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Veranstaltungsberichte

Workshop für weibliche Politiker auf District- und Subcounty-Ebene in Pallisa

von Maike Messerschmidt
In Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Uganda hat die ugandische Frauenrechtsorganisation Action for Development (ACFODE) einen erfolgreichen Workshop in Pallisa veranstaltet. Der Workshop fand statt zwischen dem 11. und dem 13. März und hatte das Ziel, die Teilnehmerinnen, die allesamt weibliche Mitglieder lokaler Parlamente sind, mit dem nötigen Handwerkszeug und dem Selbstvertrauen auszurüsten, um die Interessen ihrer Wähler allgemein und die der Frauen in ihren Wahlkreisen im Besonderen erfolgreich zu vertreten.

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Der Workshop brachte 30 Politikerinnen aus den Subcounties Butebo and Kasogo, die auf der Distrikt- und Subcounty-Ebene in lokale Parlamente (Councils) gewählt wurden, mit dem Ziel zusammen, ihre Position innerhalb der lokalen politischen Institutionen zu verbessern. Um dies zu erreichen war der Inhalt des Workshops darauf ausgerichtet, die Frauen über ihre Rolle als Council-Mitglieder und ihre Rechte und Pflichten aufzuklären und somit auch ihre Position innerhalb der Councils und ihr Selbstvertrauen zu stärken.

Hintergrund des Workshops ist die ugandische „Affirmative Action Policy“, die sich mit dem geschützten Zugang gesellschaftlicher Gruppen – wie eben Frauen, aber auch Jugend oder Menschen mit Behinderung – zu politischen Institutionen befasst. Bezüglich der Repräsentation von Frauen auf der lokalen Ebene legt die Verfassung aus dem Jahr 1995 fest, dass jedes Subcounty mindestens eine weibliche Vertreterin im Distrikt-Council haben muss, während der Local Government Act aus dem Jahr 1997 ein Drittel der Sitze in Councils auf allen lokalen Ebenen für Frauen reserviert.

Die Notwendigkeit dieses geschützten und rechtlich vorgeschriebenen Zugangs zu den Councils für Frauen – der übrigens auch für das ugandische Parlament gilt – ergibt sich aus der Stellung der Frauen in der ugandischen Gesellschaft, die ihre Stellung in allen Lebensbereichen erschwert. Vor allem – aber nicht ausschließlich – in ländlichen Gegenden haben Frauen bis heute de facto nicht annähernd die gleichen Chancen und Rechte wie Männer, obwohl diese de jure verankert und festgelegt sind. Diese Ungleichheit schlägt sich unter anderem darin nieder, dass Frauen oft von ihrer frühesten Kindheit benachteiligt werden was den Zugang zu Bildung und auch zu politischen Institutionen angeht. Mädchen werden dahingehend erzogen, sich vorrangig um ihre „traditionellen Pflichten“ im Haushalt und der Familie zu kümmern, während politische Bestrebungen und Interessen häufig nicht nur nicht gefördert, sondern sogar im Keim erstickt werden. Die Gender-Rolle, in die ein Großteil der Mädchen und Frauen dadurch sozialisiert werden, bereitet sie dementsprechend nicht darauf vor, politische Ämter zu übernehmen oder sich für Interessen, seien es die eigenen oder die Anderer, aktiv einzusetzen. Daran ändern leider auch die oben erwähnten Gesetze und Regelungen nichts. Diese haben zwar dazu beigetragen, dass der Frauenanteil auf allen politischen Ebenen signifikant erhöht wurde, was den Frauen theoretisch die Möglichkeit bietet, sich für die Bedürfnisse der Frauen einzusetzen und so ihre Situation nach und nach zu verbessern, allerdings treffen Frauen in lokalen Councils immer noch auf große Hürden, die praktisch ihre Arbeit erschweren oder sogar unmöglich machen.

Einige dieser Hürden auf Seiten der weiblichen Politiker sind zum Beispiel die Unkenntnis der formellen Regeln und Abläufe im Council und des rechtlichen Rahmens zur lokalen Politik, oder mangelnde Englischkenntnisse – häufig hervorgebracht durch mangelnde Bildung – was problematisch ist, da alle Sitzungsprotokolle und Planungsdokumente in englisch verfasst sind. Diese Wissenslücken machen es einfach, die Positionen der weiblichen Council-Mitglieder zu untergraben, sie vom Entscheidungsfindungsprozess auszuschließen, oder sie während der Council-Sitzungen einzuschüchtern. Hinzu kommt, dass viele der weiblichen Politikerinnen nicht daran gewöhnt sind, Reden zu halten oder sich allgemein in der Öffentlichkeit zu äußern, eine klare Argumentationslinie zu finden, oder sich für ihre Interessen und die Erfüllung ihrer Bedürfnisse einzusetzen. Schließlich werden weibliche Council-Mitglieder in der Öffentlichkeit und von ihren männlichen Kollegen häufig als Quotenfrauen angesehen, die eigentlich gar nicht das Recht haben, im Council zu sitzen und so Männern die Sitze wegnehmen. Dies hat starke Auswirkungen auf ihre Glaubwürdigkeit und Legitimität und erschwert die Möglichkeit zur Kooperation innerhalb des Councils.

Der Workshop wurde durchgeführt, um einige dieser Probleme zu beheben und somit die Position der weiblichen Council-Mitglieder zu verbessern. Neben Sitzungen zu Themen wie Reden in der Öffentlichkeit, den Regeln und Abläufen von Council-Sitzungen, dem rechtlichen Rahmen der lokalen politischen Institutionen und dem Sinn und Zweck von Ausschüssen, wurde den weiblichen Politikerinnen auch häufig die Möglichkeit geboten, sich über bisherige Herausforderungen, Erfahrungen und Erfolge auszutauschen. Besonders Erzählungen darüber, wie es einzelnen Teilnehmerinnen gelang, die Situation in ihren jeweiligen Dörfern zum Beispiel im Bereich Gesundheit oder Bildung zu verbessern wurden von den Anderen interessiert angehört und als ermutigend aufgefasst. Die Frauen wurden dazu aufgefordert, darüber nachzudenken welche Qualitäten und Fähigkeiten es ihnen ermöglicht hatten, die Interessen der Menschen in ihrem Wahlkreis erfolgreich zu vertreten und ihre Erfahrung damit, wie man am besten ein gestecktes Ziel erreicht, mit den weniger erfahrenen Council-Mitgliedern zu teilen.

Außerdem erzählten einige der Teilnehmerinnen von Situationen, mit denen sie im Augenblick in ihrem Wahlkreis zu tun hatten. Da der Workshop ein Umfeld darstellte, in dem die Frauen offen reden konnten, kam es zu Erzählungen über Vorfälle von häuslicher Gewalt, Vergewaltigungen junger Mädchen, und Eltern, die nicht daran interessiert waren, die Vergewaltigung ihrer Töchter anzuzeigen – sei es, weil sie den Dorffrieden nicht gefährden wollten, oder weil es am einfachsten schien, die Tochter mit ihrem Vergewaltiger zu verheiraten. Obwohl es mit Sicherheit eine lange Zeit dauern wird, bis die Politikerinnen die Situation von Frauen und Mädchen in ihren jeweiligen Subcounties tatsächlich nachhaltig verbessern können, hat der Workshop sie dazu ermutigt, sich für die Interessen der Menschen in ihren Wahlkreisen einzusetzen und auch nicht davor zurück zu schrecken, sich komplizierten Situationen, wie beispielsweise den oben erwähnten, anzunehmen. Zusätzlich haben andere Teilnehmerinnen und die Workshopleiterinnen wertvolle praktische Vorschläge gemacht, wie selbst schwierige oder ausweglos erscheinende Situationen erleichtert werden können.

Durch Gruppenarbeiten und Rollenspiele wurden die Teilnehmerinnen darauf vorbereitet, zurück in ihre jeweiligen Councils und Wahlkreise zu gehen und ihr neu erworbenes Wissen dazu anzuwenden, die Situation vor Ort für alle Beteiligten zu verbessern.

Ein weiteres Ziel des Workshops war es, parteiübergreifende Frauenausschüsse zu bilden, die einzig und allein das Ziel haben sollten, die Bedürfnisse von Mädchen und Frauen zu bündeln, zu kommunizieren und zu erfüllen und sich für Gendergleichheit in den Subcounties einzusetzen. Richtig eingesetzt haben diese Ausschüsse das Potential, das Ansehen und die Position weiblicher Council-Mitglieder zu verbessern, indem eine starke Gruppe von Frauen entsteht, die zusammen arbeiten und sich gegenseitig unterstützen.

Letzten Endes waren es auch das starke Interesse und das Engagement der Teilnehmerinnen, sowie die Hingabe und das wertvolle Wissen der Workshopleiterinnen, die den Workshop zu einem Erfolg werden ließen. Obwohl es auf den ersten Blick nicht den Eindruck erwecken mag, als würde ein Workshop für weibliche Politikerinnen auf der nationalen Ebene einen großen Unterschied machen, hat er auf jeden Fall dazu beigetragen, dass die Teilnehmerinnen ihre Fähigkeiten aus- und ihr Selbstvertrauen aufbauen konnten – und dadurch letzten Endes dazu beitragen können, dass gute Regierungsführung, Gendergleichstellung und Demokratie auf der lokalen Ebene gestärkt werden.

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