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Roundtable Series 2019: Nummer 2 - Centre for Unity in Diversity

Die Wahlen 2019 auf Grundlage von Identitätspolitik erklärt.

Am 27.6.2019 lud die Konrad Adenauer Stiftung (KAS) gemeinsam mit dem Centre for Unity in Diversity (CUD) zu der zweiten Roundtable Diskussion mit dem Thema 'Identitätspolitik' in Kapstadt ein.

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...die Verwendung von Rasse als Grundlage für die Wahlanalyse ist nicht nur inakkurat, sondern auch unzulänglich, wenn das Label "Schwarze Wähler" 80% der Wählerschaft beschreibt.....

Die Veranstaltung mit dem Titel "Identitätspolitik bei den Wahlen 2019 und ihre  Auswirkungen auf Südafrika" untersuchte, ob Identität - insbesondere Rasse - Wahlmuster in Südafrika definiert. Sind die Wahlen in Südafrika nichts anderes als eine Rassenzählung, anstatt einer Darlegung der politischen Präferenzen der einzelnen Wähler? Dies wäre ein schockierendes Indiz für die junge Demokratie Südafrikas und seine Fähigkeit, eine verantwortungsvolle Regierungsführung zu gewährleisten. Glücklicherweise haben die Sprecher der Veranstaltung die Annahme widerlegt, dass Rasse die Wahlen in Südafrika definiert.

Sanusha Naidu, Senior Research Fellow am Institute for Global Dialogue, erklärte, dass bestimmte Dynamiken, zum Beispiel von Rasse, Einkommenslasse und Alter in ihrem Schnittpunkt lehrreicher sind als in der unabhängigen Betrachtung dieser.

Ferner ging Ms Naidu darauf ein, dass es keinen wesentlichen politischen Unterschied zwischen den beiden Parteien (EFF und ANC) in Bezug auf die wirtschaftlichen Inhalte gebe, was impliziert, dass die Wahl einer Partei wenig über die wirtschaftspolitische Präferenz eines Wählers aussagt.

Reza Omar, Direktor für Strategieforschung bei Citizen Surveys unterstützte die Annahme, dass mehrere politische Parteien in der Wirtschaftspolitik nicht divergieren, insbesondere die DA und der ANC. In einer Erweiterung des politischen Themas untersuchte die Bürgerbefragung von Citizen Surveys, welche politischen Positionen die Wähler mit den drei großen Parteien verbinden. Der ANC ist die bekannteste Partei, die aufgrund ihrer Stellung als Regierungspartei mit der Instandhaltung von Straßen, Wohnungen, Wasser und Elektrizität verbunden wird. Die Partei EFF wurde stark mit der Korruptionsbekämpfung in Verbindung gebracht, während die DA keine Assoziation politischer Inhalte hervorrief, was einen Erklärungsansatz für ihre schlechte Platzierung bei den Umfragen darstellt.

Des Weiteren zeigte Omar auf, dass Rassismus und illegale Einwanderung sich als bedeutendes Thema unter Politikern konstituiert, dem Thema aber nicht dieselbe Relevanz auf Seiten der Wähler zugesprochen wird.

Auf die Frage nach den Herausforderungen Südafrikas nennen die meisten Südafrikaner (73%) die Arbeitslosigkeit als das größte Problem, gefolgt von Kriminalität (34%) und Korruption (25%). Rassismus und Einwanderung liegen im Vergleich dazu deutlich zurück.

Obwohl unter den Wählern breiter Konsens über das Problem der Arbeitslosigkeit besteht, lässt sich ein solcher Konsens in Bezug auf die Politik der Landenteignung mit Entschädigung (EWC) nicht finden. Zugleich stellt dies einen Fokus der Politiker dar. Die Bürgerbefragung untersuchte, ob die Bürger mit dem EWC zugunsten der zuvor Benachteiligten einverstanden sind. Die Antwort teilt die Nation in jedem Aspekt, der überprüft wurde. Ferner lässt sich anhand von Alter, LSM (living Standards measure) und der Differenzierung zwischen städtischem und ländlichem Raum kein Kollektiv eingrenzen, das die Landenteignung mit Entschädigung befürwortet. Insgesamt wurde zwar erwartet, dass die Begünstigten der diskutierten EWC-Politik - die schwarze Bevölkerung - allgemein pro EWC sind, jedoch bekundeten überraschenderweise nur 66% dieser Gruppe ihre Unterstützung. Es existiert keine Gruppe von Parteianhängern, unter denen sich eine Mehrheit befindet, die die Landenteignung mit Entschädigung befürwortet - nicht einmal die Anhänger der EFF, obwohl dies das zentrale Wahlversprechen der EFF darstellt. Es bestehen größere Unterschiede innerhalb der Kollektive als zwischen den Kollektiven, wenn es um die Frage der Landenteignung geht. Hierbei nimmt die Einkommensklasse mehr Einfluss als die Rasse. Aus Sicht von Omar deutet dies darauf hin, dass bei der Unterstützung der EWC tatsächlich die Herausforderung der Arbeitslosigkeit entscheidend ist.

Paul Berkowitz, ein bekannter Datenanalytiker und Autor, stimmte diesen Ergebnissen zu. Seiner Ansicht nach ist die Verwendung von Rasse als Grundlage für die Wahlanalyse nicht nur ungenau, sondern auch unzulänglich, wenn das Label "schwarzer Wähler" 80% der Wählerschaft beschreibt. Davon ausgehend, dass Identitätspolitik eine kontraproduktive Strategie für lokale politische Parteien darstellt basiert er seine Annahme auf seinen Erfahrungen mit der Darstellung von Wahlverhalten südafrikanischer Bürger seit 2011. Politische Parteien, die seit 1994 überlebt haben, waren diejenigen, die eine geografische, sprachliche oder kulturelle Konzentration vermieden haben. Dieser Annahme folgend, geht Berkowitz davon aus, dass sich die erfolgreichen Parteien der Zukunft nicht auf Identität, sondern auf Inhalte konzentrieren werden.

 

Podiumsdiskussion - Punkte von Podiumsteilnehmern

Arbeitslosigkeit.

-Die strukturbedingt hohe Arbeitslosigkeit stieg im ersten Quartal 2019 um 230.000 Menschen an. Da jedes Quartal 150.000 neue Arbeitseinsteiger den Markt betreten, stieg die Arbeitslosigkeit im Quartal vor der Wahl um fast 400.000 Menschen an.

-Sollte eine weitere internationale Wirtschaftskrise eintreten, verfügt Südafrika nicht über die Fähigkeit, seinen Schlag abzufedern, wie es im Jahr 2008 gelang, als die Schulden des Landes noch niedriger waren.

-Im globalen Kontext bedeutet die Schaffung von Arbeitsplätzen in Südafrika anzuerkennen, dass unser Qualifikationsniveau nicht dem Gehalt gereicht, welches wir uns vorstellen. Der einzige Weg, die Beschäftigung und unser Qualifikationsniveau im Laufe der Zeit zu erhöhen, besteht darin, Sweatshops wie in China, Taiwan und anderen Ländern zu akzeptieren. Angesichts der Vergangenheit Südafrikas ist es unwahrscheinlich, dass die Bevölkerung Sweatshops als Konsequenz akzeptieren würde.

 

Verfassungsmäßigkeit.

-Die Ergebnisse der Bürgerbefragung deuten darauf hin, dass die meisten Wähler den Unterschied zwischen der verfassungsmäßigen Demokratie und dem ANC als Regierungspartei nicht wahrnehmen. Nur 50% sind sich der Verfassung bewusst. Dies deutet darauf hin, dass die zunehmende Ablehnung gegenüber dem ANC auch eine Ablehnung des gesamten Systems der konstitutionellen Demokratie darstellt, da das System nicht verbesserte Lebenszustände, insbesondere Arbeitsstellen, liefert.

-Leider ist die Verfassung in der Lebenswirklichkeit der meisten Menschen nicht greifbar. Beispielsweise heißt es in der Verfassung: "Jeder Mensch hat eine angeborene Würde und das Recht darauf, dass diese Würde respektiert und geschützt wird" - doch junge Mütter schlafen mit ihren Kindern auf der Straße und verwenden Plastikmüllsäcke als Decken. Wenn die Verfassung für viele Bürger nur aus Worten besteht und sich nicht in der Realität widerspiegelt, wird die Verfassung nicht verteidigt.

 

Nationsbildung.

-"Die Identitäten Südafrikas sind gespalten und spalten sich immer weiter".

-"Geld kennt keine Klasse, keine Glaubensrichtung, keine Rasse oder Ethnie. Geld kennt nur sich selbst."

-Südafrikanische Regierungspolitiker sind nicht daran interessiert, die Wirtschaft auszubauen - sie wollen jedes Jahr mehr Ressourcen an sich reißen, obwohl die Wirtschaft insgesamt schrumpft.

Jugend wählt.

-"Die Jugendlichen sind nicht desinteressiert. Sie sind entfremdet."

-In der Rede von Präsident Ramaphosa zur Lage der Nation versprach er 2 Millionen weitere Arbeitsplätze in den nächsten 10 Jahren zu erschaffen- bis dahin werden jedoch 6 Millionen zusätzliche Jugendliche den Arbeitsmarkt betreten.

-Die neue Generation betrachtet den ANC nicht als den Befreier, sodass sie ihm die Macht nicht garantieren. Stattdessen werten sie die Parteien und das gesamte Machtsystem auf Grundlage ihrer Fähigkeit, Dienstleistungen und Möglichkeiten für ein besseres Leben zu erbringen.

Ablehnung der jugendlichen Wählerschaft ist insbesondere besorgniserregend, da die aktive Beteiligung an den Wahlen eine Gewohnheit darstellt und die jungen Wähler diese nicht übernommen haben. Potenzielle Wähler, die sich im jungen Alter bei den Wahlen enthalten, tendieren dazu auch mit fortschreitendem Alter nicht den Gang zur Wahlurne einzuschlagen.

 

Warum hat die KAS diese Veranstaltung unterstützt?

Die elf verschiedenen Amtssprachen Südafrikas stellen nur einen von vielen Indikatoren für die Vielfalt des Landes dar. Um das Humankapital des Landes zu erschließen, muss die soziale Vielfalt in zivilgesellschaftlichen Organisationen und Eliten erfasst werden. Nur durch pluralistische zivilgesellschaftliche Organisationen können diese ihre Funktionen der sozialen und politischen Mediation sowie der Überwachung und Gestaltung der Demokratie erfolgreich erfüllen. So sieht die Konrad-Adenauer-Stiftung in Südafrika ihre Rolle unter anderem darin, den sozialen Zusammenhalt zu fördern und positive Beispiele für ein friedliches Zusammenleben verschiedener sozialer Gruppen zu unterstützen. Aus diesem Grund fördert die Stiftung gemeinsam mit ihren Partnern die Zusammenarbeit mit staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen in Form von Bildung, Beratung und Forschung.

 

Was ist das Ziel dieser Reihe von CUD-Roundtables?

Die sich normalisierende Ko-Existenz verschiedener Bevölkerungsgruppen Südafrikas wurde in den letzten Jahren erschüttert. Polarisierung und politische Instrumentalisierung der ethnischen Vielfalt wurden immer sichtbarer und auch im Vorfeld der Parlamentswahlen 2019 exzessiv genutzt.

In diesem Zusammenhang fördert diese Serie von drei Roundtable Discussions, harmonische, nicht-rassische Beziehungen zwischen den kulturellen, religiösen und sprachlichen Gemeinschaften Südafrikas. Die Teilnehmer erhalten ein tieferes Verständnis für die Natur der multikulturellen Gesellschaft Südafrikas. Zudem erfahren sie, welche Schritte unternommen werden müssen, um die nationale Einheit zu gewährleisten.

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18. April 2019
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