Veranstaltungsberichte
Nach einleitenden Worten durch Prof. Dr. András Masát (Rektor der AUB) und Frank Spengler (Leiter des Auslandsbüros Ungarn der KAS) stellte Prof. Dr. Schimmelfennig, der Inhaber der Professur für Europäische Politik im Departement für Geistes-, Sozial und Staatswissenschaften an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, seine Forschungsergebnisse vor. Er erläuterte, dass nach funktionalistischen Annahmen eine Krise der Europäischen Union letztendlich zu einer vertieften Integration derselben führe. Staaten würden als Reaktion auf eine Krise den Weg nach vorne suchen, da eine Rückentwicklung noch kostspieliger sei, als eine erweiterte Zusammenarbeit. Jedoch, argumentierte Schimmelfennig, würden postfunktionalistische Ansätze eben diese Theorie konterkarieren.
Die Euro-Krise habe ihrerseits zu einer supranationalen Verständigung und schließlich Einigkeit geführt. Die Migrationskrise andererseits habe zwar die Stärkung stabilisierender Institutionen wie Frontex zur Folge gehabt, aber einen tiefgreifenden innereuropäischen Zwist provoziert. Dabei ergebe ein Vergleich, dass beide Krisen die EU als externe Schocks erschüttert hätten und somit im Wesen einander ähnelten. Die US-Hypothekenkrise habe zur Euro-Krise, Bürgerkriege im Nahen Osten zu der Flüchtlingskrise geführt. Beide Krisen hätten ein europäisches Regimeversagen zur Folge gehabt, ferner die Staaten dazu gebracht, ihre eigenen Regeln zu missachten.
Der Grund für die unterschiedlichen Ergebnisse liege darin, dass auf die Politisierung, die jede der Krisen provoziert hätte, jeweils unterschiedliche Reaktionsmöglichkeiten den einzelnen Akteuren offen standen. Die Euro-Krise basierte auf Verwundbarkeit einzelner Staaten. Gegen die Folgen der Hypothekenkrise hätten die Nationalstaaten alleine nichts ausrichten können, daher seien supranationale Einigungen zur Haushaltsdisziplin und zu Rettungsmechanismen notwendig gewesen. Die Flüchtlingskrise basierte jedoch „nur“ auf Empfindlichkeit. Die Nationalstaaten hätten mit dem vergleichsweise „schwachen“ Faktor, den Migranten, zu einem großen Teil alleine verfahren können. Somit sei als Folge der Migrationskrise Disput zwischen den Staaten der EU entstanden, die aufgrund fehlender Notwendigkeit einen supranationalen Kompromiss mieden.
Letztlich müsse sich die EU weiter vorbereiten auf Bewährungsproben wie die der Flüchtlingskrise. Da die Integration nie fertig gestellt würde, könne die EU nicht als ein Staat reagieren, doch der supranationale Schulterschluss und die Einrichtung effektiver Institutionen könnten eine verstärkte Desintegration verhindern.