Länderberichte
Die Problematik der Wasserversorgung ist vielschichtig. Südafrika ist mit seinem warmen, trockenen Klima und saisonalen Regenfällen insgesamt ein wasserarmes Land mit beschränkten Vorräten - die Niederschlagsmengen variieren, je nach Region, zwischen jährlich 300 und 500 Millimetern pro Quadratmeter, verglichen mit etwa 700 Millimetern in Deutschland. Hinzu kommt die Prognose von Experten, dass die ohnehin schon knappe Regenmenge mit dem Klimawandel in Südafrika noch weiter zurückgehen wird. Davon betroffen wären vor allem die Regionen im Landesinneren und im Süden, wo Farmer schon heute unvorhersehbare Wetterzyklen erleben, die ihre Ernten verringern.
Somit kämpft Südafrika nicht nur mit der primären Wasserversorgung seiner Einwohner, sondern auch mit der Prognose, dass in Zukunft noch weniger Wasser zur Verfügung stehen wird. Für das Jahr 2030 rechnen Experten mit einer Versorgungslücke von 17%. Weitere Herausforderungen liegen in einer schlecht instandgehaltenen Infrastruktur, einer größer werdenden Nachfrage aufgrund von Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum und der sogenannten „acid mine drainage“, der Verschmutzung des Grundwassers durch schwefelsäurehaltige Minenschlacke.
Strategien für ein effizienteres Wassermanagement
Das Thema Wasserversorgung genießt hohe Priorität auf der Agenda der Staatsregierung. Präsident Jacob Zuma betonte in seiner jährlichen „State of the Nation Address“ am 7. Aril dieses Jahres erstmals die Notwendigkeit einer Verbesserung von Versorgungsinfrastruktur und Wasserqualität und machte das Thema somit zur Chefsache. Aber was genau unternimmt die südafrikanische Regierung, um der Herausforderung Herr zu werden?
Im Jahr 1994, mit den ersten freien Wahlen, wurde das Ministerium für „Water Affairs and Forestry“ ins Leben gerufen. Das Land wurde in 19 Gebiete aufgeteilt, die von sogenannten Catchment Management Agencies (CMA’s) verwaltet werden. Diese sind für die Verwaltung des Wasservorrates verantwortlich und verteilen Wassernutzungslizenzen. Auf der Verbraucherseite existieren akkreditierte Water User Associations (WUA’s), die Nutzerinteressen vertreten und mit Experten aus Landwirtschaft, Industrie, Naturreservaten etc. besetzt sind.
Die institutionellen Voraussetzungen für eine funktionierende Wasserversorgung scheinen gegeben zu sein. Doch die Realität weicht von der Theorie und allen guten Vorsätzen ab. Die genannten Organe sind nicht in jeder Region vorhanden und nur selten funktionstüchtig. Dies ist beispielsweise erkennbar an der langsamen Bearbeitung von Wasserlizensanträgen oder an der schleppenden strafrechtlichen Verfolgung von Missbrauchsfällen – hier besteht akuter Verbesserungsbedarf. Viele in der Politik diskutierte Lösungsstrategien sind nur schwer umzusetzen.
Einem Maßnahmenkatalog der Regierung zufolge, sollen mehr Dämme gebaut werden, um die saisonalen Regenfälle und damit verbundenen Versorgungsschwankungen auszugleichen. Doch auch das hat Nachteile: Landschaft und Ökosysteme werden verändert, Bewohner müssen umgesiedelt werden und auch die Wasserversorgung der Nachbarn flussabwärts wird beeinträchtigt. Meerwasserentsalzungsanlagen könnten eine langfristige Lösung sein, sind aber aufgrund der damit verbundenen Kosten bislang noch unrentabel. Desweiteren benötigt man dazu eine intakte Infrastruktur und finanzielle Ressourcen, um großräumige Wassertransfers durchführen zu können.
Aufklärungsarbeit und Bewusstseinsveränderung erforderlich
Um das Problem der Wasserknappheit erfolgreich anzugehen, muss vor allem das Bewusstsein der Südafrikaner hinsichtlich der Ressource Wasser gestärkt werden. Schon eine geringfügige Reduzierung im täglichen Verbrauch könnte die Lage spürbar entschärfen. Was günstig ist, wird verschwendet - als notwendiges Gut soll jeder Haushalt in Südafrika 6000 Liter Wasser im Monat kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen. Diese Menge berechnet sich aus dem täglichen Basisverbrauch von 25l Wasser pro Person in einem 8-Personenhaushalt. Jeder weitere Liter muss extra bezahlt werden. In Kapstadt zum Beispiel nimmt der Preis exponentiell bei ansteigendem Verbrauch zu, zwischen 5 Rand (€ 0,47) und 25 Rand (€ 2,37) je 1000 Liter. Zum Vergleich: In Deutschland je 1000 Liter Wasser. Um den Kreislauf der Gewohnheit von Wasserverbrauch aufzubrechen, muss Aufklärungsarbeit geleistet werden.
Hier ist nicht nur die Regierung, sondern vor allem auch auch die Zivilgesellschaft gefordert. Untersuchungen des Mvula Trusts haben ergeben, dass die Einbeziehung von Bürgern in Probleme der Wasserqualität positiven Einfluss auf den Umgang mit der Ressource hat. So hat beispielsweise die Green Drop Certification, eine Kampagne des Departments of Water Affairs zur Förderung der besseren Wiederverwertung von Abwasser, Bürger und Regierung in den Regionen an einen Tisch gebracht, um gemeinsam konkrete Lösungen zur Abwassernutzung auszuarbeiten. Die Zertifizierung erfolgt nach Standards, die eigens für die Abwasserverwertung erstellt wurden.
Um eine Zertifizierung zu erhalten, muss eine Gemeinde einen Duchschnittswert von 90% erreichen – in 2010 haben das nur 4,9% der Gemeinden erreicht. Das bedeutet, es wurden 40 Green Drops bei einer Gesamtzahl von insgesamt 821 Gemeinden vergeben. Auch an anderer Stelle können Experten aus der Zivilgesellschaft tätig werden. So kann deren Input u.a. zu einer Optimierung des National Water Acts führen, in dem sie Schwachstellen in der Gesetzgebung und deren praktischer Anwendung aufzeigen.
Wasser ist ein kostbares Gut in Südafrika. Es ist wichtig, diese Tatsache den Menschen ins Bewusstsein zu rufen. Nicht nur private Haushalte sind betroffen, auch die Wirtschaft ist gefordert, heute bereits Massnahmen zu ergreifen, um nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu ermöglichen. Nicht umsonst ist das Recht auf sauberes Trinkwassser in der südafrikanischen Verfassung verankert. Maßnahmen, die dieses Recht auch für zukünftige Generationen sichern, dürfen deshalb nicht länger hinausgeschoben werden.