Veranstaltungsberichte
Zwar sei das Land Niedersachsen für die Unterbringung der Flüchtlinge zuständig und damit für 100 Tsd. Menschen, die in diesem Jahr nach Niedersachsen gekommen seien. Dabei habe man auf die Hilfe von 20 Kommunen im Rahmen von Amtshilfe zurückgreifen müssen, die die überfüllten Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes entlasteten. Sehr kritisch setzte sie sich mit der Abschiebepraxis der Landesregierung auseinander. Von 19 Tsd. Personen, die einen Abschiebebescheid erhalten hätten, konnten 14. Tsd. Duldungsgründe erwirken. Die Abschiebequote läge mit 3 % weit unter der z.B. von Baden-Württemberg (7,2 %). Sie sprach sich dafür aus, über die Ausgestaltung des Asylrechts zu diskutieren mit dem Ziel, die Zuwanderung zukünftig besser steuern zu können und fasste kurz und bündig zusammen: "Ich möchte keine Zäune und keine Mauern haben".
Der örtliche Landtagsabgeordnete Dr. Stephan Siemer MdL wandte sich vor allem gegen haarsträubende Gerüchte, die sich in letzter Zeit im Hinblick auf das Verhalten der Flüchtlinge in den entsprechenden Unterkünften breit machten. Er zeigte sich aber auch besorgt über die zu erwartenden Probleme bei der Unterbringung und die fehlende Planungssicherheit.
Der Landrat des Landkreises Vechta, Herbert Winkel, gab zu Protokoll, dass derzeit 2.300 Asylsuchende im Landkreis Vechta Zuflucht gefunden hätten und registriert seien, die allerdings noch das Verfahren des Bundesamts für Flüchtlinge und Migration durchlaufen müssten. Das Innenministerium des Landes Niedersachsen habe bereits für das kommende Jahr eine Verdoppelung der Quote angekündigt. Schon jetzt sei abzusehen, dass die Suche nach geeignetem Wohnraum extrem schwierig würde.
Der Vertreter der Caritas, Dietmar Fangmann, verwies auf die Stabilität der Stimmungslage in den Flüchtlingsunterkünften. Auch sei der die Hilfsbereitschaft entsprechend dem Caritas-Wahlspruch "Not sehen und handeln" der freiwilligen Helfer nachwievor hoch. Die Lage in den Erstaufnahmeeinrichtungen habe sich deutlich entspannt, auch dadurch dass viele ihr Schicksal selbst in die Hand nähmen und selbständig und z.T. unregistriert zu Familienangehörigen und/oder ins Ausland weiter reisten. Alles hänge aber von einer Beschleunigung des Registrierungsverfahrens ab. Er warb eindringlich dafür, schnell und ausreichend Integrationsangebote zu organisieren, die allerdings nur dann nachhaltig sein könnten, wenn eine Unterbringung dezentral erfolge.
Der Vorstand der Johanniter-Unfall-Hilfe in Niedersachsen, Thomas Mähnert, verwies zunächst darauf, dass es in kürzester Zeit gelungen sei, auch mit Hilfe Ehrenamtlicher, die aktuelle Herausforderung zu meistern. Inzwischen betreut seine Organisation 10 Tsd. Personen allein in Niedersachsen. Er machte aber auch deutlich, dass die vielen Freiwilligen möglichst schnell durch hauptamtliches Personal entlastet werden müssten. So habe man mittlerweile 600 neue Arbeitsplätze geschaffen, die allerdings zumeist auf ein Jahr befristet seien. Er erlebe die allermeisten Flüchtlinge als freundliche Menschen, die gerne etwas von dem zurückgeben möchten, was sie an Hilfe und Fürsorge erhalten hätten. Dabei sei aber auch auf die Betreuung der Helfer zu achten, die Schwierigkeiten hätten, die z.T. grausamen Erlebnisse und Erzählungen der Flüchtlinge zu verarbeiten. Unabhängig davon habe sich aber gezeigt, wie enorm belastbar und hilfreich die ehrenamtlichen Strukturen in Deutschland seien. Diese gelte es unbedingt weiter zu erhalten und zu fördern.
Es schloss sich eine längere und intensive Diskussion der Podiumsdiskutanten und den Veranstaltungsbesuchern an, bei der vor allem der Ausspruch der Bundeskanzlerin "Wir schaffen das" im Mittelpunkt stand und dabei die Fragen nach dem "Wie" und dem "Was".
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