Veranstaltungsberichte
Das Hauptziel dieser Begegnung: der Aufbruch zu einem neuen Forschungsparadigma für den Maghreb in den internationalen Beziehungen – sowohl für die gegenwärtige als auch für die zeitgeschichtliche Analyse dieser Region. Durch seine interdisziplinäre Ausrichtung konnte die Konferenz Brücken zwischen unterschiedlichen Disziplinen (insbesondere Geschichte, Soziologie, Politikwissenschaft) schlagen, zwischen Wissenschaftlern und Praktikern der Diplomatie, zwischen Forschungsgruppen nördlich und südlich des Mittelmeers sowie schließlich auch zwischen der etablierten Universitätsgeneration und Nachwuchswissenschaftlern.
Mehr als 50 Wissenschaftler und Experten stellten ihre Arbeiten vor. Diese widmeten sich diplomatischen Praktiken und ihren Entwicklungen, dem Austausch von Eliten, staatlichen oder privaten Akteuren der Diplomatie sowie den Kräfte- und Bündnisverhältnissen in der Region. Die Vorträge der ersten beiden Tage gliederten sich in sechs Themenfelder: (1) Das Erlangen der Unabhängigkeit, (2) Regionale Organisationen: Instrumente für politische, wirtschaftliche und kulturelle Regelungen, (3) Krisen und territoriale Neugestaltungen, (4) Die Kooperation zwischen dem Maghreb und seinem Umfeld, (5) Neuausrichtung von Normen und die Entwicklung des regionalen und internationalen Systems, (6) Die neuen Akteure.
Die Diskussionen des dritten Tages unterstrichen v. a. die praktische Seite der Forschung sowie die unerlässliche Interaktion zwischen Theorie und Praxis. Zunächst tauschten sich Direktoren tunesischer, algerischer und marokkanischer Archive und Dokumentationszentren darüber aus, auf welche Weise sich diplomatische Dokumente am besten archivieren lassen und wie sie Wissenschaftlern und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können. Das Abschlusspanel bestritten ehemalige Botschafter sowie Vertreter „neuer“ diplomatischer Akteure, wie zum Beispiel NGOs und Stiftungen. die sich einem Thema zuwandten, das die Wissenschaft und die Diplomatie schon seit Jahrzehnten beschäftigt und dessen Vollendung immer noch weit entfernt liegt: die Integration des Maghreb.
In den verschiedenen Vorträgen des Kolloquiums kristallierte sich die Notwendigkeit heraus, die für den Maghreb, der allzu oft marginalisiert wird, angewandten Lesemuster und Analyseinstrumente zu erneuern. Ferner drückten die Teilnehmer ihre Bereitschaft aus, ein multidisziplinäres euro-maghrebinisches Forschungsnetzwerk zu schaffen, um den vom Kolloquium begonnenen Ansatz fortzusetzen. Mit dieser Initiative wird zugleich auf das Bedürfnis zahlreicher politischer Beobachter und Entscheidungsträger reagiert, die versuchen, diese Region, die sich heute so vielen Veränderungen ausgesetzt sieht, besser zu verstehen.