Veranstaltungsberichte
Geisa / Rhön, 24.-27.01.2012
Die Schülerinnen und Schüler sind beeindruckt von der neuen Point Alpha Akademie in Geisa. Zwei Schülergruppen aus Zeulenroda/ Thüringen und Fürstenfeldbruck/ Bayern treffen sich an der ehemals innerdeutschen Grenze zu einem Begegnungsseminar. Dabei geht es nicht nur um die Begegnung zwischen den Schulen sondern auch um eine Begegnung mit der jüngeren Geschichte und des Ortes an dem sie sich befinden. So leitete der Tagungsleiter Steffen Hetzschold das Seminar ein und stellte den Teilnehmenden die Akademie und die Arbeit der Konrad Adenauer Stiftung vor. Zuerst stand das persönliche Kennenlernen im Mittelpunkt um ein wenig das Eis zwischen den Teilnehmenden aufzubrechen. Inhaltlich stieg dann Uwe Hillmer in das Thema Deutsche Teilung ein und spannte dabei einen Bogen vom zerstörten Nachkriegsdeutschland bis zum Zusammenbruch der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenze 1989/90. Dabei ging er auf wichtige Ereignisse der deutsch-deutschen Geschichte ein und setzte sie in das Licht der internationalen Zusammenhänge dieser Zeit. So entstand ein kleiner Dialog im Seminar, der von Fragen der Teilnehmenden aber auch von Rückfragen des Referenten geleitet wurde. Am nächsten Tag wurde das Thema fortgesetzt und in die innerdeutschen Beziehungen vertieft. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Funktionsweise der Diktatur in der ehemaligen DDR gelegt und an dieser Stelle auf die Rolle der SED und der Staatssicherheit (MfS) im Besonderen eingegangen. Zum Abschluss dieser Seminareinheit wurde über den Zusammenbruch der DDR und die Stimmung in beiden Teilen Deutschlands gesprochen. Dabei kamen auch aktuelle Diskussionen über die Ursachen und den Umgang mit dem Rechtsextremismus zur Sprache.
Der heutige Umgang mit der DDR-Vergangenheit war das Thema von Hildigund Neubert. Um die heutigen Diskussionen aber zu verstehen muss man sich mit der Funktionsweise und den Verbindungen zwischen der SED und des MfS auseinandersetzen. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen die Arbeitsweise des DDR Regimes und die Rolle der Offiziellen und Inoffiziellen Mitarbeiter des MfS.
Welche Auswirkungen die Arbeit des MfS und anderer staatlicher Organe auf das Leben junger Bürger in der ehemaligen DDR haben kann wurde im Zeitzeugengespräch mit Tom Sello und Doris Liebermann deutlich. Ausgehend vom allgemeinen Umgang des Staates mit jugendlichen Subkulturen und öffentlichem Widerstand gegen das Regime, wurde durch die Erlebnisse von Doris Liebermann ein persönlicher Blick in die Geschichte geworfen. Das Gespräch mit den Teilnehmenden verließ schnell die historische Ebene und fand sich in der persönlichen Lebenssituation von Doris Liebermann wieder, die damals 22 Jahre alt war. Die Bedürfnisse, Fragen und Wünsche zu dieser Zeit wurden durch das persönliche Gespräch greifbar. Dadurch und durch verschiedene Filme und Interviews konnten sich die Teilnehmenden ein lebendiges Bild der damaligen Diktatur in der DDR machen.
Der Bürgermeister von Geisa, Martin Henkel, berichtete den Teilnehmenden am Abend über die Entwicklung der Stadt im Sperrgebiet der ehemaligen DDR und nach der Wiedervereinigung. In einem offenen Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern ging er auf die heutige Situation der Stadt ein und beschrieb die wirtschaftliche, demografische und politische Situation im Ort und seiner Umgebung. Dazu wob der Bürgermeister immer wieder eigene Erlebnisse im Sperrgebiet, zur Wendezeit und nach der Wiedervereinigung mit in das Gespräch ein und gab den Teilnehmenden ein anschauliches Bild über die Entwicklung einer kleinen Stadt an der innerdeutschen Grenze.
Die ehemals innerdeutsche Grenze hatte nicht nur Auswirkungen auf die Menschen sondern auch auf die Natur. Matthias Kirsten erklärte in seinem Vortrag, dass das Sperrgebiet für die Menschen ein Todesstreifen war aber für die Natur ein nahezu unangetasteter Rückzugsraum. Er stellte den Teilnehmenden das Grüne Band mit seinen Gedenkstätten und Naturschutzgebieten vor. Dabei ging er auch auf die Unterschiede im Umweltschutz in der damaligen DDR und heute ein. Am Ende seines Vortrages spannte sich das „Grüne Band Europas“ entlang der Grenzen zwischen den Großmächten des Kalten Krieges und verbindet 29 Nationalparks über den ganzen Kontinent. Auf der gemeinsamen Wanderung erklärte Herr Kirsten an ausgewählten Stellen den Verlauf der Grenzen und die Rückeroberung des Todesstreifens durch die Natur. In der Gedenkstätte Point Alpha sahen die Teilnehmenden die Grenzanlagen aus nächster Nähe und konnten sich ein reales Bild von der ehemaligen innerdeutschen Grenze machen. Hier standen sich die Großmächte gegenüber und machten Point Alpha zum heißesten Punkt im Kalten Krieg in Europa.
Europa und Ökologie standen weiterhin im Zentrum des Seminares als Marc Rauhut die Teilnehmenden in die Institutionen der Europäischen Union und den Ablauf des Planspiels „Das neue Energiezeitalter der EU“ erklärte. Die Schülerinnen und Schüler übernahmen verschiedene Rollen in einer Ratssitzung der EU und diskutierten über die Nutzung verschiedener Energiequellen und die zukünftige Ausrichtung einer gemeinsamen europäischen Energiepolitik. Nach diesem anstrengenden Tag war ein freier Abend mit der Möglichkeit sich einen kurze Dokumentation über die Ereignisse im Jahre 1989 genau das Richtige.
Am letzten Tag stand die gemeinsame Gestaltung der Zukunft im Mittelpunkt. In einem Workshop erarbeiteten die Teilnehmenden, zu für sie wichtigen Zukunftsthemen, Kritikpunkte und Lösungsvorschläge für den praktischen Umgang in der Zukunft. Diese diskutierten sie in Kleingruppen und stellten sie dem Seminar vor. Mit diesem Ausblick endete ein intensives Begegnungsseminar mit vielen neuen Eindrücken für die Schülerinnen und Schüler, die sie mit in ihre Heimatstädte nehmen.