Länderberichte
Innovation und Forschung sind notwendig, um Fortschritt zu erzielen. Ohne neue Ideen und deren Verwirklichung gäbe es heute weder das Automobil noch den Kühlschrank. Und wer zuerst eine Idee hatte, hat auch ein nicht geringes Interesse daran, als solcher geachtet zu werden. Schließlich möchte man nicht, dass andere von der eigenen Erfindung profitieren, ohne dafür zu bezahlen. Oder dass andere die Erfindung als ihre eigene vermarkten. §1 Abs. 1 des deutschen Patentgesetzes definiert, dass ein Patent für „Erfindungen auf allen Gebieten der Technik“ erteilt werden kann, „sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind“. Gemäß §6 PatG steht dem Erfinder oder seinem Rechtsnachfolger das Patentrecht zu.
Die Existenz eines Patentrechtsschutzes wird von den einen als wichtiges Element für die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit eines Landes gesehen, von anderen wiederum dafür kritisiert, dass das Patentrecht Innovation und Forschung hindere. Schließlich koste es Geld, eine patentierte Erfindung als Grundlage zu verwenden und man müsse erst auf die Zustimmung oder Ablehnung des Patentbesitzers warten, wodurch wertvolle Zeit verloren ginge. Durchschnittlich muss heute für ein EU-Patent um die 36.000€ gezahlt werden. Doch ohne Patente besteht die Gefahr, dass Erfinder ihre Neuerungen der Öffentlichkeit nicht mehr zur Verfügung stellen wollen. Insgesamt wird das Vorhandensein eines funktionierenden Patentrechtssystems daher als äußert wichtig angesehen.
Auch in der Europäischen Union wurde die Notwendigkeit eines einheitlichen Patenschutzes erkannt und am 11. Dezember 2012 wurde das sogenannte EU-Patentpaket vom Parlament mit großer Mehrheit angenommen. Hierdurch werden die Kosten für ein EU-Patent um bis zu 80% sinken, was insbesondere der europäischen Wettbewerbsfähigkeit zugutekommt. So wird versucht, die eventuell innovationshindernden Seiten des Patentschutzes zu minimieren. Am 1. Januar 2014 tritt zudem das internationale Übereinkommen zur Schaffung eines einheitlichen Patentgerichts in Kraft.
Trotz sich wandelnder Verhältnisse und einer immer rasanteren Entwicklung im Technologie- und Forschungsbereich, wurde das Patentrecht in den Vereinigten Staaten über sechzig Jahre hinweg nicht reformiert. Doch um mit anderen Ländern und im internationalen Wettbewerb mithalten zu können, sah sich auch der amerikanische Kongress in den letzten Jahren gezwungen, Änderungen vorzunehmen und das Patentsystem an das 21. Jahrhundert anzupassen. Nach monatelangen Verhandlungen und Überlegungen war das Werk am 16. September 2011 vollbracht: Präsident Barack Obama unterzeichnete den Leahy-Smith America Invents Act. Dieses Gesetz wurde zuvor sowohl vom Repräsentantenhaus als auch vom Senat und von beiden Parteien mit breiter Mehrheit verabschiedet. Die Neustrukturierung des Patentrechts soll nun zu mehr Innovation ermutigen, neue Jobs schaffen und das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Die zentralen Vorschriften werden am 16. März 2013 in Kraft treten.
Mit Sorge betrachteten amerikanische Erfinder in den letzten Jahren den internationalen Wettbewerb. Während vor allem in China die Zahl der Patente regelrecht explodierte, dauerte es in den USA mehr als drei Jahre, bis Patente genehmigt wurden und mit der Arbeit begonnen werden konnte. Der America Invents Act enthält mehrere zentrale Neuerungen: unter anderem die Einführung des first-to-file-Konzepts, die Schaffung eines nachträglichen Überprüfungsmechanismus, der schlechte Patente herausfiltern soll, sowie Hilfen für das Patent and Trademark Office, um mit dem Rückstau bei den Patentbewerbungen zurechtzukommen.
Nach dem first-to-file-Konzept gebührt demjenigen das Recht auf ein Patent, der die Erfindung als erster anmeldet. Hiernach ist es unbeachtlich, ob er die Erfindung tatsächlich als erster gemacht hat. Er darf die Erfingung jedoch nicht einfach nur von einer anderen Person kopiert haben. Die USA hat nun als letztes Land vom first-to-invent- auf das first-to-file-Konzept umgestellt. Nach ersterem stand demjenigen das Patent zu, der als erster die Idee hatte und diese in die Praxis umgesetzt hat. Oft ist es jedoch schwierig nachzuweisen, wer wann welche Erfindung zuerst gemacht hat und um dies herauszufinden, waren bisher aufwändige und kostspielige „interference proceedings“ notwendig, um bei zwei Anmeldungen für das gleiche Patent den wahren Urheber festzustellen. Durch die Umstellung wurde das amerikanische Patentsystem zudem an das weltweit vorherrschende System angeglichen. Auch soll es zu mehr Planungssicherheit und einer Vereinfachung des Patentrechts führen.
Eine der wohl umstrittensten Bestimmungen des America Invents Act ist Section 18, die das US Patent and Trademark Office dazu ermächtigt, ein vorübergehendes Programm für Patente auf Geschäftsmethoden zu entwickeln. Diese Patente umfassen alle Methoden und entsprechende Ausrüstung zur Datenverarbeitung oder Tätigkeiten, die in der Praxis, Verwaltung oder dem Management von Finanzprodukten oder –dienstleistungen gebraucht werden. Hiervon ausgeschlossen sind Patente, die technologische Erfindungen betreffen. Das Programm unterwirft all diese Patente einer nachträglichen Überprüfung. Es wurde jedoch dem US Patent and Trademark Office überlassen zu definieren, was unter einer technologischen Erfindung zu verstehen ist. Dieses definierte technologische Erfindung nun so, dass auf einer Fall-zu-Fall-Basis entschieden werden müsse, ob die Sache als Ganzes ein technologisches Merkmal besitze, was offensichtlich neuartig sei und ein technisches Problem löst, indem eine technologische Lösung verwendet werde. Technologisch an sich wird jedoch nicht definiert und es bleibt abzuwarten, wie sich diese Definition in der Praxis bewährt. Rechtssicherheit und Klarheit schafft diese Umschreibung aber nicht.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Reform des amerikanischen Patentrechts überfällig war und erst die Angleichung an weltweite Standards es amerikanischen Erfindern ermöglicht hat, auf dem internationalen Markt mitzuhalten. Auch der EU-Botschafter in den USA, João Vale de Almeida begrüßte die Unterzeichnung des America Invents Act und nannte diesen eine Konjunkturspritze, durch die Innovation, Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen erreicht werde. Sowohl die Vereinigten Staaten, als auch die EU würden von diesen willkommenen Änderungen profitieren, so Vale de Almeida weiter. Somit stärkt der America Invents Act nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Innovationen, sondern schafft auch Rechts- und Planungssicherheit für europäische Investoren und Erfinder. Es wird sich in den nächsten Jahren zeigen, wie gut die Neuerungen umgesetzt werden und in welchem Maße nicht nur Amerika, sondern auch andere Länder hiervon profitieren. Die Unterzeichnung des Leahy-Smith America Invents Act war jedoch ein wichtiger und notweniger Schritt, um das amerikanische Patentrecht an das 21. Jahrhundert anzugleichen.