Workshop
Details
Afghanistan hat eine beachtliche pluralistische und multi-linguale Medienlandschaft, Meinungsfreiheit und Debattenkultur im regionalen Vergleich. Die afghanische Medienlandschaft wird als die offenste und freieste Medienlandschaft in Südasien beschrieben. Gleichzeitig zählt das Land aufgrund der prekären Sicherheitslage laut Reporter ohne Grenzen zu den gefährlichsten Ländern weltweit für Journalisten und steht daher im weltweiten Rang der Pressefreiheit auf Platz 121 von 180.
Vor allem weibliche Journalistinnen sind starken beruflichen Hindernissen und Sicherheitsrisiken ausgesetzt, insbesondere wenn sie investigativ oder in den Provinzen in Afghanistan tätig sind. Zudem erfahren sie weiterhin eine starke berufliche Diskriminierung, in der Gesellschaft aber auch seitens ihrer Arbeitgeber.
In finanzieller Hinsicht hat die afghanische Medienlandschaft in den letzten Jahren gelitten. Dutzende Medienagenturen und –plattformen mussten in den letzten zwei Jahren aufgrund finanzieller Engpässe und Finanzierungslücken schließen. Die finanzielle Lage schlägt sich auch auf die Arbeitsbedingungen von afghanischen JournalistInnen nieder. Journalistik-Absolventen haben Schwierigkeiten nach ihrem Abschluss eine Tätigkeit zu finden oder müssen prekäre Arbeitsverträge und -bedingungen eingehen. Gleichzeitig vermittelt ihnen die universitäre Journalistik-Ausbildung keine ausreichenden praktischen, inhaltlich-ethnischen und medienrechtlichen Kenntnisse des Berufsjournalismus. 2019 hat allein die Journalistik-Fakultät der Universität Kabul 110 Absolventen - größtenteils ohne große berufliche Perspektiven - auf den Arbeitsmarkt entlassen.
Unter der finanziellen Anspannung der Medieneinrichtungen sowie der veralteten Ausbildung von Journalisten leiden wiederum die Qualität und ethischen Standards der Medienberichterstattung.
Die Qualitätsstandards der Medienagenturen in Afghanistan variieren sehr stark, sind jedoch überwiegend defizitär. Neben der bemerkenswerten Erfolgsgeschichte des privaten Nachrichtensenders ToloNews, der internationale Qualitätsstandards erreicht und der nationalen, öffentlichen Nachrichtenagentur RTA (Radio Television Afghanistan), die sich seit einem Jahr in einem Erneuerungsprozess befindet, gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Online-, Print, Radio- und TV-Medien mit ganz unterschiedlichen Qualitätsstandards.
Ein Großteil der Medienagenturen und Journalisten halten sich regelmäßig nicht an Mindeststandards bzw. haben auch keine Kenntnisse darüber. Fake News, Copy-Right-Verletzungen und das Verbreiten fremder Artikel ohne Kenntnis der Autoren ist eine weit verbreitete Praxis. Hinzu kommen stereotypische Berichterstattungen über weibliche Protagonistinnen oder ein unsensibler Umgang und Interviews mit Opfern von Gewalt und Anschlägen aufgrund eines mangelnden Bewusstseins seitens der Medienreporter.
Vom 18.-20. Februar 2020 veranstaltete die KAS in Kooperation mit der Pajhwok Medienagentur ein dreitägiges Training für afghanische Nachwuchsjournalistinnen zum Thema „Gender- und Konfliktsensitiver Journalismus“. Teilnehmerinnen waren Journalistik-Absolventinnen verschiedener Universitäten in Kabul.
Ziel des Trainings war es, den (weiblichen) Nachwuchs im Bereich des Berufsjournalismus in Afghanistan zu fördern und ihnen den Berufseinstieg zu erleichtern.
In dem Training sollten die Teilnehmerinnen die Rechten, Pflichten und Verantwortung von Berufsjournalisten sowie Methoden eines Gender- und konfliktsensitiven Journalismus lernen, auch um sich nach ihrem Studium besser am Arbeitsmarkt behaupten zu können.
Die behandelten Themen-Blöcke im Training waren:
- Medienrecht in Afghanistan (u.a. Recht auf Informationszugang)
- Ethische Standards eines Berufsjournalisten
- Journalistische Methoden: Informationsgewinnung, Strukturieren und Schreiben von Reports, Gender- und konfliktsensitive Sprache und Berichterstattung
- Sicherheit und Risikominimierung für Journalisten in Afghanistan (inkl. Informationssicherheit)
- Bewerbungstraining: Erstellen eines professionellen u. ansprechenden Lebenslaufes