. Andererseits müssen diese ihrerseits ihre Kommunikationsmechanismen verabreden und verstetigen.
Die Teilnehmer am VII. interreligiösen Dialoges in Cadenabbia stimmen darüber überein, dass:
- die Zusammenarbeit nach dem kooperativen Modell die angemessene Weise im Verhältnis zwischen Religionsgemeinschaften und Staat ist.
- die Kirchen und Religionsgemeinschaften Verantwortung in der Gesellschaft tragen. Sie wirken als Vorbild, sie sind Hort für ihre Gläubigen und ermutigen diese, sich für das Gemeinwohl in der Welt zu engagieren.
- sie Ansprechpartner für die Politik sein sollten und wollen.
- die Kirchen und Religionsgemeinschaften gemeinsame Interessen gegenüber dem Staat haben, die sie auch gemeinsam vertreten sollten. Diese abzustimmen und zu formulieren dient nicht zuletzt der interreligiöse Dialog. Der interreligiöse Dialog beruht dabei auf den Prinzipien gegenseitigen Respekts und gegenseitiger Toleranz.
- die Kirchen und Religionsgemeinschaften vom Staat adäquate Rahmenbedingungen für ihr Handeln erwarten.
Vor diesem Hintergrund sprechen sich die Teilnehmer am VII. interreligiösen für einen kontinuierlichen Dialog mit dem Staat aus. Die vielfältigen gemeinsamen Themen wie Religionsunterricht, Restitution, die Vertretung der Kirchen und Religionsgemeinschaften in gesellschaftlichen und staatlichen Institutionen, Medienpräsenz, soziales Engagement, rechtliche Stellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften, Beteiligung am Gesetzgebungsprozess und andere sollten im Rahmen des interreligiösen Dialoges vereinbart und vorbereitet werden.
Folgende Überlegungen werden geprüft:
- einen institutionalisierten interreligiösen Dialog und Dialog mit dem Staat, zu führen,
- institutionalisierte Positionen/Mitarbeiter innerhalb der Kirchen und Religionsgemeinschaften, die für den Kontakt zu den Parteien, dem Parlament und der Regierung zuständig sind, einzurichten,
- wie die ständige professionelle Fortbildung der Religionslehrer sichergestellt werden kann,
- einen Dialog zwischen den Kirchen und Religionsgemeinschaften über ihre Möglichkeiten sozialen Engagements in der Gesellschaft zu beginnen.