Anlass des Symposiums war der Besuch des Parlamentarierkreises Ungarn der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 10.-12. November 2019 in Budapest, in dessen Rahmen die deutschen Parlamentarier Axel E. Fischer MdB, Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses des Deutschen Bundestages und Volkmar Klein MdB, Obmann im Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auch politische Gespräche führten. Auf der Abendveranstaltung diskutierten sie mit Csaba Hende MdNV, Vizepräsident der Ungarischen Nationalversammlung und Vorsitzender des Gesetzgebungsausschusses, Zsolt Németh MdNV, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses der Ungarischen Nationalversammlung sowie Ernő Schaller-Baross, stellv. Staatssekretär für internationale Angelegenheiten im Ministerpräsidentenamt. Moderiert wurde das Gespräch von dem Journalisten Boris Kálnoky.
Eröffnet wurde die Veranstaltung von Frank Spengler, Leiter des Auslandsbüros Ungarn der Konrad-Adenauer-Stiftung, und Dániel Landeck, Direktor für Auswärtige Angelegenheiten der Stiftung für ein Bürgerliches Ungarn. Spengler erinnerte in seinen Eingangsworten an die vielen Jubiläen des Jahres 2019 und vor allem an den Fall der Berliner Mauer vor 30 Jahren. Er betonte, dass es für die Gestaltung der gemeinsamen europäischen Zukunft unerlässlich sei, diese „solidarisch und mit größtmöglichem Einvernehmen von allen EU-Mitgliedern gemeinsam“ zu meistern. In diesem Kontext referierte er über die Erwartungshaltung vieler Europäer, die ein stärkeres internationales Engagement Deutschlands befürworteten.
In ihren Eingangsstatements berichteten die Abgeordneten, was für sie ganz persönlich gute deutsch-ungarische Beziehungen ausmachten. Der Parlamentsvizepräsident Csaba Hende erwähnte Geschichte und Gegenwart der autochthonen ungarndeutschen Gemeinschaft in seiner Heimatstadt Szombathely/Steinamanger und erinnerte an die gute deutsch-ungarische Verteidigungskooperation in seiner Zeit als Verteidigungsminister. Axel E. Fischer MdB wartete ebenfalls mit einer persönlichen Geschichte auf, die belegte, dass mit einem Austausch von Mensch zu Mensch und offener Begegnung und durch die Entwicklung eines Gespürs für Geschichte und Mentalitäten anderer Völker Skepsis und Kritik abgebaut werden können. Der Abgeordnete unterstrich die Bedeutung vieler bi- und auch multilateraler Treffen wie etwa im Europarat und würdigte den Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich des 30. Jahrestages des Paneuropäischen Picknicks. Auch sei die Gründung des Parlamentarierkreises ein wichtiger Impuls, die Kontakte auch auf lange Sicht zu pflegen.
Der ungarische Parlamentsabgeordnete Zsolt Németh stellte in seiner Einführung die intensiven historischen Kontakte zwischen den beiden Ländern heraus. Es gebe in Europa „kaum eine Nation, die eine so große Wirkung auf die ungarische Kultur und Identität gehabt hat wie Deutschland“, so Németh zusammenfassend. Er dankte dem Parlamentarierkreis Ungarn für diese einmalige Initiative und für sein Bekenntnis zur Freundschaft mit Ungarn. Daneben ermahnte er Deutsche und Ungarn, auch im Falle von gelegentlichen Meinungsverschiedenheiten einander partnerschaftlich und respektvoll zu begegnen. Abschließend antizipierte er, dass die V4-Kooperation Ideengeber für eine ähnliche Kooperation und für einen kultivierten Dialog mit Deutschland werde. Volkmar Klein hob ebenso seine vielen persönlichen Anknüpfungspunkte seiner politischen Tätigkeit mit Ungarn hervor. Neben seinem Engagement in der Kommunalpartnerschaft erinnerte er auch an den Gebetsfrühstückskreis oder an die christliche Tradition des Hl. Martin sowie an mögliche Kooperationen in der Entwicklungszusammenarbeit, in der Ungarn mit „Hungary Helps“ wichtige Akzente gesetzt hätte. „Freundschaft zu pflegen ist auch eine Verantwortung“, schloss Klein seine Ausführungen.
Ernő Schaller-Baross dankte den Gästen und für ihren Einsatz für die deutsch-ungarische wie auch die mittelosteuropäische Zusammenarbeit. Der stellv. Staatssekretär stellte die besonderen Bindungen Ungarns zu deutschen Sprache und Geschichte heraus und wiederholte den Satz von Ministerpräsident Viktor Orbán, die Ungarn die Deutschen nicht nur respektieren würden, sondern sie auch mögen. Er erinnerte an die erfolgreichen bilateralen Begegnungen der politischen Entscheidungsträger beider Länder und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass Ungarn eine Brücke für Deutschland in die Visegrad-Länder darstellen könne. Dieser Analyse schloss sich im späteren explizit auch Volkmar Klein MdB an. Es gebe bereits einen Antrag der FDP-Bundestagsfraktion, eine forcierte Zusammenarbeit Deutschlands mit den V4 auf die Tagesordnung zu setzen, so Klein.
In der Debatte wurde der Fokus auch auf europapolitische Fragestellungen gelegt. Insbesondere das Verhältnis zur Europäischen Volkspartei und die EVP-Suspendierung der ungarischen Regierungspartei Fidesz standen dabei im Mittelpunkt. Axel E. Fischer machte die europäische Kritik an den ungarischen Regierungsparteien an einem vor allem von den skandinavischen Staaten gewollten Wandel des Gesellschaftsbildes fest, dem die Ungarn sehr kritisch gegenüberstünden. Auch sei der EVP-Ausschlussantrag aus diesen Ländern gekommen, so Fischer. Es müsse die grundsätzliche Frage beantwortet werden, ob die EVP noch Volkspartei sein wolle und auch Parteien wie Fidesz in ihren Reihen haben möchte oder ob sie statt breiter zu sein, sich weiter einengen wolle. Helmut Kohl hätte es seinerzeit sehr gut verstanden, die vielen mannigfaltigen Gesichter der Union von den Sozialflügeln bis hin zu den Wirtschaftsliberalen nebeneinander zur Geltung kommen zu lassen, deshalb sei die CDU auch so erfolgreich gewesen. Ferner sei die Begegnung auch mit kleineren europäischen Partnern auf Augenhöhe ein Kennzeichen der Europapolitik von Helmut Kohl gewesen. Fischer appellierte schließlich an die europäischen Entscheidungsträger: „Fidesz muss in der EVP bleiben, wenn die EVP breit aufgestellt sein und eine Zukunft haben will und ich will, dass sie eine Zukunft hat“. Im Anschluss konnten die Teilnehmer des Plenums Fragen an die Referenten stellen und beim Empfang mit den Politikern ins Gespräch kommen.
Der Besuch wurde abgerundet durch politische Gespräche mit László Kövér MdNV, Präsident der Ungarischen Nationalversammlung; Gergely Gulyás MdNV, Minister im Ministerpräsidentenamt; Katalin Novák MdNV, Staatssekretärin für Familien- und Jugendangelegenheiten und stellv. Parteivorsitzende von Fidesz; Emmerich Ritter MdNV, Abgeordneter der Ungarndeutschen in der Ungarischen Nationalversammlung; Zoltán Balog, Minister a.D. und Präsident der Stiftung für ein Bürgerliches Ungarn sowie mit Tristán Azbej, dem für die Hilfe verfolgter Christen zuständigen Staatssekretär und mit Gábor Márki, Leiter der Agentur „Hungary Helps“. Darüber hinaus trafen sich die deutschen Gäste mit dem Deutschen Botschafter in Ungarn, Volkmar Wenzel, und dem Geschäftsführenden Vorstand der Deutsch-Ungarischen Industrie und Handelskammer Gabriel Brennauer.