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Veranstaltungsberichte

Innovation and Disruption in Emerging Technologies

Norbert Lammert und Gerhard Wahlers in Washington und San Francisco

Im Mittelpunkt des diesjährigen USA-Besuchs von Prof. Dr. Norbert Lammert, KAS-Vorsitzender und ehemaliger Präsident des Deutschen Bundestages, sowie Dr. Gerhard Wahlers, stellvertretender Generalsekretär der Stiftung, standen Herausforderungen und Lösungsansätze beim Umgang mit Künstlicher Intelligenz und im globalen Wettbewerb um Investitionen und innovative Unternehmen.

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Die ganz erheblichen, sowohl von den USA als auch von Deutschland unternommenen und eng miteinander abgestimmten Anstrengungen zur militärischen, politischen und finanziellen Unterstützung der Ukraine haben die transatlantischen Beziehungen seit dem Ausbruch des russischen Angriffskrieges in einer Weise gefestigt wie schon lange nicht mehr. Das war während des Besuchsprogramms eine der Kernaussagen nicht nur in der Deutschen Botschaft, sondern auch bei einer Gesprächsrunde im US-Außenministerium und mit der demokratischen Abgeordneten und früheren Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Der Krieg in der Ukraine hat das Augenmerk gleichzeitig auf technologische Herausforderungen gelenkt, die in ihren Auswirkungen derzeit weder für die unmittelbare militärische Auseinandersetzung, noch darüber hinaus für die Resilienz demokratischer Strukturen und Institutionen konkret absehbar sind. Nicht nur ist die Ukraine zu ihrer Verteidigung auf „klassische“ Waffensysteme der westlichen Verbündeten und einen kontinuierlichen Nachschub an Munition angewiesen, sondern setzt sie unter anderem für Aufklärungszwecke auch Geräte und Software ausländischer Unternehmen ein, deren Produkte ursprünglich für zivile Anwendungen entwickelt wurden. Mehrfach hoben Vertreterinnen und Vertreter namhafter US-amerikanischer Think Tanks, darunter Wilson Center, ITIF, Hudson Institute und Niskanen Center, in Washington hervor, wie stark diese Produkte und Anwendungen inzwischen auf die Kriegsführung einwirken. Für die Beeinflussung der öffentlichen Meinung gilt dies analog: Anhaltende, mit der Weiterverbreitung „passender“ Botschaften zum Teil überaus subtil geführte und an sehr genau definierte Nutzerkreise adressierte Desinformationskampagnen in den sozialen Medien wirken nach den Worten von Hany Farid, Professor an der Universität Berkeley, zunehmend auf die politische Meinungsbildung ein. „Deepfakes“ richten schon jetzt auch wirtschaftliche Schäden an.

Der Krieg in der Ukraine und die Markteinführung von „ChatGPT“ im November letzten Jahres haben zudem die politische Auseinandersetzung über die Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz erheblich intensiviert. Bei einem Abendempfang im KAS-Büro unterstrich Botschafterin Karen Kornbluh, Leiterin der „Digital Innovation und Democracy Initiative“ des German Marshall Fund of the United States (GMF), dass für geeignete „Leitplanken“ bei der Verbreitung und Nutzung von KI verbindliche Vereinbarungen zwischen den USA und ihren demokratischen Partnerländern zwingend seien. Bei der Festlegung auf die entsprechenden Regelungen sei eine enge Abstimmung zwischen den Regierungen, zivilgesellschaftlichen Akteuren und der privaten Wirtschaft erforderlich. Grundsätzlich würdigten mehrere Gesprächspartner in diese Richtungen die Vorreiterrolle der Europäischen Union. Gleichzeitig dürften aus ihrer Sicht gemeinsame Bestimmungen zur Regulierung aber nicht in einem „kleinsten gemeinsamen Nenner“ resultieren, der unter anderem der Volksrepublik China bei der Nutzung von KI international Wettbewerbsvorteile verschaffe. Das gelte auch für die militärische Nutzung von Künstlicher Intelligenz. In San Francisco wurde in diesem Zusammenhang auf neue technologische Entwicklungen bei der Produktion von Drohnen verwiesen, die sich elektronisch untereinander verständigen und feindliche Ziele „im Schwarm“ angreifen.

San Francisco und das angrenzende Silicon Valley übernehmen in den USA bei der kommerziellen Entwicklung von KI-Anwendungen weiterhin eine Schlüsselrolle und sind damit auch für deutsche Investoren überaus attraktiv. Die Vor- und Nachteile des Innovationsstandorts an der Westküste kamen in mehreren Gesprächsrunden mit Generalkonsul Oliver Schramm und deutschen sowie US-amerikanischen Vertretern der Privatwirtschaft zur Sprache. Zu den Vorteilen für deutsche Unternehmen und Start-ups zählt neben dem Zugang zum großen und überaus wettbewerbsorientierten US-amerikanischen Markt weiterhin die Verfügbarkeit von Wagniskapital auch für größere Investitionen und schnelles Wachstum. Gerade kleinere ausländische Unternehmen profitieren im Vergleich von vergleichsweise niedrigen regulativen Hürden bei der Ansiedlung und Entwicklung. Mit großem personellen und finanziellen Aufwand fördern auch die Universitäten die Ausgründung von Unternehmen durch talentierte Studentinnen und Studenten. Längst nicht jedes deutsche oder ausländische Unternehmen hat an der US-Westküste aber Erfolg. Zu den größten Herausforderungen zählen kulturelle Gründe. Einerseits böte der Markt ein überaus technologieaffines Umfeld und den Zugang zu den erforderlichen Daten gerade für die Entwicklung neuer KI-Anwendungen; gleichzeitig dürfe im schnelllebigen Silicon Valley aber kein Start-up erwarten, sich mit durchschnittlichen Wachstumsergebnissen lange halten zu können. „Scheitern“ gehöre durchaus zum Geschäft. Wer seine Chancen nicht verspielen wolle, müsse aber rechtzeitig den Ausstieg finden und dürfe nicht darauf hoffen, mit dem eigenen Unternehmen „in Rente“ gehen zu können.

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Kontakt

Paul Linnarz

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Leiter des Länderprogramms Japan und des Regionalprogramms Soziale Ordnungspolitik in Asien (SOPAS)

paul.linnarz@kas.de +81 3 6426 5041

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