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Veranstaltungsberichte

Jubiläumsfeier anlässlich des 30. Jahrestages des Deutsch-Ungarischen Freundschaftsvertrags

von Jonah Gadsby
Am 14. Februar 2022 im Ungarischen Nationalmuseum fand die Jubiläumsveranstaltung anlässlich des 30. Jahrestages der Unterschreibung des Deutsch-Ungarischen Freundschaftsvertrags statt, die von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Mathias Corvinus Collegium (MCC) und der Stiftung für ein Bürgerliches Ungarn organisiert wurde.

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Die Konrad-Adenauer-Stiftung zusammen mit dem Deutsch-Ungarischen Institut für Europäische Zusammenarbeit am Mathias Corvinus Collegium und der Stiftung für ein Bürgerliches Ungarn, sowie mit der Unterstützung von der Deutsch-Ungarischer Industrie- und Handelskammer (DUIHK), des Deutschen Wirtschaftsklubs Ungarn (DWC) und der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen (LdU) organisierte eine feierliche Veranstaltung zum 30. Jubiläum des Deutsch-Ungarischen Freundschaftsvertrags, welches am 6. Februar 1992 in Budapest vom Bundeskanzler Helmut Kohl, ungarischer Ministerpräsident József Antall, sowie den jeweiligen Außenministern der zwei Ländern unterzeichnet wurde. Die Veranstaltung fand am Deutsch und Ungarisch statt, mit synchroner Übersetzung in beide Sprachen.

„Europa ohne Ungarn wäre ein Torso; Ungarn braucht auch Europa, aber Europa braucht auch Ungarn“ – so formulierte es Helmut Kohl bei der Unterzeichnung des Deutsch-Ungarischen Freundschaftsvertrages. Schon in mancher Rede bei mancher Jubiläumsveranstaltung ist der Satz gefallen worden, dafür hat er aber nichts an der Aussagekraft und Aktualität verloren, mit der er vor 30 Jahren in die Welt gesetzt wurde. Die geistliche Erbe Helmut Kohls – seine Vision für das Zusammenleben der europäischen Völker und die Fortentwicklung der gemeinsamen politischen Strukturen auf dem Kontinent – kam in allen Reden zum Ausdruck und stand Testament zum tiefen Zusammenwachsen der politischen Kultur in Deutschland und Ungarn seit der Wende. Daher war es dieser Tradition passend, dass Dr. Zoltán Szalai, Historiker und Direktor des Mathias Corvinus Collegiums, seine Eröffnungsrede mit jener bekannten Formel anfing.

In seiner Rede erinnerte Szalai am ungarischen Beitrag zur Wiedervereinigung Deutschlands. „Andere fürchteten das wiedervereinigte Deutschland, selbst viele Deutsch; wir allerdings in Ungarn haben nichts zu befürchten gehabt,“ erinnerte der Historiker. In einer kurzen Bilanzziehung unterstrich er den positiven Verlauf der deutsch-ungarischen Beziehungen seit 1992, der sich in den über 400 Städtepartnerschaften, in den tiefen Wirtschaftsbeziehungen, und im ungarischen EU-Beitritt 2004 zeige. Trotz einigen Spannungen unterstrich Dr. Szalai die fortandauernde Wichtigkeit des Dialogs zwischen den Ländern durch die Entstehung neuer Foren, und betonte in diesem Zusammenhang die Rolle, welche die nach 1990 geborenen Generationen zu spielen habe.

Weiterhin sprach Szalai über die Bedeutung des Vertrags für seinen eigenen Werdegang; er habe an einem zweisprachigen Gymnasium studiert, welche nach den Bestimmungen des Vertrages gefördert wurde, und die ihm ermöglicht habe, in Deutschland zu studieren und einem wissenschaftlichen Berufsweg zu schlagen. In einem trefflichen Satz brachte der Historiker dies auf den Punkt: „die Art von Wissen, die ich mir angehäuft habe und mit der ich das Schicksal des Mathias Corvinus Collegiums gestalte, hängt in hohem Massen mit dem Freundschaftsvertrag zusammen und mit der Tradition der beiden Völker zusammen.“

Die nächste Festrede hielte Michael Winzer, Leiter des Auslandsbüros der KAS in Ungarn. In seinen Anmerkungen ging Herr Winzer oft auf den besonderen Charakter der deutsch-ungarischen Freundschaft ein: die Pflege der Beziehungen zu Ungarn, wie er aus seiner Tätigkeit als KAS-Repräsentant merke, sei für viele deutsche Politiker eine Herzensangelegenheit, die in einer tiefen persönlichen Verbundenheit zum Land und Leute wurzele. Wie sein Vorredner erinnerte Herr Winzer an den Worten Helmut Kohls, dass Verträge Papier seien, welche vor der Geschichte erst Wirklichkeit haben, wenn sie mit Leben erfüllt werden. Bezüglich des Deutsch-Ungarischen Vertrags hielt Winzer dies für gelungen; „Man sieht wie viele Facetten die deutsch-ungarische Freundschaft hat, in wie vielen Bereichen Institutionen aktiv sind, in wie vielen Bereichen Menschen engagiert sind,“ sagte Winzer, „Helmut Kohl wäre froh, wenn er heute sehen würde, dass der Vertrag nicht nur Papier ist, sondern in der Tat mit viel, viel Leben ausgefüllt wurde.“

Zunächst betrat Johannes Haindl, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Ungarn, das Podium als Redner. In prägnanten Sätzen schilderte Haindl die thematische Breite der deutsch-ungarischen Zusammenarbeit, erinnernd daran, dass die gemeinsamen Werte, welche im Lissabonner Vertrag festgelegt sind, die Grundlage dafür darstellen. In Betracht auf der gemeinsamen Geschichte, insbesondere deren jüngeren Momenten wie der Grenzdurchbruch bei Sopron, mit dem der erste Riss im eisernen Vorhang geöffnet wurde, sagte Haindl; „Wir Deutsche sind – und werden es immer bleiben – zutiefst dankbar für den Beitrag, den Ungarn für die deutsche Einheit und das Zusammenwachsen Europas geleistet hat.“

Die darauffolgende Rede hielte Barbara Zollmann, Geschäftsführerder Vorstand der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer. Den inhaltlichen Schwerpunkt ihrer Rede legte Frau Zollmann auf Wirtschaftsbeziehungen. Es kann an keinem – vor allem nicht einem Publikum, zu dem viele Vertretern der deutschen Wirtschaft zählten – vorbeigegangen sein, dass diese in den letzten 30 Jahren; dass die deutsche Industrie das Potenzial Ungarns als Standort richtig zu nutzen erkannt hat. Einen klareren Sinn für die Tiefe dieser wirtschaftlichen Transformation zu vermitteln, ist es Frau Zollmann in ihrer sehr detaillierten Rede gelungen. „Die Beziehung zwischen den beiden Ländern steht auf einem soliden Fundament, nicht nur in wirtschaftlichen, sondern in anderen Bereichen,“ so die Bilanz der Industrievertreterin.

Nach Frau Zollmann ergriff Dr. Matthias Rößler (CDU), Präsident des Sächsischen Landtags, das Wort. In einem an literarischen Anspielungen reichen Vortrag betonte Rößler die gemeinsame Geschichte Deutschlands und Ungarns in Mitteleuropa und die historische Notwendigkeit der Europäischen Union. „Unsere heutige Freiheit in Europa ist das Vermächtnis vergangener Freiheitskämpfe,“ hob der Landtagspräsident hervor, und unterstrich die für die anderen mitteleuropäischen Völker antriebgebende Rolle der Ungarn im jüngsten Freiheitskampf gegen den Kommunismus, welche solche Taten wie der ungarische Freiheitskampf von 1956, dessen ermutigende Wirkung auf seine eigene Generation in der DDR Herr Dr. Rößler schilderte, sowie der Soproner Grenzdurchbruch 1989 umfasste.

Nach seiner Schilderung des historischen Verhältnisses zwischen Deutschland und Ungarn drehte Rößler zur gegenwärtigen Lage um. An dieser Stelle unterstrich der sächsische Landtagspräsident die gemeinsamen Werte der Europäischen Union – Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit, und die Wahrung der Menschenrechte – welche die zwei Ländern teilen. Allerdings mahnte Rößler, dass Europa nicht bloß eine Wertegemeinschaft ist, sondern auch eine Solidargemeinschaft aus Ländern mit verschiedenen Aussichten zu manchen Themen, insbesondere was es der Rolle von Familie, Religion, und Nation betrifft. „Hier können in freien Gesellschaften über gerade diese Fragen sicher eine breite Palette von Ansichten vorherrschen,“ sagte Rößler, „aber statt sich uns Verständnis für diese legitimen Unterschieden zu bemühen, setzen manche die eigene Sichtweise absolut.“

Dementgegen stellte Rößler den Begriff einer Europäischen Solidargemeinschaft vor, deren Ecksteine in den alltagsnäheren Solidargemeinschaften zu identifizieren sind. So fragte rhetorisch der sächsische Landtagspräsident; „Erleben wir eine solche Solidargemeinschaft nicht zu allererst im Rahmen unserer Familien; sind nicht uns Religion oder Nation die Solidargemeinschaften, die standhalten, wenn es wirklich ankommt?“ So legte Rössler eine Auffassung der europäischen Einheit vor, die kein luftleeres ideologisches Konstrukt darstellt, sondern deren Lebendigkeit aus der Quelle tiefgewachsenen Solidaritätsformen zieht. Die kulturelle Vielfalt Europas und die Heimatverbundenheit seiner Völker bestimmen der Europäischen Union dazu, ein Europa der Nationen nach der Vorstellung Helmut Kohls zu werden. Wie es Rößler formulierte, „Nicht eine grenzenlose Welt der Globalisierung schafft Stabilität und Sicherheit in Europa. Die Solidargemeinschaft der Nation, die Orientierung an einer gemeinsamen Kultur, die Verwurzelung in Heimat, in Freiheit, und in Demokratie: sie bieten dem notwendigen Schutz und stabilisieren den Staaten und Gesellschaften in unseren Ländern. Starke Nationen machen zudem eine starke Europäische Union.“

Die letzte Rede hielte Dr. Gergely Gulyás, Minister des Ministerpräsidentenamts und Kuratoriumsmitglied der Stiftung für ein Bürgerliches Ungarn. Direkter als alle vorigen Redner ging Gulyás auf den verschiedensten Spannungspunkten zwischen Berlin und Budapest ein. Jenseits allen tagespolitischen Trubels schätze Dr. Gulyás aber den Stand der deutsch-ungarischen Beziehungen irenisch ein: „Wir sollten auch stolz sein auf die Unterschiede, die zwischen unseren Gesellschaften bestehen,“ sagte der Minister, und betonte die andauernd starke Kulturbeziehungen und die breite Völkerverständigung zwischen den Deutschen und den Ungarn. „Man sieht, dass zahlreiche Teile der gemeinsamen Geschichte hier wieder lebendig werden,“ so Gulyás.

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