Länderberichte
Während der Präsidentschaft von George W. Bush war das Verhältnis zwischen den USA und Russland durch eine moderate Haltung von Seiten der USA gegenüber Russland geprägt, die mitunter überraschte. Dies lag vor allem an Präsident Bush. Die Stimmung im State Department, im Pentagon und unter den Experten der Think Tanks war immer sehr viel kritischer gegenüber Russland als jene des Präsidenten. Beim ersten Zusammentreffen zwischen Präsident Bush und Präsident Putin in Slowenien entstand offenbar bei Bush ein Grundvertrauen gegenüber Putin, das alle Widrigkeiten der Folgejahre überstand. Anlässe für den Ausbruch schärferer Konflikte gab es in dieser Zeit zuhauf. Der Krieg im Irak, das Nuklearprogramm des Iran, die Einschränkungen von Demokratie und Pressefreiheit in Russland, das Raketenabwehrprogramm und die Anerkennung des Kosovo sind nur einige Beispiele dafür, dass es Bush trotz erheblicher Spannungen und Differenzen immer wieder gelang, die große Krise im Verhältnis mit Russland zu vermeiden. Das gute persönliche Verhältnis zwischen den Beiden dürfte einen Gutteil hierzu beigetragen haben.
Der russische Einmarsch in Georgien, die mutwillige Zerstörung von Häusern und Infrastruktur durch die russischen Streitkräfte, die Vertreibung der georgischen Bevölkerung aus Südossetien und die Anerkennung der Unabhängigkeit von Abchasien und Südossetien durch die Duma und Präsident Medwedew haben für viele US-Amerikaner, Politiker wie breite Öffentlichkeit, wieder einmal bestätigt, dass Russland nicht der Partner ist bzw. sein will, den man sich erhofft.
Viele Faktoren haben zu diesem Wandel in der Einschätzung Russlands seit dem Zerfall der Sowjetunion in den USA beigetragen. An erster Stelle steht dabei sicher das Zurückdrehen der demokratischen Entwicklung durch Präsident Putin. Diese Entwicklung ist für Experten wie Politiker Beleg dafür, dass Russland kein Partner ist, der gemeinsame Werte wie Demokratie, Rechstaat und Menschenrechte teilt. Zunehmend ist man aber auch über die wachsende wirtschaftliche Macht Russlands besorgt, die es nicht zögert auch für politische Ziele einzusetzen. Das Ölembargo gegen die Ukraine war hierfür ein Beispiel. Mit Unverständnis reagiert man in diesem Zusammenhang auf die Unbekümmertheit, mit der Westeuropa und insbesondere Deutschland mit dieser Abhängigkeit leben. Die Politik Deutschlands gegenüber Russland (z.B. bezüglich MAP für Ukraine und Georgien) wird mehr und mehr vor dem Hintergrund dieser Abhängigkeit gesehen.
Auf keinen Fall sind die USA bereit, den Anspruch Russlands zu akzeptieren, weiterhin eine Einflusssphäre in den ehemaligen Sowjetrepubliken (Nahes Ausland) zu besitzen. Georgien könnte hier zu einem Testfall werden, welcher Anspruch sich letztlich durchsetzen wird.
John McCain – Barack Obama
Barack Obama hat zwar auch den Einmarsch der russischen Streitkräfte in Georgien verurteilt, sich aber bisher bezüglich der Beziehungen USA-Russland nicht sonderlich profiliert. Dies ist um so verwunderlicher als Obama Vorsitzender des Unterausschusses für Europa im Senat ist und sich damit in einer bevorzugten Position befindet, die Politik der USA gegenüber Europa einschl. Russlands zu beeinflussen. Doch hat er, seit er dieses Amt inne hat, von dem Ausschuss wenig Gebrauch gemacht.
McCain hingegen hat sich als lautstarker Kritiker der „neuen alten“ Regierung im Kreml hervorgetan. Am bekanntesten ist sein wiederholter Aufruf, Russland aus der Gruppe der G8 Staaten auszuschließen und statt dessen Indien und Brasilien aufzunehmen.
Beide Kandidaten sind indes besorgt, was die Rückschritte im Demokratisierungsprozess in Russland und die russische „Nachbarschaftspolitik“ angeht. McCains Russland-Berater Stephen Biegun spricht sich angesichts der erfolglosen “appeasement” Phase unter George W. Bush nun für eine aggressivere Außenpolitik gegenüber Russland aus. So werde McCain sicherstellen, dass das seit Jahren vom Kongress diskutierte europäische Raketenabwehrsystem zum Einsatz kommt.
Zwar hat sich Obama nicht explizit gegen das Raketenabwehrsystem ausgesprochen, jedoch darauf hingewiesen, dass das System erst wirklich funktionieren müsse, bevor es installiert werde. Senator Jon Kyl erinnerte allerdings daran, dass Obama zwischen 2001 und 2004 mehrfach versprochen hatte, sich dafür einzusetzen, dass das Budget für das „unbewährte“ Raketenabwehrprogramm verringert wird. Ohne ausreichende Mittel kann das Waffensystem indes nicht entwickelt werden, so Kyl. Daher zeige Obamas Position, dass der Senator nicht wirklich an einem einsatzfähigen Programm interessiert sei. Obamas „Skepsis“ war auch bereits dem polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski aufgefallen.
Die Aussagen der beiden Kandidaten zum Wunsch der Ukraine und Georgiens NATO Mitglieder zu werden, unterscheiden sich nur unwesentlich. So unterstützten beide den Membership Action Plan für beide Staaten und zeigten sich enttäuscht, als dieser beim NATO-Gipfel in Bukarest keine Zustimmung erhielt.
Während McCain wohl vorerst seine „hardline“ Politik gegenüber Russland verfolgen wird, erinnert Obamas Russland-Berater Michael McFaul an dessen generelle Verhandlungsbereitschaft. Insofern ist zu erwarten, dass ein Präsident Obama bereits aus rein pragmatischen Gründen eine facettenreichere Beziehung zu Russland aufbauen wird, so Rose Gottemoeller vom Carnegie Institute in Moskau. Auch John McCain werde seine Position längerfristig etwas anpassen müssen, wenn er daran interessiert sei, die von ihm anvisierten neuen Abrüstungsverträge abzuschließen. Außerdem benötigt er Russlands Zusammenarbeit, um Iran von der Fortsetzung seines Atomprogramms abzuhalten.
Europa muss aber damit rechnen, dass beide Kandidaten - trotz gemeinsamer Interessen mit Russland - nicht davor zurückschrecken werden, Besorgnis erweckende Entwicklungen in Russland offen anzusprechen und weiterhin auf die Ost-Erweiterung der NATO zu drängen.
Der Einmarsch der russischen Streitkräfte in Georgien und die Folgen werden beide in dieser Position zusätzlich bestärken.