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Herausforderungen der inneren Sicherheit gemeinsam angehen

von Elmar Sulk

Ein transatlantischer Blick nach Nahost offenbart notwendige gemeinsame transatlantische Anstrengungen

Nach neusten Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden beiderseits des Atlantiks haben Tausende von US-Amerikanern und Europäern ihre Heimatländer verlassen, um sich in Krisenstaaten in Nahost terroristisch schulen zu lassen. Dies hat die KAS zum Anlass genommen, eine Expertenrunde zu organisieren mit dem Ziel, aus unterschiedlichen Blickwinkeln dieses vielgestaltige Problem zu analysieren. Fragen der Entwicklungszusammenarbeit, der inneren Sicherheit, der Wertevermittlung und Werteverteidigung wurden hier angesprochen.

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Im Nahen Osten sind gemeinsame Anstrengungen des Westens und der Partnerländer vor Ort nötiger denn je, um der recht jungen Bevölkerung eine Perspektive zu vermitteln. Hier hat gerade die Entwicklungszusammenarbeit in der Vergangenheit einige messbare Erfolge bei gemeinsamen Projekten erbracht. Doch die Grundkoordinaten verschlechtern sich zunehmend. So liegt der Alphabetisierungsgrad weit unter Durchschnitt. Andere Regionen haben gezeigt, dass erfolgreich angewandte Instrumente in der Entwicklungszusammenarbeit eine Grundlage dafür bilden, dass Krisenregionen sich beruhigen. Umgekehrt gilt aber, dass gerade wenn eine feste staatliche Ordnung bedroht ist, entwicklungspartnerschaftliche Ansätze kaum greifen können. Bei Bürgerkriegen ist eine partnerschaftliche Hilfe kaum möglich. Gleichzeitig wird mit dem Vormarsch der Islamisten in Nahost verdeutlicht, dass entwicklungspolitische Herausforderungen in den Partnerländern mit Problemen der inneren Sicherheit bei uns verschränkt sind. In den Sog immer größerer Unordnung geraten etwa die Länder Syrien und der Irak. Aber auch die Türkei, die unter anderem wegen der Kurdenfrage und als Anrainerstaat direkt betroffen ist, steht vor einigen Herausforderungen. Kurz, entwicklungspolitische Expertise einerseits und die Definition sicherheitspolitischer Ziele andererseits können helfen, den Gefahren auch bei uns zu begegnen.

Denn die Unruhe wird auch durch eine besondere, zahlenmäßig wachsende Gruppe von außen geschürt. Die so genannten foreign fighters addieren eine weitere Schicht auf die bereits vielen Herausforderungen in der Zusammenarbeit. Hier wird beispielhaft offenbar, wie unser Schicksal mit dem der Welt in Nahost verknüpft ist.

Die alarmierenden Hinweise darauf, dass insgesamt Tausende von US-Amerikanern und Europäern ihre Heimatländer verlassen, in die Krisenstaaten einreisen, sich dort terroristisch schulen lassen, um dann nach Rückkehr in ihre Heimatstaaten Anschläge zu begehen, hat die Konrad-Adenauer-Stiftung zum Anlass genommen, eine Expertenrunde zu organisieren mit dem Ziel, aus unterschiedlichen Blickwinkeln dieses vielgestaltige Problem zu analysieren.

Nach jüngsten Angaben des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz sind etwa bereits 400 Deutsche nach Syrien ausgereist. Etliche von ihnen haben das Ziel, Kampferfahrungen zu sammeln und dann nach Deutschland wieder einzureisen, um hier terroristisch aktiv zu werden. Auch amerikanischen Behörden ist es bekannt, dass Staatsangehörige der USA in die Krisenregionen in Nahost reisen und als potentielle Dschihadisten zurückkehren. So erinnerte der Leiter der KAS Washington Dr. Lars Hänsel daran, dass Mitglieder des U.S.-Kongresses jüngst öffentlich dazu Stellung nahmen, dass hunderte von US-Staatsangehörigen in Nahost trainieren, um später westliche Ziele terroristisch anzugreifen. Diese Herausforderung der foreign fighters zu analysieren und zu lösen bedeutet Anstrengungen auf vielen Ebenen der Politik. Sowohl Fragen der Entwicklungszusammenarbeit, der inneren Sicherheit, der Wertevermittlung und Werteverteidigung als auch der allgemeinen transatlantischen Sicherheitspartnerschaft werden hier angesprochen.

Dass zum Beispiel gerade sicherheitspolitische Herausforderungen und entwicklungspolitische Ansätze gleiche Lösungen suchen, wurde nun bei dieser Expertenrunde mit US-Nahost- und Sicherheitsexperten und dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Dr. Günter Krings MdB, offenbar. Im Blickfeld seien dabei vor allem die Länder Syrien und Irak. Von dort hätten militärisch kampferprobte Dschihadisten zum Terror in der Heimat aufgerufen, wie jüngst wiederholt dokumentiert wurde, betonte Dr. Krings.

Der Staatssekretär schlug in der Diskussion, an dem hochrangige Vertreter verschiedener US think tanks und Experten aus dem Bundesinnenministerium und dem US-Heimatschutzministerium teilnahmen, eine transatlantische Brücke, indem er das Beispiel der foreign fighters aus den USA, Kanada und Europa in den Mittelpunkt stellte.

Nach dem Anschlag auf das jüdische Museum in Brüssel im Frühling dieses Jahres sei deutlich geworden, dass das Auswandern von Europäern in Krisenregionen auch innenpolitische Gefahren birgt, so Krings. Er betonte, dass dies nach allen Befunden ein gemeinsames transatlantisches Problem darstelle, welches gemeinsam angegangen werden müsse. Er skizzierte mögliche Handlungsoptionen in einem breit angelegten Begriff von sicherheitspolitischen Instrumentarien, welche auch entwicklungspolitische Ansätze einbeziehen müssten.

Vermittlung von westlichen Werten im Mittelpunkt

Diese Problematik und die Handlungsoptionen wurden in der Diskussion vertieft. Einer der Teilnehmer führte aus, dass die Gründe der foreign fighters für ihre Entscheidung, diesen Weg einer stetigen Radikalisierung zu gehen, meist vielfältig und kompliziert seien. Oftmals stehe eine gescheiterte Integration in der Gesellschaft dahinter. Arbeitslosigkeit, fehlende Unterstützung des Systems und eine fehlende feste Einbindung in die Gesellschaft seien oft bei den meist noch sehr jungen Männern und auch Frauen zu verzeichnen, die sich dazu entschieden, in den Irak oder nach Syrien zu ziehen, um dort bei einer radikalen Gruppe mitzuwirken. Durch Informationen aus dem Internet sei es diesen jungen Männern und Frauen möglich, sich in ihrer Weltanschauung immer mehr zu radikalisieren, bis sie das westliche Gesellschaftsmodell ablehnen und sogar aktiv bekämpfen wollen. Ein Teilnehmer gab zu bedenken, dass eine Überwachung dieser Aktivitäten zumindest ein Teil einer Strategie sein, den potentiellen foreign fighters entgegenzuwirken. Zudem müsse eine engere Kooperation und ein stetiger Informationsaustausch zwischen Europa und den USA gewährleistet werden. Ein anderer Diskutant meinte, dass eine Lösung bei der Herausforderung der foreign fighters zwar wünschenswert sei. Aber auch wenn es dieses Problem gar nicht gäbe, bliebe Islamismus eine schwierige Gemengelage, weshalb man nicht zu viele Hoffnungen auf Lösungen legen solle.

In der Diskussion rückte die Notwendigkeit, gemeinsame westliche Werte zu benennen, in den Mittelpunkt. Es lohne, jeder Generation diese Werte neu zu vermitteln und sie notfalls aktiv zu verteidigen. Die amerikanischen Teilnehmer erinnerten dabei an die Menschrechtsformel aus der Unabhängigkeitserklärung (life, liberty and the pursuit of happiness), und die deutschen Teilnehmer an die Ausführungen im Grundgesetz. Beide appellierten an die Grundsätze von Freiheit, Teilhabe, Toleranz und Inklusion, die die liberalen westlichen Gesellschaften auszeichneten. Es wurde daran erinnert, die Vorteile der westlichen Gesellschaftsordnung klar zu benennen und ihre Basis - gelebte westliche Werte - gerade an jüngere Generationen zu vermitteln.

Hier sei viel auf der lokalen Ebene beiderseits des Atlantiks möglich, etwa im Erziehungswesen und in den Schulen. Gerade in der Auseinandersetzung mit islamistischen Gruppen sei es nötig, an diese Werte aktiv zu erinnern, und sie auch zu verteidigen, äußerten die Teilnehmer übereinstimmend.

Darüber hinaus könne durch den direkten Kontakt zwischen Gesellschaft und Polizei ein besseres Verständnis der Menschen und ihren Problemen geschaffen werden kann. Dies würde dann auch bei Präventions- und Interventionsmaßnahmen behilflich sein, da gefährdete Jugendliche früher identifizieren werden könnten.

Dialogkultur ausbauen

Ein weiterer Diskussionspunkt beschäftigte sich mit der Frage, ob es hilfreich sei, einige Gruppen im Nahen Osten, die moderaten Ideen nicht abgeneigt seien, und in Europa in einen Dialog in der Zivilgesellschaft einzubinden. Ziel sei es, den radikalen Gruppen entgegenzuwirken und so ihren Schwung zu nehmen. Der Dialogaufbau mit bestimmen Gruppierungen wie der Muslimbruderschaft wurde diskutiert und auf entwicklungspolitischer Ebene analysiert. Ein Teilnehmer der Diskussion meinte, dass dieser Dialog mit einem entsprechenden klaren Angebot der Unterstützung versehen, den Weg zu einer stabileren Lage im Nahen Osten ebnen könne. Andere Experten äußerten jedoch Vorsicht, da diese Gruppierungen meist unübersichtlich seien und mögliche Dialogpartner zudem auch oft untereinander Konflikte hegen.

Staatssekretär Krings warb bei den Diskussionspartnern um ein möglichst abgestimmtes transatlantisches Vorgehen gegen die foreign fighters. Gefahren aus dem Innern bedürften gemeinsamer transatlantischer Antworten, betonte er. Er stieß hier auf offene Ohren. Alle Diskussionsteilnehmer waren sich hinterher einig, dass diese vielschichtigen Fragen mit Entschlossenheit auf vielen Politikfeldern beantwortet werden müssten, und Anstrengungen in der Diplomatie, in der Sicherheitspolitik und in der Entwicklungszusammenarbeit vorgenommen werden müssten.

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Kontakt

Paul Linnarz

Paul Linnarz bild

Leiter des Länderprogramms Japan und des Regionalprogramms Soziale Ordnungspolitik in Asien (SOPAS)

paul.linnarz@kas.de +81 3 6426 5041
David Pollock, The Washington Institute; Dr. Guenter Krings MdB, Parl. Staatssekretaer beim BMI; Dr. Lars Haensel, Leiter KAS Washington Elmar Sulk hat fotografiert

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