Veranstaltungsberichte
Bereits kurz nach den Wahlen hatte der Chef der Militärjunta, Salou Djibo, deshalb die Expertise der Konrad-Adenauer-Stiftung für eine kurzfristige Schulung der Parlamentarier erbeten. Das Regionalprogramm Politischer Dialog Westafrika (PDWA) kam diesem Wunsch gerne nach – umso mehr, als damit auch die frühere Kooperation der KAS mit der Assemblée Nationale wieder aufgenommen wurde.
Man konnte davon ausgehen, dass die Mehrzahl der teilnehmenden Abgeordneten kein klares Bild weder von ihren Aufgaben, noch von der Rolle der Fraktionen oder der der Ausschüsse haben würde. Diese Annahme bestätigte sich bei der ersten Sitzung der 55-köpfigen Gruppe, als das Referententeam Vorwissen, Erwartungshaltung und Bedürfnisse erfragte. Was die Tätigkeiten eines Parlamentariers ausmachen, war unklar. Welches seine Rolle bei Gesetzgebung und Regierungskontrolle sind, nicht bekannt. Dass die Parlamentsverwaltung und die parlamentarischen Berater zur Unterstützung der Deputierten existieren, ihnen strategische und thematische Hilfestellung leisten können und sollen, war den Abgeordneten völlig neu. Die Folge für Methode und Inhalt der Schulung: Erforderlich war ein dichtes Informationsangebot mit genügend Freiraum zu vertiefender Diskussion und Nachfragen, um die politische Situation im eigenen Land zu reflektieren.
Dementsprechend sah das Programm denn auch aus: In einem Methodenmix aus Gruppenarbeit, Vorträgen und Plenumsdiskussion wurden die Rechte und Pflichten der einzelnen Parlamentarier, die Organisation der Ausschüsse, die Rolle der Fraktionen, ihre Verantwortlichkeiten sowie die Grundzüge des Gesetzgebungsverfahrens und die Kontrolle der Regierung durch das Parlament erarbeitet. Immer orientiert an praktischen Beispielen und an grundsätzlichen Fragen der Demokratie.
Die Vermittlung von Kenntnissen war aber nur eine Seite der Medaille bei dieser Schulung. Immer wieder wurde in den teils heftigen Diskussionen im Plenum deutlich, dass die alten Grabenkämpfe zwischen den Parteien noch nicht beigelegt sind und alte Verletzungen innerhalb gespaltener Parteien noch lange nicht ausgeheilt sind. Im Entwicklungsstadium begriffen ist immer noch das Bewusstsein für eine politische Kultur, die den Wechsel zwischen Oppositions- und Regierungsrolle als normal akzeptiert. Mit dem formalen Übergang zu demokratischen Strukturen ist im Niger zwar ein großer Schritt getan. Gewinner und Verlierer der Wahlen das Ergebnis akzeptiert. Bislang sind sich aber weder die parlamentarischen Vertreter der Regierungskoalition noch der Opposition des ganzen Ausmaßes ihrer Verantwortung voll bewusst.
Auch deshalb wird die erste Schulung keine Eintagsfliege bleiben. Die erste Schulung hatte aufgrund des begrenzten Zeitbudgets der Parlamentarier vor der Sommerpause innerhalb der Assemblée Nationale stattgefunden. Die Fortsetzung zu Budget- und anderen Fragen wird im Herbst außerhalb des Parlamentes stattfinden. So haben die Parlamentarier Zeit für interne vertiefende Diskussionen, um ihr Bewusstsein für ihre Rolle in der Demokratie weiterzuentwickeln.
Erste Wirkungen hatte die Schulung durch die KAS bereits, was die Sensibilisierung der Abgeordneten für ihre Rückbindung an die die Wähler anging. Die Abgeordneten selbst erwogen zwischenzeitlich weitere Schritte, um mit ihren Wählern in Kontakt zu bleiben. Gemeinsam mit den Veranstaltern diskutierten sie Maßnahmen wie Parlamentsbesuche der Bevölkerung und die Erstellung eines Parlamentshandbuches. Solche Neuerungen würden im Kontext des Landes Niger und der Region einen großen Fortschritt in Richtung Transparenz und Nachvollziehbarkeit parlamentarischen Handelns darstellen.