Denn tatsächlich befindet sich dieser Verkehrssektor derzeit in einer tiefen strukturellen Krise, die sich im Laufe der letzten Jahre zunehmend verschärft hat. Ob die Ursachen für die Krise identifiziert und behoben werden können, hängt im hohen Maße davon ab, ob es den verschiedenen relevanten Akteuren in diesem Bereich gelingt, ihre Zusammenarbeit auszubauen. Denn nur ein koordiniertes Vorgehen bei der Erarbeitung und Umsetzung von Reformmaßnahmen kann letztlich dazu führen, die Effizienz des tunesischen Transportwesens zu erhöhen.
Vor dem Hintergrund dieser Annahme waren auf dem Seminar der KAS und des ITES zahlreiche Akteure des Transportsektors zugegen: Repräsentanten der Regierung und von Ministerien, für den Transport verantwortliche Regionalkommissare, Vertreter öffentlicher und privater Transportunternehmen, Experten zu Transportfragen sowie Mitglieder der Zivilgesellschaft. In verschiedenen Wortbeiträgen und gemeinsamen Diskussionen entwarfen sie zunächst ein Bild der gegenwärtigen Situation des öffentlichen Transportwesens in Tunesien und verwiesen dabei auf dessen fünf wesentliche Schwierigkeiten und Herausforderungen: auf die Verschlechterung der Servicequalität, die finanziellen Verluste der Unternehmen, die unkontrollierte Zunahme des informellen Transportes, die zahlreichen Mängel des Straßen- und Schienennetzes sowie auf Energie und Sicherheitsfragen.
So berichtete Philippe Cyrille, Direktor des Tuniser Büros der französischen Entwicklungsinstitution „Agence Française de Développement“ (AFD), wie sich im Transportsektor zu einer nachhaltigen Entwicklung finden lässt und welche Rolle Institutionen wie die AFD bei der Umsetzung, beispielsweise durch technisches Knowhow, finanzielle Unterstützung und durch die Anwendung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien, spielen. Papa Mamadou Fall von der Afrikanischen Entwicklungsbank erläuterte die Leitsätze, die die Afrikanische Entwicklungsbank gegenwärtig bei ihren Aktionen und ihrem Vorgehen in Tunesien befolgt. Er unterstrich die Notwendigkeit einer grundlegenden Reform des dortigen kollektiven Transportwesens.
Nach den Beiträgen der verschiedenen Redner hatten die Seminarteilnehmer bereits die Möglichkeit, über die angesprochenen Themen und Vorschläge zu diskutieren, bevor sie sich anschließend in vier Arbeitsgruppen aufteilten. Ziel dieser Gruppenarbeiten war es, sich auf einzelne Aspekte des öffentlichen Transportwesens in Tunesien zu konzentrieren und Vorschläge zu erarbeiten, wie dieses verbessert und an mögliche künftige Entwicklungen angepasst werden könnte.
Die Ergebnisse der vier Arbeitsgruppen zur Zukunft des öffentlichen Transportwesens in Tunesien haben die wichtigsten derzeitigen Hemmnisse für dessen Entwicklung offenbart. Neben der aktuellen Gesetzeslage besteht hier insbesondere bei den Fragen der Finanzierung großer Handlungsbedarf. Möglichkeiten, darauf zu reagieren, könnten die Einführung entsprechender Steuern, die Schaffung spezieller Fonds oder die Rationalisierung der Transportausgaben sein. Auf der anderen Seite ist es wichtig, den privaten Sektor stärker miteinzubeziehen, da sich der tunesische Staat gegenwärtig in einer Situation befindet, in der er nicht mehr imstande ist, allein die Kosten des Transportwesens schultern zu können. Die Investitionen zur Modernisierung des Transportsektors müssen einerseits dem Personal gelten, dem u. a. eine umfassende Ausbildung zuteilwerden soll, andererseits einer weitgehenden technischen Aufrüstung.
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