Veranstaltungsberichte
In den USA kommt es zu gewaltigen Veränderungen im Energiemarkt durch den starken Anstieg der eigenen Gasproduktion. Gleichzeitig ist der US-Markt der größte Absatzmarkt für kanadisches Öl und Gas. Diese starke Verzweigung der nordamerikanischen Energiemärkte führt zum Ziel der erwünschten Energieunabhängigkeit von Drittstaaten und zur Stärkung der heimischen Wirtschaft. Passend dazu wurde auf der Konferenz eine neue Studie des Chicago Council on Global Affairs zu Umfragen in Energiethemen in den USA vorgestellt, die die öffentliche Meinung zu den energiepolitischen Fragen thematisiert. Daraus geht hervor, dass dreiviertel der Amerikaner in der Unabhängig-keit von Öl- und Gasimporten ein wichtiges politisches Ziel sehen. Dass damit aber eine Umstrukturierung der Energiepolitik hin zur erneuerbaren Energien einsetzt, um den Klimawandel zu bekämpfen, ist nicht so eindeutig zu erlesen. Der Klimawandel steht mit 51% Zustimmung weit hinter Zuverlässigkeit (83%) oder bezahlbaren Preise (77%), die als wichtige Punkte genannt werden.
Da aber die Energiepolitik, mit besonderem Augenmerk auf den Klimawandel, immer wichtiger wird in der internationalen Politik, und besonders auch gemeinsame Energie-Projekte im transatlantischen und nordamerikanischen Sinne - auch angesichts durch Herausforderungen durch Russland oder im Nahen Osten – war der zweite Energiegipfel, den der Chicago Council on Global Affairs in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung, austrug, Treffpunkt und Bühne für sowohl hochrangige Politiker aus Kanada und den Vereinigten Staaten, als auch für internationale Energieexperten.
Die Bedeutung der Thematik spiegelte sich auch in der Rednerliste wider. Mit dem kanadischen Energieminister Pierre Arcand, sowie dessen Ministerkollegen Greg Rickford, dem vormaligen Staatssekretär, parlamentarische Sekretär und jetzigen Minister for Natural Ressources, und dem ehemaligen Premierminister von Quebec Jean Charest war die Rednerliste schon gewichtig besetzt. Von amerikanischer Seite nahmen der stellvertretende Sekretär für Energie des Department of Energy, Daniel Poneman, sowie das Mitglied des Energy Security Leadership Council of Securing America's Future Energy Dennis Blair und der ehemalige US-Botschafter für Kanada David Jacobson teil. Weitere Sprecher waren unter anderem Ivo Daalder, Präsident des Chicago Council of Global Affairs und Gastgeber, ebenso wie Adam Sieminski, Administrator vom U.S. Energy Information Administration, das sich mit Analysen und Statistiken im Energiesektor beschäftigen.
Einer der erwähnten internationalen Experten war Dr. Christoph Löwer, Leiter der Regierungsbeziehungen von Alstom, Berlin. Als geladener Redner der Konrad-Adenauer-Stiftung reise er zum amerikanisch-kanadischen Energiegipfel nach Chicago, um dort von der Energiewende und dessen Verlauf in Deutschland in einer Diskussionsrunde zu berichten.
Vor allem die Podiumsdiskussion mit Moderator Steve Brick, Senior Fellow beim Chicago Council on Global Affairs, griff das Thema um die öffentliche Akzeptanz von Energie- und Klimaschutzprojekten auf. Hierbei diskutierten Experten bei der Podiumsdiskussion die Frage, wie Firmen mit lokalen Interessensgruppen über Energieprojekte übereinkommen können. Häufig würden nämlich die Initiativen von Firmen, Energieprojekte anzugehen, durch lokale Interessensgruppen daran gehindert diese durchzuführen. Ein Vertreter einer lokalen Interessensgruppe hielt mit dem Argument dagegen, das jede Bemühung von OECD-Staaten nutzlos bleibe, würden aufstrebende Industriestaaten wie China und Indien nicht mithalten. Der Slogan “Think globally, act locally“ müsse in “Think globally, act globally“ abgewandelt werden. Dies unterstützten Vertreter von nordamerikanischen Umweltschutzorganisationen. Diese mahnten, dass der Anstieg des Meeresspiegels „real ersichtlich“ sei und eine globale Bedrohung für maritime Gebiete darstelle. Dies müsse der Auslöser für globale Initiativen sein. Gemeinsame finanzielle Investments müssten zu neuen Technologien führen, dabei sollten Landesgrenzen keine Rolle spielen: Hier sei eine internationale Initiative gefragt. „Die jeweilige nationale Identität muss aufgegeben werden“ um den Umschwung zu schaffen, lautete das Credo der Diskutanten.
In der Podiumsdiskussion mit dem Moderator Senator Douglas Black aus Kanada kam die Regierungsseite mehr zu Wort. Minister Pierre Arcand, US-Senator Byron Dorgan AD, sowie Vertreter aus der Wirtschaft mit politischen Verbindungen Robert Johnston von Global Energy & Natural Resources und Dr. Christoph Löwer von Alstom, Berlin, teilten ihre Meinungen zur Frage mit, ob Nordamerika das Energie-Epizentrum sei. Löwer führte dazu aus europäischer Sicht aus, dass die meisten Investitionen in den nordamerikanischen Raum fließen würden und darunter Europas Fortschritt leide. Vor allem in Deutschland und das, obgleich Deutschland eine Vorreiterrolle in Sachen Energiewende darstelle: „In Deutschland ist es beschlossene Sache, bis 2021 vollständig aus der Atomkraft ausgestiegen zu sein.“, so Löwer. Er betonte, dass neue Strategien in Europa erdacht werden müssen, um die Balance im Bereich Energie-Innovation über den Atlantik zu erhalten. Auf die Frage nach dem Ausbau der Flüssigerdgas-Industrie in Deutschland verwies Löwer auf die skeptische Haltung gegenüber dem Herabpumpen von Substanzen in den Untergrund. „Im eigenen Boden mag Deutschland Flüssigerdgas nicht. Wir wollen den Boden in Ruhe lassen.“, beschrieb Christoph Löwer.
Muss das Thema Energiewende und Klimawandel lokal oder global angegangen werden? Diese Frage beantworteten die vier Diskutanten übereinstimmend mit „lokal“: Eine lokale Lösung stehe in der Reihenfolge vor einer globalen. Dafür gäbe es lokal zu viele verschiedene und spezifische Faktoren, auf die Rücksicht genommen werden müsse. Stichwort: „social license“ oder zu Deutsch „öffentliche Akzeptanz“. Aus europäischer Sicht, so erklärte Löwer, sei eine globale Lösung schon deshalb schwierig, weil in der Europäischen Union 28 Mitgliedstaaten 28 verschiedene Klimapolitiken verfolgen. Die vier Teilnehmer dieser Podiumsdiskussion vertraten den Slogan: „Think globally, act locally.“
Interessant zu betrachten war die Divergenz der Lösungsansätze zu Energiefragen von Seiten der Regierungsvertretern und Vertreter von Umweltinitiativen: Während Umweltlobbyisten eine globale Lösung mit hochrangigen Gesprächspartnern forderten, sahen Regierungsvertreter die lokalen Projekte als Nutzbringender an. Dieser Konflikt zu den Ansätzen ist ein grundlegender Punkt, der nicht zum Stillstand führen darf, sondern das Gegenteil bewirken muss: Handeln ist angesagt, ob gemeinsam oder einzeln, jeder muss mitmachen. Dieser ergebnisorientierte Dialog ist wichtig und wird von der Konrad-Adenauer-Stiftung in den USA weitergeführt.
Auch der Präsident des Chicago Councils, Ivo Daalder, betonte die Bedeutung eines kollektiven, nordamerikanischen Energiedialogs. Im Kontext der globalen Heraus-forderungen sei eine gemeinsame, nordamerikanische Energie- und Umweltpolitik unerlässlich. Auch biete eine solche Kooperation die Aussicht auf maximale geostrategische Vorteile. Diese besondere Partnerschaft resultiere u.a. auch aus der extreme Vernetzung und gegenseitige Abhängigkeit ihrer Öl- und Gasmärkte.
Bezüglich des transatlantischen Energiewendedialogs stellt die nordamerikanische Region einen immer wichtigeren Partner für die EU dar. Vor allem die Herausforderung und Abhängigkeit von Russland und dem Nahen Osten, rücke die transatlantischen Partner näher zusammen und fördere die Implementierung einer neuen, nachhaltigen, transnationalen Energiepolitik. Aus diesem Grund ist es der KAS äußerst wichtig den Energiedialog, vor allem mit seinen nordamerikanischen Partnern fortzuführen. Die Energie-Konferenz beim Chicago Council on Global Affairs, an der die KAS zum zweiten Mal teilnahm, spiegelt die Kooperation mit dem Chicago Council und der KAS wieder. Die Weiterführung der Zusammenarbeit ist der KAS ein großes Anliegen.