Länderberichte
Konflikt um Bergkarabach spitzt sich zu
Die Friedensverhandlungen zwischen Armenien und Aserbaidschan sind in eine Sackgasse geraten; die Zusammenstöße
an der „Kontaktlinie“ rund um Bergkarabach haben seit 2010 deutlich zugenommen,und beide Seiten rüsten nicht nur
verbal sondern auch militärisch auf: Der Konflikt um Bergkarabach spitzt sich erneut zu und bedroht den brüchigen Frieden in der Region Südkaukasus.
1991 erlangten Armenien und Aserbaidschan ihre Unabhängigkeit von der Sowjetunion.Im selben Jahr erklärte die armenische Bevölkerungsmehrheit von Bergkarabach - zu Sowjetzeiten ein autonomes Gebiet innerhalb der aserbaidschanischen Sowjetrepublik – ihre Unabhängigkeit und damit die Abspaltung von Aserbaidschan. Im darauf folgenden Krieg starben rund 25.000 Menschen. Bis zu eine Million Menschen wurden aus ihren Heimatorten vertrieben oder flohen. Armenische Truppen besetzten im Kriegsverlauf nicht nur Bergkarabach sondern auch die umliegenden aserbaidschanischen Bezirke. Heute leben schätzungsweise 150.000 Armenier in Bergkarabach, Aserbaischaner
leben dort nicht mehr. International wird Bergkarabach völkerrechtlich weiterhin als Teil Aserbaidschans betrachtet. Armenien und Aserbaidschan befinden sich bis heute im Kriegszustand miteinander.
Friedensverhandlungen stocken
Die OSZE ist der einzige Mediator, der im Bergkarabach-Konflikt von allen Seiten anerkannt wird. Umso tragischer ist, dass die Friedensverhandlungen unter der Schirmherrschaft der OSZE Minsk-Gruppe seit dem Waffenstillstand 1994 ohne greifbare Ergebnisse geblieben sind. Seit 2005 wird an den “Madrid-Prinzipien” gearbeitet, die zentrale Punkte zur Lösung des Bergkarabach-Konflikts umfassen: Die Rückgabe umliegender Bezirke an Aserbaidschan; das Recht aller Vertriebenen und Flüchtlinge an ihre früheren Wohnorte zurückzukehren; einen Interimstatus für
Bergkarabach, der Sicherheits- und Selbstregierungsgarantien bietet; einen Landkorridor der Bergkarabach und
Armenien verbindet; internationale Sicherheitsgarantien für Bergkarabach, die eine Peackeeping-Operation beinhalten; den Entscheid über Bergkarabachs zukünftigen Status durch eine zukünftige, rechtlich
bindende Willenserklärung der Bevölkerung.
Seit sich die Präsidenten Armeniens und Aserbaidschans im Januar 2010 in Sotschi unter Vermittlung des russischen Präsidenten Medwedew mündlich über die Formulierung der Präambel der Madrid-Prinzipien einigten, geht es nicht mehr
voran. Offensichltich lässt sich weder eine gemeinsame Lesart noch ein Fahrplan für die Umsetzung der Prinzipien abstimmen. Im Oktober 2010 konnte man sich bei einem erneuten Treffen unter russischer Vermittlung in Astrakhan nur darauf einigen, Kriegsgefangene und getötete Soldaten auszutauschen. Auch das letzte Treffen der Staatspräsidenten Anfang März 2011 brachte keine Fortschritte.
Beim OSZE-Gipfel in Astana Anfang Dezember 2010 war der Streit eskaliert. Der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew warf den Armeniern in seiner Rede vor, an der aserbaidschanischen Bevölkerung Bergkarabachs und der umliegenden Gebiete Kriegsverbrechen und Völkermord begangen zu haben. Armenien würde eine Eskalation mit unvorhersehbaren Konsequenzem einem konstruktiven Abschluss der Friedensverhandlungen vorziehen.
Am nächsten Tag kündigte der armenische Präsident Serge Sargsjan an, Bergkarabach de jure anzuerkennen und
um jeden Preis zu verteidigen, sollte Aserbaidschan zu militärischer Gewalt greifen. Er warf Aserbaidschan vor, kein Interesse an einer Lösung des Konflikts zu haben, sondern lediglich Armenien schaden zu wollen. Eine solch offene Auseinandersetzung auf Ebene der Staatspräsidenten ist höchst besorgniserregend.
Komplizierte politische Gemengelage
Der innenpolitische Manövrierspielraum des armenischen Präsidenten ist gering: Die Bevölkerung Armeniens will zwar einen Frieden mit Aserbaidschan, lehnt aber Kompromisse in der Bergkarabachfrage kategorisch ab. Eines der am häufigsten vorgetragenen Argumente auf den Straßen Eriwans lautet: “Wir haben den Krieg gewonnen. Die Aserbaidschaner müssen sich endlich mit den Tatsachen abfinden.” Hinzu kommt, dass sowohl der armenische
Präsident als auch zahlreiche führende Politiker Armeniens aus Bergkarabach stammen. Jede Veränderung des status quo erscheint eher zum Nachteil Armeniens und seiner Interessen.
Armenien sieht sich nach der Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo nun auch vom jüngsten Unabhängigkeitsreferendum im Südsudan in seiner Einschätzung bestätigt,dass das Recht auf Selbstbestimmung
der Völker international gegenwärtig stärker gewichtet wird als das Recht auf territoriale Integrität. Wer sich für die Unabhängigkeit Bergkarabachs einsetzt, bezieht sich auf die Präzendezwirkung dieser beiden Fälle auch
für den Südkaukasus (Vgl. Reinhard Veser, Ohne Zurückhaltung: Schlagabtausch der Präsidenten Armeniens
und Aserbaidschans, in: FAZ, 2. Dezember 2011). Die Rahmenbedingungen sind jedoch andere: Aserbaidschan
ist nicht nur ein verlässlicher Partner im Kampf gegen den islamischen Terrorismus, sondern auch ein strategischer energie- und geopolitischer Partner der USA, der Europäischen Union, und der NATO. Erst im Januar 2011 wurde das erste Dokument unterzeichnet, in dem Baku der EU den Verkauf einer relevanten Menge Gas zusagt, damit die EU mit dem Aufbau des “südlichen Korridors” der europäischen Gasversorgung beginnen kann. Zur Unterzeichnung waren
EU-Kommissionspräsident José Manuel Durão Barrosso sowie Enegiekommisar Günther Öttinger eigens nach Aserbaidschan gereist.
Baku tat in den letzten Jahren einiges, um die Unterstützung des Westens für sich zu gewinnen: Die politische Annäherung an Washington, die EU sowie die NATO sind zu nennen. Aber eben vor allem auch die wirtschaftliche
Zusammenarbeit mit dem Westen und die Öffnung der aserbaidschanischen Öl- und Gasindustrie für entsprechende
Investitionen. Und dennoch: In Sachen Bergkarabach hat sich der Westen nicht eindeutig auf die Seite Aserbaidschans
geschlagen, was in Aserbaidschan zu Frustration führt.
Die Gemengelage ist jedoch auch für den Westen kompliziert: Armenien kann auf eine mächtige Lobby in den USA aber auch in Brüssel bauen. Noch wichtiger ist jedoch, dass Armenien mit Moskau eng verbündet ist. Die Russische Förderation unterhält Militärbasen im Land. Erst 2008 demonstrierte Moskau in Georgien eindrucksvoll seine Bereitschaft, eigene Interessen im “nahen Ausland” mit militärischer Gewalt zu verteidigen. Weder für die EU noch die USA war ein solches Vorgehen denkbar. Der Westen wird aus gutem Grund auch weiterhin vermeiden, in
eine kriegrische Auseinandersetzung um Bergkarabach – eventuell sogar mit Russland als Gegner – hineingezogen zu
werden. Man fürchtet die Implikationen der engen Beziehungen, die der NATO-Partner Türkei mit Baku unterhält und reagiert nervös auf die aserbaidschanischen Kriegsdrohungen. Die Konsequenz ist, dass die USA und die EU im Südkaukasus an Glaubwürdigkeit und damit auch an Einfluss verloren haben.
Die Rolle der großen Nachbarn
Die Russische Föderation ist darauf bedacht, den eigenen Einfluss im Südkaukasus zu wahren und abzusichern: Einerseits tritt Moskau als Schutz- und Garantiemacht Eriwans auf und unterhält Militärbasen in Armenien. Erst im August 2010 unterzeichnete Armenien eine neue Vereinbarung zu einer noch stärkeren militärischen Zusammenarbeit mit der Russischen Föderation. Andererseits versucht Moskau durch sein verstärktes Engagement im Rahmen der OSZE Minsk-Gruppe bei der EU und den USA den Eindruck zu erwecken, die Russische Föderation wolle nach dem Krieg mit
Georgien im Sommer 2008 wieder einen Beitrag zur regionalen Sicherheit im Südkaukasus leisten. Um diese Rolle
glaubhaft ausfüllen zu können, müsste Moskau jedoch eine deutlich neutralere Position als bisher einnehmen. Zusätzlich gibt es immer wieder Spekulationen über Geheimverhandlungen zwischen Baku und Moskau. Beides sorgt in Armenien für Verunsicherung.
Die zweite wichtige Regionalmacht mit Interessen in der Bergkarabachfrage ist das NATO-Land Türkei. Seit den 1990er Jahren ist die Türkei mit Aserbaidschan verbündet. Beide betrachten sich als Bruderstaaten. Im Dezember 2010 ratifizierte das aserbaidschanische Parlament eine Vereinbarung über eine strategische Partnerschaft mit der Türkei. Beide Staaten verpflichten sich zu gegenseitiger Untersützung im Falle eines militärischen Angriffs oder einer Aggression gegen eines der Länder. Dennoch hatte gerade die Türkei ihren Anteil an der aktuellen Eskalation: Es heißt, dass Baku 2009 von den Verhandlungen zwischen der Türkei und Armenien um die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen und die Öffnung der Grenzen zwischen beiden Ländern überrascht worden sei. Die
Reaktion Aserbaidschans war entsprechend harsch: Baku ließ durchblicken, dass man von der Türkei, die gegenwärtig
aserbaidschanisches Gas zum Vorzugspreis bezieht, auch den Weltmarktpreis verlangen könne. In der Folge verknüpfte Ankara Anfang 2010 die Verhandlungen mit Armenien mit der Bergkarabachfrage, wodurch diese zum Scheitern verurteilt
waren. In Baku blieb jedoch das Gefühl, sich nicht mehr vollständig auf seinen wichtigsten Verbündeten verlassen zu
können.
Starke Aufrüstung auf beiden Seiten
Aserbaidschan hat in den letzten Jahren dramatisch aufgerüstet: Der Haushalt des Verteidigungsministeriums ist von 135 Millionen USD im Jahr 2003 auf rund 3,12 Milliarden USD im Jahr 2011 angewachsen. Die Verteidigungsausgaben umfassen damit 20% des aserbaidschanischen Staatshaushaltes und überschreiten knapp den gesamten Staatshaushalt Armeniens. Fehlende Haushaltstransparenz und fehlende parlamentarische Kontrolle machen es allerdings schwer nachvollziehbar, wie die enormen Summen ausgegeben werden. Die Höhe des aserbaidschanischen Verteidigungshaushaltes
wird oft mit dem Hinweis auf Korruption und Missmanagement relativiert. Es gibt jedoch Hinweise, dass signifikante Teile des Verteidigungshaushaltes in den letzten Jahren tatsächlich für die Anschaffung moderner Offensivwaffen
genutzt wurden.
Der Verteidigungshaushalt Armeniens nimmt sich mit 390 Millionen USD bescheiden aus gegen den des verfeindeten
Nachbarlandes. Allerdings schätzen Experten die wahre Zahl eher auf 600 Millionen USD. Hinzu kommt, dass sich
Armenien als Mitglied der von Russland geführten “Collective Security Treaty Organization” (CSTO) zu wesentlich
günstigeren Konditionen als Aserbaidschan mit russischen Waffensystemen ausstatten kann. So bestätigte Armenien im Januar 2011 mittels einer Videoaufnahme, dass es bereits im Besitz des leistungsstarken russischen S-300 Luftabwehrsystems ist. Zudem will Eriwan seine Armee in den nächsten fünf Jahren dank russischer Hilfe mit neuen, präzisionsgesteuerten Raktensystemen ausstatten.
Zunehmend Vorfälle entlang der Waffenstillstandslinie
Die de-facto Autoritäten in Bergkarabach geben an, dass sich die Zahl der Waffenstillstandsverletzungen im Jahr 2010 um 53% im Vergleich zu 2009 gesteigert haben. Sowohl die Intensität als auch die Anzahl der “militärischen Zwischenfälle” steigt an, bestätigt auch die “International Crisis Group” (ICG). ICG verweist darauf, dass die “militärischen Zwischenfälle” besser organisiert und geplant erscheinen als früher. Ein solcher Zwischenfall am
18./19. Juni 2010 resultierte nur Stunden nach schwierigen Vermittlungsgesprächen in St. Petersburg in vier toten armenischen und einem toten aserbaidschanischen Soldaten. Militärstrategische Analysten und die armenische Seite gehen davon aus, dass Baku demonstrieren wollte, dass aserbaidschanische Kommandoeinheiten schnelle und tödliche Schläge ausführen können - insbesondere wenn auf der Verhandlungsebene keine Ergebnisse erzielt werden.
ICG verweist auch darauf, dass mehr hochentwickelte Waffensysteme zum Einsatz gebracht werden: OSZE-Beobachter
bestätigten aserbaidschanische Meldungen, wonach eine armenische 120mm-Artelleriegranate auf aserbaidschanisches Territorium abgefeuert wurde. Aserbaidschan dagegen unternimmt regelmäßige Überflüge der Kontaktlinie mit unbemannten Flugkörpern, um die eigene militärische Aufklärung zu verbessern. 2010 führte Aserbaidschan die
umfassendsten Truppenübungen seiner jungen Geschichte durch. Aber auch Armenien hatte nie ein größeres Manöver
abgehalten als das im letzten Jahr, an dem sich auch die Karabachischen Truppen beteiligten.
Verbal wird schon Krieg geführt
Aserbaidschan erhöhte in den letzten Wochen und Monaten deutlich spürbar den Druck, nicht nur auf Armenien sondern auch auf die OSZE und den Westen. Eine ganze Reihe von aktuellen Kriegsdrohungen des aserbaidschanischen Präsidenten Alijew sowie seiner Regierung sind dokumentiert. Aber auch der armenische Präsident
Sargsyan droht: “Wir werden nicht nur wiederholen, was wir 1992-1994 getan haben, sondern weiter gehen und die Sache ein für alle mal klären.” Richard Giragosyan, Direktor des Armenischen Zentrums für Nationale und Internationale Studien, weist darauf hin, dass gegenwärtig eine direkte Korrelation zwischen zunehmenden
verbalen Kriegsdrohungen und einer gestiegenen Fähigkeit für offensive militärische Aktionen besteht. Dies mache
die aktuelle Situation so gefährlich.
Ein neuer Krieg um Bergkarabach zwischen den beiden hochgerüsteten Kaukasusländern würde nun weit mehr Todesopfer
fordern als der Krieg Anfang der 1990er Jahre. Keine Seite könnte leicht oder schnell gewinnen. Und beide Seiten können mit ihren Waffen die dicht besiedelten Gegenden, die Infrastruktur und die Telekommunikationseinrichtungen des Gegners treffen.
Wie groß ist die Kriegsgefahr wirklich?
Einige Analysten betonen, Baku würde nur rhetorisch mit dem Säbel rasseln aber keinesfalls einen Krieg mit Armenien über Bergkarabach riskieren, da ein solcher Krieg das auf Öl- und Gasexport bzw. –transit
aufgebaute Wirtschaftswachstum gefährden würde. Ein weiterer gewichtiger Faktor der gegen einen Krieg spricht, sind die russischen Sicherheitsgarantien gegenüber Eriwan. Weiterhin müsste die aserbaidschanische
Armee zunächst höhergelegene Positionen erobern. Auch mit massiver aserbaidschanischer Luftunterstützung – die
mit der gegenwärtigen Ausstattung nicht realisiert werden kann - wäre dies ein äußerst verlustreiches Unterfangen.
Die scharfen Töne und die Kriegsrethorik, die zunehmenden Zusammenstöße an der „Kontaktlinie“, das Aufrüsten beider Seiten und der Umstand, dass die Friedensverhandlungen in eine Sackgasse geraten sind, bewirken, dass viele Menschen im Südkaukasus dem Sommer dennoch mit Sorge entgegen sehen. Hinzu kommen auf aserbaidschanischer Seite einige gewichtige innenpolitische Faktoren: 1992 brach der Krieg um Bergkarabac h aus. Aserbaidschanisches
Territorium ist entsprechend seit bald 20 Jahren von armenischen Truppen besetzt. Die Regierung konnte auch viele
andere drängende Probleme des Landes trotz enormer Einnahmen aus dem Öl- und Gasexport nicht lösen. Über Verflechtungen von Politik und Oligarchie, Korruption, Nepotismus und Günstlingswirtschaft, fehlende Medien- und Meinungsfreiheit sowie erhebliche Defizite im Bereich Rechtsstaatlichkeit wird vielfach berichtet.
Zwar bemüht sich die aserbaidschanische Regierung gegenwärtig um Korruptionsbekämpfung; ob die Maßnahmen greifen,
muss sich jedoch erst noch zeigen.
Die Macht von Präsident Ilham Alijew erscheint konsolidiert und die Opposition ist nicht schlagkräftig organisiert. Aber dennoch könnten die aktuellen Umbrüche in der arabischen Welt den innenpolitischen
Druck auf Baku weiter erhöhen. Zwar zeigen sich weite Teile der aserbaidschanischen Bevölkerung politisch inaktiv; es gibt jedoch zunehmend aktive Jugendbewegungen. Am 11. März 2011 fand eine Protestkundgebung gegen die Regierung
und für mehr Demokratie statt, die von den Sicherheitskräften aufgelöst wurde. Die “Grünen Revolutionen” werden auch in Aserbaidschan aufmerksam verfolgt. Zudem erstarken langsam radikale islamistische Strömungen im Land. Eine gezielte Eskalation in Bergkarabach wäre dann mit Sicherheit eine Möglichkeit für die Regierung Alijew, die “Heimatfront” wieder zu schließen.
Auch wenn eine offene Kriegserklärung und der Beginn einer umfassenden militärischen Offensive unwahrscheinlich erscheint: Der Konflikt um Bergkarabach ist gegenwärtig so stark eskaliert, dass schon kleinere Schießereien oder Zwischenfälle die Situation außer Kontrolle geraten lassen und zu einem Aufflammen der Kämpfe führen könnten. Auch Lawrence Sheets von der International Crisis Group fürchtet besonders die Möglichkeit eines “zufälligen
Krieges” und fordert den verstärkten Einsatz von Monitoring-Mechanismen und vertrauensbildenden Maßnahmen. Ihm ist
unbedingt beizupflichten.
Es lässt sich festhalten: Die Europäische Union, die USA und die NATO sollten dem
Bergakarabach-Konfikt und dem Südkaukasus insgesamt schon jetzt sehr viel mehr Aufmerksamkeit zukommenlassen
als bisher. Der Konflikt um Bergkarabach ist an einem Punkt angekommen, an dem es dringend geboten erscheint, sich mit allen möglichen Szenarien auseinander zu setzen. Neben der OSZE ist hier auch die EU gefragt. Sonnst könnte Brüssel einem Krieg in Bergkarabach genauso unvorbereiet gegenüberstehen wie 2008 dem Krieg zwischen der Russischen Föderation und Georgien.