In einem ersten Impulsreferat machte Generalmajor Jürgen Setzer, Chief Information Security Officer der Bundeswehr (CISOBw), deutlich, dass die Digitalisierung zwar enorme Potentiale für Wirtschaft und Gesellschaft bietet, hierdurch aber die Verletzlichkeit von offenen, demokratischen Gesellschaften erheblich zunimmt. Cyber-Angriffe und Fake News-Kampagnen sind gewissermaßen Alltag geworden.
Mit der Schaffung des Organisationsbereichs Cyber- und Informationsraum (CIR) habe die Bundeswehr frühzeitig auf diese Bedrohungen reagiert und die Grundlage für den Aufbau entsprechender Fähigkeiten gelegt. Jedoch können solche hybriden Bedrohungen nur gesamtstaatlich und gesamtgesellschaftlich, national wie international gemeistert werden. Das CIR beteiligt sich daher auch am nationalen Cyber-Abwehrzentrum in Deutschland, ebenso bestehen Ansätze zur internationalen Vernetzung, auch über EU und NATO hinaus. Das Thema Cyber-Sicherheit ist insgesamt betrachtet zwar in Politik und Gesellschaft angekommen, in der öffentlichen Diskussion werden jedoch die Fragen, wie auf die Bedrohungen im Cyber- und Informationsraum reagiert werden sollte und wie Resilienz aufgebaut werden könnte, vielfach ausgeblendet.
Ammar Alkassar, Bevollmächtigter für Innovation und Strategie und Chief Information Officer (CIO) der Regierung des Saarlandes, ergänzte diese Ausführungen in seinem Impulsreferat durch vier Thesen, die die Bedeutung der Sicherheit im Cyber- und Informationsraum für Wirtschaft und Gesellschaft eindringlich vor Augen führten.
Erstens wird die Cyber-Sicherheit zunehmend zu einem wesentlichen Parameter für geopolitische Konflikte. Gerade im Hinblick auf kritische Infrastrukturen werden Fähigkeiten zur Cyber-Abwehr und zu Cyber-Aktivitäten daher immer wichtiger für die Volkswirtschaften der Welt. Zweitens sei noch kein klarer Entwicklungstrend im Bereich dieser Bedrohungen absehbar und insofern auch technologisch noch nicht entschieden, so existieren beispielsweise noch keine Standardwerkzeuge in der Cyber-Abwehr. Drittens sei bereits erkennbar, dass der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zum Game Changer im Bereich der Cyber-Sicherheit wird. Die besseren KI-Systeme entscheiden hier über Erfolg oder Niederlage eines Cyber-Angriffs.
Entsprechende Fähigkeiten zur aktiven Cyber-Abwehr werden in Zukunft kriegsentscheidend sein. Auf diesem Gebiet müssen allerdings gesellschaftspolitisch und ethisch relevante Fragen noch diskutiert und geklärt werden. Mit Blick auf die Frage der nationalen Souveränität ist es dringend geboten, mit dem Aufbau entsprechender technischer Fähigkeiten zu beginnen, um am Ende nicht von anderen abhängig zu werden, die diese Wertfragen anders definieren. Zu spät sei es hierfür noch nicht, ermutigte Ammar Alkassar, der Trend der Digitalisierung werde noch an Fahrt aufnehmen.
Die anschließende Diskussion führte diese Gedanken fort und beschäftigte sich sowohl mit dem Thema der Cyber-Sicherheit im Bündniskontext als auch auf nationaler Ebene. Dabei wurde klar bestätigt, dass die Bedrohung für Deutschland durch narrative Angriffe real ist. Eine offene Gesellschaft muss sich ihrem Wertefundament entsprechend diesen Bedrohungen stellen und die geeigneten Institutionen aufbauen.
Ein weiteres Online-Seminar der gemeinsam von der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Universität der Bundeswehr München durchgeführten Reihe "Kommunikation, Resilienz und Sicherheit" wird am 6. August 2020 thematisch an diese Diskussion anschließen. Dr. Markus Kerber, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, spricht in einem Impulsreferat zum Thema "Abwehr ausländischer Einflussnahme – Kommunikation im Bereich der Inneren Sicherheit".