Der Landesbeauftragte für Niedersachsen der KAS, Christoph Bors, eröffnte die Veranstaltung und begrüßte die anwesenden Gäste. Mit dem Zitat Konrad Adenauers betonte er: „Eine gewisse Kenntnis der Geschichte ist ja doch die Grundlage jeden politischen Denkens.“
Anschließend übernahm Theresa Hein die weitere Moderation des Abends und führte in das Thema ein. Sie verwies darauf, dass man bei der Gestaltung eines Grundsatzprogrammes den Blick sowohl nach vorne als auch nach hinten, in die Vergangenheit, richten müsse. Entsprechend seien Frau Dr. Zehender, Referentin in der Abteilung Zeitgeschichte der Konrad-Adenauer-Stiftung, als auch Sebastian Lechner MdL, Landesvorsitzender der CDU Niedersachsen sowie Fraktionsvorsitzender der CDU-Landtagsfraktion, als Redner eingeladen worden.
Zunächst übernahm Dr. Zehender den Blick nach zurück: Ihren Vortrag eröffnete sie mit einem Zitat Richard von Weizsäckers, der 1973 bei einer Klausurtagung im CDU-Bundesvorstand den Zustand der eigenen Partei folgend beschrieb:
„Ich gehöre zu denen, die die Lage als ernst, und zwar als langfristig ernst ansehen. […] Von langer Hand ist eine Lage entstanden, die ernst ist, und die auch nur mit langfristigen Maßnahmen wieder freundlicher gestaltet werden kann.“
Die CDU hätte sich damals, nachdem sie ihre Regierungsmehrheit verloren hatte, aus der Opposition herauskämpfen und einen neuen Kurs finden müssen. Zehender beschrieb in ihrem Vortrag, wie die CDU im Anschluss mit Hilfe parteiinterner Debatten eine programmatische Fortentwicklung durchmachte. Als erste deutsche Volkspartei habe die CDU immer wieder verschiedene Interessen wie auch Spannungen ausgleichen müssen, wozu Zehender etwa den Ausgleich erfolgreicher Wirtschafts- und Sozialpolitik als Beispiel anführte. Man habe sich daher auf eigene Grundsätze zurückbesonnen und zugleich überlegt, an welchen Stellen man sich erneuern müsse. Bis 1978 habe man dann ein Grundsatzprogramm ausgearbeitet, welches in der Ära Kohl das Fundament einer modernen Volkspartei bilden sollte. Ähnlich wie bereits in den 1970ern habe sich die CDU auch später immer wieder neu auf eigene Grundsätze zurückbesinnen, wie auch entsprechend der verändernden Rahmenbedingungen erneuern müssen. So etwa nach dem Mauerfall und der Wiedervereinigung, sodass ein Zusammenwachsen der ost- und westdeutschen Bundesländer und Parteigremien gelingen konnte oder auch in der relativ kurzen Oppositionsphase von 1998 bis 2005, nachdem die CDU aufgrund der Parteispendenaffäre Stimmenverluste hinnehmen und sich wieder Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern mühsam erarbeiten musste.
Nach der Wahlniederlage von 2021 stehe die CDU nun wieder vor der großen Aufgabe, einen Kurs zu finden mit dem Sie das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückgewinnen kann. Laut Zehender steht sie dabei vor großen Herausforderungen. Es gelte heute mehr denn je, die umfassenden politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen erfolgreich zu gestalten. Ganz besonders, da die offene Gesellschaft und die liberale Demokratie unter Druck ständen und die Polarisierung zunehme. Zehender schloss ihrem Vortrag wieder mit einem Zitat von Richard von Weizsäcker aus dem Jahr 1978: „Grundsätze sind kein selbsttätiger Besitz; sie werfen eben nicht automatisch politische Zinsen ab, von denen sich gut leben lässt. Vielmehr sind sie nur dann lebendig, wenn wir sie uns in der ganzen Partei immer wieder von neuem zu eigen machen.“
Im Anschluss an Zehenders Vortrag skizierte Sebastian Lechner wie er sich in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der CDU in Niedersachsen den neuen Kurs vorstellt. Dieser würde auf insgesamt fünf Grundsätzen aufbauen, welche gegenwärtig politisch besonders wichtig seien, so Lechner.
Zunächst das Prinzip der „Subsidiarität“. Verantwortung müsse möglichst zurück auf die unterste Ebene verlagert werden. Entsprechend müsse die Zuständigkeit und Umsetzungskompetenz wieder stärker an lokale Organe wie Stadt, Gemeinde oder Kommune gegeben werden.
Als zweiten Grundsatz nannte Lechner die „Leistungsgerechtigkeit“. Im Recht und vor Gericht müsse jeder gleichbehandelt werden. Das dürfe aber nicht bedeuten, dass wirtschaftlich alle gleich behandelt werden sollten. Vielmehr müsse ein Unterschied spürbar sein, der sich an der Leistung jeder und jedes Einzelnen bemesse. Folglich müsse derjenige mehr bekommen, der jeden Tag seine Energie in Arbeit steckt, als derjenige, der dies nicht tut.
Dies bedeute jedoch nicht, dass man diejenigen zurücklässt, die Unterstützung benötigen. Entsprechend des dritten Grundsatzes „Solidarität“ müsse man dafür sorgen, dass die Kranken medizinische Hilfe bekämen und den Arbeitssuchenden dabei geholfen wird, eine passende Arbeitsstelle zu finden.
Darauf aufbauend formulierte Lechner auch seinen vierten Grundsatz „Pragmatismus“. Lösungen müssten pragmatisch gefunden werden. Man dürfe Menschen nicht unnötig Steine in den Weg legen. Wenn jemand arbeiten möchte und ein Arbeitgeber ihm nach eigener Prüfung des Bewerbers auch Arbeit geben möchte, müsse man das beiden auch ermöglichen. Ggf. müssten dann auch zu hohen Standards angepasst werden, diese seien zum Beispiel bei Deutschlehrern für Zugewanderte unnötig hoch und auch die Prüfung von Abschlüssen müsse und könne schneller gehen.
Als letzten Grundsatz nannte Lechner die „Zuversicht“. Ein grundsätzlicher Optimismus sei Voraussetzung zur Lösung von Problemen und Krisen. Diese Zuversicht müsse auch den Bürgerinnen und Bürgern vermittelt werden. Angst müsse genommen werden und als Partei daran gearbeitet werden, dass die Bürgerinnen und Bürger darin vertrauen, dass man selbst derjenige ist, der die Probleme am besten lösen kann.
Im Anschluss an Sebastian Lechners Vortrag moderierte Theresa Hein eine Diskussion zwischen Publikum und Lechner. Dabei wurde von den Teilnehmern unter anderem darauf verwiesen, dass eine stärkere Selbstreflexion und eine Aufarbeitung notwendig seien, wieso die CDU überhaupt abgewählt wurde und in die Opposition geriet. Lechner verwies darauf, dass in der Regierungszeit Merkels nicht alles falsch gelaufen sei, viel mehr könne man über diesen langen Zeitraum viele Erfolge für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft erkennen. Jedoch sei es auch einer Zeit der vielen Krisen gewesen, mit denen man habe umgehen müssen. Lechner versprach jedoch, dass eine parteiinterne Reflexion stattfände und dies regelmäßig. Hinter verschlossenen Türen würde man viel diskutieren und darüber streiten, was man in der Vergangenheit falsch gemacht hat und auch jetzt noch falsch mache.
Ein zweites wichtiges Thema der Diskussion war die Migrationsfrage. Lechner sprach sich dabei für eine Begrenzung des Zuzugs aus. Denjenigen, denen Asyl gewährt würde, müsse jedoch besser geholfen werden und dafür gesorgt werden, dass sie schnell in Arbeit kommen.
Aufgrund zahlreicher Wortbeiträge der Gäste erklärte sich die Talkgäste bereit, die Fragerunde zeitlich zu verlängern. Im anschließenden Getränkeempfang wurden einige Gedankengänge in lockerer Atmosphäre mit den Referenten vertieft.
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