Veranstaltungsberichte
Anlass für die Veranstaltung waren aktuelle Entwicklungen in Uganda, die auf Spannungen zwischen zentralen Staatsorganen – vor allem zwischen der Exekutive und der Legislative – hinwiesen. Zwar kam es auch vorher schon vor, dass die Exekutive starken Einfluss auf die Handlungen des Parlaments und anderer Staatsorgane ausübte, doch schien mit dem derzeitigen 9. Parlament eine Veränderung hin zu mehr Eigenständigkeit einzutreten. So gaben die Parlamentarier ihre passive Rolle im Zuge einer kontroversen Debatte über den Umgang mit Ugandas Öl-Reserven erstmalig auf und stellte sich selbstbewusst gegen gewisse Vorschläge der Exekutive. Obwohl der Vorstoß am Ende scheiterte, führten die beiden Institutionen über längere Zeit eine heftige Debatte über den richtigen Umgang mit den ugandischen Ressourcen. Als gegen Ende des Jahres 2012 eine Parlamentarierin unter mysteriösen Umständen zu Tode kam, nachdem sie Mitglieder der Regierung offen kritisiert hatte, erhitzte sich der Konflikt erneut. Im Laufe der darauf folgenden Ermittlungen warf das Parlament der Regierung vor, in den Tod der Parlamentarierin verwickelt zu sein, woraufhin einige Mitglieder der Legislative sich vor der Polizei für ihre Anschuldigungen rechtfertigen mussten. Wieder wurden die Spannungen zwischen Legislative und Exekutive mehr als deutlich.
Doch auch andere Staatsorgane, allen voran die Armee, wurden in die Auseinandersetzung verwickelt, Gerüchte von einem möglichen Militärcoup machten die Runde. Ende des Jahres wurde den Spekulationen neue Nahrung geliefert: Präsident Museveni wurde von der Presse dahingehend zitiert, dass eine Übernahme der Regierung durch das Militär nicht auszuschließen sei, wenn das Parlament nicht „seine Arbeit“ machen würde. Dem folgten weitere Berichte über Aussagen seitens des Chefs des ugandischen Militärs, dass die Armee einen Coup durchführen würde, sollte sie zu der Einsicht gelangen, dass die gewählten Volksvertreter nicht in der Lage seien, die richtigen Entscheidungen für Uganda zu treffen. Da Präsident Museveni eine enge persönliche Beziehung zum Militär unterhält und Kontrolle über die Armee ausübt, wäre ein Militärcoup laut Meinung von Experten allerdings ausschließlich gegen das Parlament gerichtet, nicht aber gegen den Präsidenten selbst.
Obwohl die Debatte weitgehend im Bereich der Spekulationen verlief, hatte sie trotzdem großen Einfluss auf den öffentlichen Diskurs zu Beginn des Jahres 2013 und brachte die Frage der Gewaltenteilung und Rolle der Armee erneut auf die politische Agenda. Anlässlich dieser Entwicklung versammelten MUC und KAS Experten aus Politik und Wissenschaft: Neben den Politologen und Professoren Yasin Olum und Aaron Mukwaya von der Makerere Universität waren auch der ehemalige Kommandant der Armee und derzeitige Vorsitzende von Ugandas größter Oppositionspartei, dem Forum for Democratic Change (FDC), Major General Mugisha Muntu und die Parlamentarierin Naggayyi Nabillah Ssempala vertreten.
Professor Olum machte den Auftakt und blickte in seinem Vortrag zurück auf eine „Geschichte politischer Unruhen und des Niedergangs“, die sich in Uganda über zwei Jahrzehnte nach der Unabhängigkeit des Landes hinzogen habe. Im Zuge dieser Entwicklungen seien die meisten Staatsorgane verkümmert, was zur Entwicklung eines Systems geführt habe, das er als „hybriden Präsidentialismus und Parlamentrarismus“ beschrieb. Der aktuelle Konflikt zwischen den verschiedenen Regierungsorangen sei, so Olum, in gewissem Sinne eine Auswirkung dieses hybriden Systems. Olum warf einigen Staatsorganen – unter ihnen dem Militär – vor, parteiisch zu agieren und hob hervor wie wichtig es sei starke Institutionen aufzubauen, die nicht nur die Interessen des Regimes, sondern aller Ugander vertreten. Dies unterstrich auch Aaron Mukwaya, der zudem befürchtete, dass die Parteilichkeit gewisser Staatsorgane deren Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung in hohem Maße und irreversibel beschädigt hätten.
Die Aussagen des Oppositionsführers und ehemaligen Armeechefs Mugisha Muntu wurden von vielen Anwesenden mit Spannung erwartet, zumal die Spekulationen über einen möglichen Militärcoup die Diskussion in weiten Teilen dominierten. Muntu negierte die Möglichkeit eines Coups, da dies eine große Gefahr nicht nur für den Frieden in Uganda allgemein, sondern auch für die Armee selbst darstelle. Er betonte, dass es keine Rechtfertigung für eine gewaltsame Regierungsübernahme durch das Militär gebe und bekräftigte die Forderung nach starken Staatsorganen und Institutionen sowie klaren und eindeutigen Mandaten – nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch innerhalb der einzelnen Parteien.
Insgesamt war die Debatte ein gelungener Versuch, zur Information und Reflexion über Gewaltenteilung und somit zur Konsolidierung der Demokratie in Uganda aktiv beizutragen. Sie zeigte, dass starke und glaubhafte Staatsorgane eine zentrale Säule von Demokratie und guter Regierungsführung sind und politische Räume wie klare Mandate benötigen, um ihre Aufgaben effektiv erfüllen zu können.