Veranstaltungsberichte
Botschafter Ross war bei den Verhandlungen unter den Präsidenten George H.W. Bush, Bill Clinton und Barack Obama direkt beteiligt. Er war mitverantwortlich für die israelisch-jordanische Friedensverhandlung 1994 und das Hebron-Protokoll 1997. In jüngerer Zeit war er einer der engsten Berater von Präsident Obama und Außenministerin Clinton.
An der Diskussion nahmen hochrangige Vertreter internationaler diplomatischer Vertretungen in den USA, von internationalen Organisationen, Think Tanks, deutschen, israelischen und US-amerikanischen Forschungseinrichtungen sowie Wirtschaftsvertreter, Politiker und Journalisten teil.
Derzeit gehe es darum, die Prinzipien für weitere Verhandlungen festzulegen, betonte Ross in seiner Rede. Ross hält die gegenwärtigen Bemühungen von John Kerry für äußerst wichtig und sieht sich nicht als Skeptiker. Ross sieht Faktoren, welche die Verhandlungen gegenwärtig als aussichtsreich erscheinen lassen, gleichzeitig gäbe es eine Reihe von Hindernissen. Ross unterbreitete zudem konkrete Vorschläge für weitere Schritte, um die Verhandlungen weiter voranzubringen.
Dennis Ross wies zunächst darauf hin, dass er nie zu denen gehört habe, welche die Bemühungen John Kerrys skeptisch sehen. Zu den Gründen dafür führte er auf, dass die Lösung des Konfliktes nicht in überzogener Erwartung als Lösung anderer Probleme des Nahen Ostens gesehen werden dürfte. Dies sei seit den Zeiten Trumans zwar immer wieder so gedeutet worden, werde aber dem Nahen Osten nicht gerecht.
So seien etwa die Probleme in Syrien, aber auch die existentielle Auseinandersetzung zwischen Armee und Muslimbruderschaft in Ägypten, wie auch die Situation im Irak, Jemen usw. von diesem israelisch-palästinensischen Konflikt nicht beeinflusst. Dennoch sei es wichtig, sich um eine Lösung dieses Konfliktes zu bemühen - auch wenn der kein "game changer" für die Region sei. Die Region sei mit genügend akuten Unruhen belastet - weitere Unruhen können nicht in unserem Interesse sein, so Ross.
Aus dem Kontext des Konfliktes ergeben sich Faktoren, welche die Lösung derzeit begünstigen.
• Hierzu zählt erstens für Ross, dass der israelisch-palästinensische Konflikt derzeit in der Region nicht die oberste Priorität einnimmt. Zu den Prioritäten gehöre vor allem die sich verändernde Balance durch die regionalen Ambitionen des Iran. Dies führe auch zu gemeinsamen Interessen etwa zwischen Israel und Saudi-Arabien. Dass der israelisch-palästinensische Konflikt derzeit nicht zentral sei, helfe ihn zu lösen, betonte Ross.
• Zweitens eröffne die Schwäche der Hamas neue Chancen: wurde die Hamas noch vor kurzem auch von Mahmud Abbas als Vorreiter für Entwicklungen hin zu einer Radikalisierung in der Region gesehen, so gilt dies nicht mehr.
• Der israelische Premierminister Netanjahu habe drittens wiederholt betont, dass ein binationaler Staat nicht im Interesse Israels liege. Netanjahu sei bereit, dafür auch die entsprechenden Schritte zu gehen und etwas dafür zu tun.
• Auch das starke Engagement John Kerrys sei ein positives Zeichen - ohne dieses Engagement seien Fortschritte nicht möglich.
• Die bisherigen Verhandlungen hätten die zu lösenden Probleme deutlicher gemacht - auch das könne bei der Suche nach einer umfassenden Friedenslösung helfen, so Ross.
Allerdings gäbe es auch ebenso viele Hindernisse: Dazu zählen vor allem zwei Faktoren: Erstens, die beiden israelischen und palästinensischen Führungspersönlichkeiten misstrauten sich sehr tief, es bestehe ein substantieller Graben. Israel sei enttäuscht darüber, dass Mahmud Abbas sich vor Entscheidungen drücke (etwa zum seinerzeit unterbreiteten Angebot Olmerts). Auch Mahmud Abbas' Erwartungen an Netanjahu würden immer wieder enttäuscht. Zweitens, die Öffentlichkeit auf beiden Seiten glaube momentan nicht an eine Lösung. Die Unterstützung für eine Zwei-Staaten-Lösung nehme auch auf palästinensischer Seite radikal ab. Dies habe Auswirkungen auf die Entscheidungen der politischen Führer, so Ross.
Wo stehen wir? Grundsätzlich gehe es im Moment nicht um ein Endabkommen, sondern um grundsätzliche Prinzipen, nach denen die Verhandlungen geführt werden sollen. Um den Prozess weiter zu erhalten, müssen einerseits konkrete Schritte von beiden Seiten gegangen werden, gleichzeitig muss die jeweilige Öffentlichkeit von der gegenwärtigen Umsetzbarkeit einer Zwei-Staaten-Lösung überzeugt werden. Dazu schlägt Ross vor, dass Israel öffentlich bekannt gibt, nur noch in Siedlungsblocks zu bauen (nicht mehr in Siedlungen außerhalb der Siedlungsblocks). Die Palästinenser sollten sich im Gegenzug öffentlich explizit für eine Lösung "Zwei Staaten für zwei Völker" aussprechen.
Dies würde auf beiden Seiten die Ernsthaftigkeit zeigen. Auch Deutschland könne hier eine Rolle spielen, so Ross. Danach solle sich Deutschland in Europa zum Anwalt dieser beiden konkreten Schritte machen. Gleichzeitig solle sich Deutschland gegen das Momentum wenden, von welchem sich derzeit die Palästinenser die Umsetzung Ihrer Interessen versprechen: nämlich sich unter der Umgehung von Verhandlungen an internationale Organisationen zu wenden. Dieses Bemühen der Palästinenser sei "in die Irre führend", da sie "Symbole über Substanz" setzen.
In der Diskussion im Anschluss, welche von Bruce Stokes vom pew research institute moderiert wurde, entgegnete Dennis Ross unter anderem Verfechtern einer "Ein-Staaten-Lösung", dass dies nirgends wirklich funktioniert habe - erst recht sei dies im Nahen Osten nicht aussichtsreich. Es gäbe zwei Nationen, die beide auch in Zukunft in der Region existieren werden.
Die Veranstaltung diente als Eröffnung einer zweitägigen Konferenz, in der die Konrad-Adenauer-Stiftung Experten aus der Politik und verschiedenen akademischen Disziplinen in Washington zusammengebracht hat. Auf dieser Konferenz wurden die gemeinsamen Werte und gemeinsamen Herausforderungen von Israel, Deutschland und den Vereinigten Staaten in den Mittelpunkt der Diskussionen gestellt.