Während es im Oktober 1956 auf den Straßen von Budapest zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen der ungarischen Bevölkerung und den sowjetischen Besatzern kommt, bereiten sich die Schülerinnen und Schüler der Oberschule in Stalinstadt (DDR) gerade auf ihre anstehenden Abiturprüfungungen vor. Als sie jedoch durch westliche Medien von den Ereignissen in Ungarn hören, entscheiden sie sich dazu, eine Schweigeminute während des Unterrichts durchzuführen. Die Aktion ist dabei zwar durchaus als Ausdruck des politischen Protests gegen die Vorgehensweise der Sowjetunion in Ungarn zu verstehen, allerdings ahnen die Abiturienten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, welche persönlichen Konsequenzen damit einhergehen werden. Die Schweigeminute zieht nicht nur den Unmut der Schulleitung auf sich, sondern wird von Teilen der Regierung als konterrevolutionäre Tat verstanden und geahndet. Die Schülerinnen und Schüler halten zusammen, weigern sich einander zu verraten und werden letztendlich allesamt vom Abitur in der gesamten DDR ausgeschlossen.
Das Filmdrama des Regisseurs Lars Kraume aus dem Jahr 2018 zeigt das individuelle Ringen der einzelnen Schülerinnen und Schüler mit sich selbst, den Eltern und der politischen Führung sowie das ständige Abwägen zwischen persönlicher und beruflicher Zukunft und dem eigenen moralischen Gewissen. Es ist eine emotionale und persönliche Auseinandersetzung mit den damaligen Geschehnissen in der DDR, die nicht nur von der Solidarität einer Schulklasse mit den aufständischen Ungarn handelt, sondern auch von deren Zusammenhalt und Mut. Der Film zeigt wie wichtig es ist, trotz aller politischer und gesellschaftlicher Widrigkeiten für seine eigenen Überzeugungen einzutreten und diese auch angesichts drohender Konsequenzen nicht zu verleugnen.
Beide Schulvorführungen des Films wurden vom Zeitzeugen und ehemaligen Klassensprecher Karsten Köhler begleitet, der Ungarn nun bereits das vierte Mal auf Einladung der KAS und des NEB besuchte. Dieser stellte sich im Anschluss den Fragen der interessierten Schülerinnen und Schüler und berichtete von seinen persönlichen Erfahrungen und den tiefgreifenden Konsequenzen der damaligen Geschehnisse. Wie die meisten seiner Klassenkameraden floh er im Anschluss an die im Film geschilderten Ereignisse nach Westdeutschland, sodass er dem Publikum interessante und emotionale Einblicke in eine Zeit geben konnte, die für viele heutige Generationen bereits weit zurückliegt.
Für Köhler, der nun bereits bei über 70 Filmvorführungen mitwirkte, war es die neunte Veranstaltung vor Jugendlichen in Ungarn. Er betonte jedoch, wie wichtig es sei, den Film auch weiterhin vor jungen Menschen zu zeigen und mit diesen ins Gespräch zu kommen. Nur so könne eine nachhaltige Wirkung entfaltet werden. Auch Ádám Dergán, stellvertretender Generalsekretär des NEB und Frank Spengler, Leiter des Auslandsbüros der KAS in Ungarn betonten die politische Dimension des Dramas. Freiheit als zentrales Leitmotiv des Films müsse auch heute immer wieder neu verteidigt und eingefordert werden – insbesondere von den jüngeren Generationen. Spengler wies zudem darauf hin, dass der Wert der Freiheit die deutsche und ungarische Geschichte in besonderem Maße miteinander verbinde und die Sehnsucht danach die Ereignisse in der Wendezeit entscheidend beinflusst habe. Insofern waren die Schulvorführungen in Dunaharaszti und Budapest wohl nicht die letzten dieser Art in Ungarn.