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Veranstaltungsberichte

Europa, die Champions League der Mitgliedsstaaten kämpft um den Zusammenhalt

Alt-Bundespräsident Christian Wulff fordert mehr Vertrauen in Europa

Der frühere Bundespräsident Christian Wulff begrüßte das neu entfachte Interesse bei jungen Menschen an Europa. „Es setzt ein Umdenken ein und diese einzigartige Chance, die junge Generation in das politische Geschehen zu integrieren und ihnen Verantwortung zu übertragen, darf von den Parteien nicht verschlafen werden“, mahnte Wulff in Oldenburg. Auf Einladung des Hermann-Ehlers-Bildungsforums Weser-Ems der Konrad-Adenauer-Stiftung kamen über 200 Gäste in den Alten Landtag.

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Wäre Europa eine Fußballmannschaft würde der Verein in einer Krise stecken. Die Staatsschuldenmisere 2010 hat der Vereinskasse schwer geschadet, populistische Fangruppen am Spielfeldrand versuchen den Mannschaftsgeist zu stören und Großbritannien will als einer der Stammspieler im europäischen Kader mittels Brexit den Verein sogar verlassen – die Ablösesumme ist noch in Verhandlungen.

In diesen Tagen sind viele Bälle im Spiel, mit denen die Europäische Gemeinschaft umgehen muss. Doch Christian Wulff zeigt sich kämpferischer denn je. „Ich denke, dass Europa wieder wächst, wir sind auf dem richtigen Weg“, so Wulff. Aber das Vertrauen und die Demokratie in Europa müssten gestärkt werden. „Die Freiheit ist in Gefahr, wenn wir nicht in einen Dialog treten“, forderte der Altbundespräsident in seinem Vortrag in Oldenburg. Er sieht drei Ursachen für auflodernden Nationalismus, Protektionismus und Hass in der Gesellschaft: Terrorismus, Globalisierung und die unverarbeitete Digitalisierung.

Mehr Aufklärungsarbeit für Jugendliche im Internet

Wulff bezeichnete es als „perfide Strategie der Terroristen“, dass Muslime durch terroristische Anschläge unter Generalverdacht gestellt würden. Es sei erschreckend, in einer Welt zu leben, in der man in alle Richtungen ermitteln müsste, wie der Anschlag auf die Mannschaft von Borussia Dortmund zeige. Alles sei nun möglich, was es damals nicht gab. Eine Verstärkung der Polizei und der Ausbau einer europaweiten Terrorabwehrzusammenarbeit seien dazu von Nöten, forderte Wulff.

Die Finanzkrise habe das Bankenwesen in Frage gestellt und viele verunsichert. Zudem zeige eine „unverarbeitete Digitalisierung“ auch ihre Schattenseiten. „Verschwörungstheorien bleiben nicht mehr am Stammtisch“, so der ehemalige Bundespräsident, sondern werden im Netz gepostet. Ungenaue Quellenbezüge im Journalismus erschwerten die Differenzierung zwischen Wahrheit und Fakenews. „Medienmacher sollten sich wieder an Moral und Ethik orientieren“, und es bedarf mehr Aufklärungsarbeit für Jugendliche im Netz.

"Deutschland hat vom Fremden immer profitiert"

Mit Blick auf die Integrationsarbeit lobte Wulff die Vereinsarbeit und Ehrenamtlichen in Deutschland, „die einen entscheidenden Faktor in der Integration von Zuwanderern leisten“. „Deutschland hat vom Fremden immer profitiert“, sagte Wulff. Die frühere Familienministerin Niedersachsens, Aygül Özkan, habe einen guten Job gemacht und sei ein gelungenes Beispiel für die Integration türkischstämmiger Zuwanderer. „Wir Deutschen sind dankbar, dass Özil, Khedira und Mustafi in der deutschen Nationalmannschaft spielen“, sagte Wulff. Menschen mit Migrationshintergrund seien eine wertvolle Bereicherung für Deutschland und ein Zeichen für Toleranz und Weltoffenheit. Aber wie beim Fußball spielten in der Integrationsarbeit Regeln, Ziele und Fairness eine wichtige Rolle. Dies setze die Anerkennung unserer Gesetze und Werte voraus. Wer diese nicht akzeptiere, werde geächtet.

Libero-Status und Vorbilder

Europa müsse eine klare Haltung beziehen, damit die gemeinsamen Werte der Europäischen Union nicht verloren gingen. Der Beschluss der EU-Kommission für ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn wegen eines neuen Hochschulgesetzes sei ein Schritt in die richtige Richtung. „Europa und Deutschland müssen sich gegen die Feinde der Demokratie verteidigen“, so Wulff. Deutschland als Libero nimmt eine führende Rolle auf dem Spielfeld ein. Aber Wulff warnte davor, nicht zu selbstherrlich zu agieren. Ein Neuaufbau von Vertrauen in die EU funktioniere über eine selbstkritische Reflexion und dem eingestehen von Fehlern.

In der Historie Europas gab es einige Akteure, die sich für Vertrauen und Zusammenhalt der EU einsetzten. Gründervater Konrad Adenauer agierte wie ein Trainer, der mit seinem Geist und seiner Motivation die Mannschaft inspirierte. Für Wulff ist er eine Ausnahmeerscheinung. „Adenauer ist der Lionel Messi der Politik“, würdigte ihn der Altbundespräsident. Die Champions League Europa steht trotz einiger Herausforderungen auf festen Beinen. Die Wahlen in den Niederlanden und die bevorstehenden in Frankreich seien ein Indikator dafür, ist Wulff überzeugt.

Wie Christian Wulff den Ausgang der Frankreichwahl einschätzt, hören Sie im Podcast.

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