Der jüngst stattgefundene dritte Urnengang, bei dem das tschechische Staatsoberhaupt per Direktwahl von den Bürgern gewählt wurde, hat einige interessante Momente gebracht. Die Wahlbeteiligung im ersten (68,24 %) und zweiten Wahlgang (70,25 %) war die höchste seit Ende der 90. Jahre, wobei Petr Pavel, der Sieger des zweiten Wahlgangs, 3 359 000 Stimmen für sich gewinnen konnte und seinen Konkurrenten Andrej Babiš im Verhältnis 58,3 % zu 41,7 % besiegte und dadurch symbolisch ein äußerst starkes Mandat errang. Der Wahlkampf wiederum war zwar vor der ersten Runde relativ eintönig, hat sich vor der zweiten Runde hingegen emotional enorm verschärft. In dem Maße, dass beide Kandidaten nach einer Serie von Bedrohungen und Falschinformationen zur Beruhigung aufriefen. Aufgrund der Ergebnisse von Meinungsumfragen stand bereits lange im Voraus fest, dass niemand in der ersten Runde den Sieg davontragen würde und dass nur drei Kandidaten eine Chance hätten, die zweite Runde zu erreichen: der Vorsitzende der Bewegung ANO Andrej Babiš, der General a. D. Petr Pavel und die ehemalige Rektorin der Mendel-Universität in Brünn Danuše Nerudová.
Unsere Analyse kann auf dieser Seite in der rechten Spalte heruntergeladen werden. Der Autor ist Vít Hloušek. Der Professor ist Direktor des Internationalen Instituts für Politikwissenschaft an der Masaryk-Universität und widmet sich den Parteien und politischen Systemen in Mittel- und Westeuropa.
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Der neu gewählte Präsident Petr Pavel erklärte, dass er das Amt bürgernah interpretieren wolle.
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Zugleich zeigt Petr Pavel durch sein Auftreten und seine Aussagen die deutlichen Prioritäten der tschechischen Außenpolitik: Aktive Mitgliedschaft in der NATO und keine Anzweiflung der Mitgliedschaft in der Europäischen Union.
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Die raschen Glückwünsche der Staatsoberhäupter der Nachbarländer (z.B. Slowakei, Deutschland, Österreich) sind Signale, dass Pavel von der Umgebung als positiver Beitrag zur außenpolitischen Debatte in Tschechien wahrgenommen wird.
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Über die politischen Ansichten von Petr Pavel ist bis auf die Bereiche Außen- und Sicherheitspolitik im Grunde nichts bekannt. Allein Gespräche und Diskussionen in den Medien dienen als Quelle. Pavel war als Berufssoldat und Militärattaché bisher nicht mit politischen Aussagen in Erscheinung getreten.
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Die Aussagen im Wahlkampf und die ersten Schritte von Petr Pavel nach dem Wahlsieg geben jedenfalls Anlass zur Hoffnung auf einen vernünftigen Präsidenten, der dem Amt nicht nur den erforderlichen Glanz wieder verleiht, sondern die noch dringendere politische und verfassungsrechtliche Demut.
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Mit dem Abgang Miloš Zeman geht definitiv eine wichtige Etappe in der tschechischen Politik zu Ende. Mit Zeman scheidet der letzte große Politiker aus, den die Samtene Revolution im November 1989 hervorgebracht hat.
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Der amtierende Präsident Zeman richtete er mit seinem prorussischen und prochinesischen Kurs Schaden in der tschechischen Außenpolitik an. Den größten Schaden in der politischen Kultur Tschechiens verursachte er jedoch durch seinen Populismus und das Aufgreifen von Themen, die eher typisch für rechtsextreme Formationen sind.
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Der tschechischen Verfassung nach ist das Präsidentenamt nur mit wenigen Machtbefugnissen ausgestattet. Die Verfassungsrealität ist aber komplizierter: Das Präsidentenamt lebt in der Öffentlichkeit von seinem Glanz, steht damit über der normalen Politik steht. Das Amt wirkt mehr in Form einer moralischen Instanz und nicht über eine harte, verfassungsrechtliche Autorität.
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Die Parteien der Regierungskoalition haben drei Kandidaten ihre Unterstützung ausgesprochen: Petr Pavel, Danuše Nerudová und Pavel Fischer. Sie haben keinen Parteikandidaten aufgestellt. Dies lässt sich als taktisches Manöver deuten.
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In der Präsidentschaftswahl haben nur 2 parteipolitische Kandidaten angetreten - Andrej Babiš (ANO) und Jaroslav Bašta (rechtsextreme Partei SPD). Die übrigen Kandidaten waren parteilos. Manche konnten politische Erfahrungen vorweisen, andere wiederum keine.
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Wähler quittieren Kandidaten der etablierten Parteien eher negativ. Die schlechten Ergebnisse der Partei-Kandidaten aus den Jahren 2013 und 2018 stehen dafür als Beleg.