Veranstaltungsberichte
Insgesamt nahmen über 120 Teilnehmer an der Veranstaltung in Budapest im ungarischen Parlamentsgebäude teil. Thema der Veranstaltung war das am 4. November 1991 von der Ungarischen Nationalversammlung verabschiedete Gerechtigkeitsgesetz („Unrechtsbereinigungsgesetz“) und die Rehabilitierungsgesetze als deutsches Pendant. Alle Gesetze haben neben der Verfolgung der Täter, auch die Entschädigung der Opfer des Kommunismus zum Ziel. Die Konferenz hat daran erinnert, wie es zu den Gesetzen kam, welche Schwerpunkte diese setzten und worin die Schwierigkeiten bei der Verabschiedung bestanden. Die Leitfrage der Veranstaltung war demnach, was ist seitdem in Deutschland und Ungarn passiert?
Frank Spengler, Leiter des Auslandsbüros Ungarn der Konrad-Adenauer-Stiftung, eröffnete die Veranstaltung zusammen mit Réka Földváryné Kiss, Vorsitzende des Nationalen Gedenkkomitees. Gergely Gulyás, Vizepräsident der Ungarischen Nationalversammlung und Stellv. Fraktionsvorsitzender von Fidesz, erinnerte in seiner Eröffnungsrede daran, dass vor 25 Jah-ren der erste ungarische Entwurf eines solchen Gesetzes vom Verfassungsgericht abgelehnt wurde. Der damalige Staatspräsident, Göncz Árpád, hätte einen negativen Einfluss hinsicht-lich der verantwortlichen Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit gehabt, weil er das Gesetz nicht unterschrieb.
Für Imre Kónya, ehemaliger Innenminister der Antall-Regierung, war es wichtig, die Gesetzeslage aufzuzeigen, unter der die Menschen im Kommunismus gelitten hätten. Deshalb wäre es unerlässlich gewesen, einen Rechtsrahmen zu schaffen, der Verbrechen seitens des kommunistischen Regimes nicht ungestraft ließe. Zusammenhänge aufzuzeigen, gehöre zu unseren Aufgaben, wenn wir gehört werden wollten.
Dass „die Überlebenden leben können“ so fasste Christian Dietrich, Landesbeauftragter des Freistaats Thüringen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, den Grundgedanken des SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes zusammen. Dietrich erörterte den Anspruch und die Wiedergutmachungsleistungen für Opfer des SED-Regimes. Neben einer Wiedergutmachung für Gesundheits- oder Vermögensschäden sei es ebenfalls möglich, eine berufliche Rehabilitierung zu beantragen. Auch Schüler hätten unter bestimmten Kriterien, wie zum Beispiel eines zu Unrecht erlittenen Freiheitsentzugs, der zum Ausschluss aus einem Gymnasium führte, Anspruch auf Wiedergutmachung.
Zsolt Zétényi, ehemaliger Abgeordneter der Ungarischen Nationalversammlung, sprach über das ungarische Verjährungsgesetz. Ziel dabei war es, dass die Verbrechen der kommunistischen Herrschaft nicht verjähren würden. Dieses Gesetz sei aber leider vom ungarischen Verfassungsgericht topediert worden. Ein „Gesetz über das Ruhen der Verjährung bei SED-Unrechtstaten“ wurde 1993 in Deutschland hingegen ohne Probleme verabschiedet. Erst im Jahre 2011 konnte diese Rechtsnorm in die neue ungarische Verfassung aufgenommen wer-den.
Prof. Dr. Manfred Wilke aus Berlin skizzierte die Grundvoraussetzungen für die deutsche Wiedervereinigung und betonte, den großen Anteil der Ungarn an dieser Entwicklung. Die Pflege der Erinnerungskultur sei besonders wichtig, damit sich die Diktaturgeschichten nicht vermengten. Ein Mahnmal gegen das Vergessen sei schließlich abhängig von den Zeitläufen und Generationen.
Darauf aufbauend äußerte sich der ehemalige ungarische Richter Frigyes Kahler, wie folgt, „am Anfang stehe das Forschen, aber danach müssen Historiker das Erforschte verständlich aufarbeiten”. Es sei einer der wichtigsten Aufgaben den Menschen mitzuteilen, wie der Kommunismus funktioniert habe. Es dürfe keine Unterscheidung zwischen den Terrorregimen des Nationalsozialismus und dem des Kommunismus geben.
Rechtsanwalt Dávid Sobor sprach über die „Bestimmungen der symbolischen Unrechtsbereinigung“ und illustrierte an verschiedenen Beispielen, dass Gedächtnisorte- und Tage eine wichtige Rolle bei der Wiedergewinnung der Freiheit spielten. Die Umbenennung von Straßen- oder Institutionen sei notwendig und würde mit Hilfe der Akademie der Wissenschaften umgesetzt.
Die Gesamte Veranstaltung trug dazu bei, Wissen über die Geschichte des kommunistischen Regimes und deren Verbindung in Europa zu vermitteln. Es wurde herausgestellt, dass soziale Verantwortung gegenüber den Opfern des Kommunismus auch 28 Jahre nach dem Mauerfall ein wichtiger Grundstein für eine gemeinsame europäische Erinnerungskultur sei.