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Hilfe für Ägypten auf dem Weg zur Demokratie
Pöttering fordert von Europa Fingerspitzengefühl
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"Wenn ihr unsere Hilfe wollt, dann bieten wir sie gerne an" - mit dieser Haltung müsse das Ausland an Ägypten herantreten, sagt der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung Hans-Gert Pöttering, der sich zur Zeit in Kairo aufhält. Die Zukunft Ägyptens sieht er positiv. Ein Interview von Jörg Degenhardt im Deutschlandradio Kultur.
Jörg Degenhardt: Wir schauen in diesen Tagen vorzugsweise nach Libyen, aber auch in Ägypten geht es nicht nur friedlich zu: Gegen das alte System regt sich weiter Widerstand, vor allem gegen die Behörden der Staatssicherheit. In der Hafenstadt Alexandria und in Kairo kam es zu Demonstrationen, die Polizei griff massiv ein, es gab Verletzte.
Die Auflösung des Spitzelministeriums ist eine der Hauptforderungen der Opposition; die darf zunächst mit Genugtuung vermerken, dass gestern der noch von Mubarak eingesetzte Innenminister ausgetauscht wurde. Die Ägypter sollen am 19. März, also schon demnächst, in einem Volksentscheid über Verfassungsänderungen abstimmen, nach dem Referendum sind dann Parlaments- und Präsidentschaftswahlen geplant. Nach diesen wiederum wollen die Militärs die Macht wieder abgeben.
Hans-Gert Pöttering war Präsident des Europäischen Parlaments und ist jetzt Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, gerade ist er in Ägypten unterwegs. Was ist von der Aufbruchsstimmung der ersten Tage der Revolte noch zu spüren?
Hans-Gert Pöttering: Ja, ich bin auf dem Tahrir-Platz gewesen, wo auch nach wie vor viele, viele junge Menschen sind. Und es war eine wirklich wunderbare Erfahrung, mit diesen hoffnungsvollen jungen Menschen ins Gespräch zu kommen. Sie sind friedlich, sie wollen Zusammenarbeit mit Europa, sie heißen einen willkommen, sie glauben an die Zukunft Ägyptens. Es war eine wunderbare Erfahrung, und deswegen glaube ich auch, dass diese junge Generation wirklich in die Zukunft schaut, und sie hat ja diese Revolution in Ägypten durchgesetzt. Und auch alle Gesprächspartner - mit ganz wenigen Ausnahmen - blicken doch sehr zuversichtlich in die Zukunft hier in Ägypten.
Degenhardt: Sie haben auch mit dem Präsidenten der Arabischen Liga, mit Herrn Mussa, gesprochen. Mit welchen Erkenntnissen sind Sie denn aus diesem Gespräch gegangen?
Pöttering: Eine gute Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Ägypten bleibt natürlich ein großes Ziel, was dem beiderseitigem Interesse entspricht, aber auch dann die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft waren Gegenstand unseres Gesprächs, das heißt, eine marktwirtschaftliche Ordnung, die aber auch den Menschen dienen muss, wie natürlich auch die Frage der Sicherung der Religionsfreiheit, nicht nur für Moslems, sondern auch für Christen in der arabischen Welt, auch in Ägypten, und natürlich auch die Frage einer Friedensordnung im Nahen Osten mit Israel und Palästina jeweils in sicheren Grenzen. Und es gab doch eine große Übereinstimmung in diesen Fragen, und das ist glaube ich mit großer Freude festzustellen.
Degenhardt: Glauben Sie denn wirklich, Herr Pöttering, dass die Generäle bereit sind, von der Macht zu lassen und damit auch bereit sind, ihre Privilegien aufzugeben nach der Parlamentswahl?
Pöttering: Das ist natürlich die große Frage, Herr Degenhardt, was aus diesem Militärrat am Ende wird. Denn wenn ein Präsident gewählt wird, dann muss ja der Militärrat seine Aufgabe abgeben. Da kann man im Moment nur hoffen, dass das Militär sein Wort hält. Garantien kann man dafür gegenwärtig natürlich nicht haben. Aber ich glaube, die gesamte internationale Gemeinschaft sollte doch ihren Einfluss geltend machen, dass, wenn ein Präsident gewählt ist, dann auch der Militärrat seine Verantwortung in die Hände des Präsidenten und dann auch in die Hände des Parlamentes gibt, wenn das Parlament dann gewählt ist.
Degenhardt: Wie kann man denn den arabischen Demokraten - als solche hat sie der Bundesaußenminister bezeichnet - helfen, oder sollte man sich eher als Außenstehender fernhalten und die Dinge ihren eigenen Lauf nehmen lassen?
Pöttering: Also ich glaube nicht, dass man den Dingen ihren eigenen Lauf lassen sollte, aber es bedarf natürlich eines sehr klugen Verhaltens. Wir sollten uns nicht aufdrängen, wir sollten nicht gleichsam intervenieren, es gibt ja auch eine koloniale Belastung, nicht im Verhältnis Ägypten zu Deutschland, sondern im Verhältnis Ägypten zu anderen europäischen Ländern. Und hier muss man natürlich ein wirkliches Fingerspitzengefühl haben.
Aber mein Eindruck ist doch: Wenn wir sagen, wir sind solidarisch mit dem Demokratieprozess, wir sind solidarisch, dass ihr in Freiheit leben wollt in einer Rechtsordnung, dann ist das sehr willkommen, und wenn wir sagen: Wenn ihr unsere Hilfe wollt, dann bieten wir sie gerne an - und wenn man mit einer solchen Haltung an die Entwicklung in Ägypten herangeht, dann glaube ich, wird unsere Unterstützung sehr gerne wahrgenommen. Das ist jedenfalls meine Erfahrung aus den Gesprächen, die ich in Kairo geführt habe.
Degenhardt: Sie haben vorhin, Herr Pöttering, die Religionsfreiheit angesprochen. Auch das ist ja Ägypten in diesen Tagen - eine Liebesbeziehung eines Christen mit einer Muslimin hat einen gewalttätigen Streit zwischen den Familien ausgelöst. Muslime steckten eine Kirche in einem südlichen Vorort von Kairo in Brand, zwei Menschen kamen dabei ums Leben. Liebesbeziehungen zwischen Christen und Muslimen sind in Ägypten ein Tabu, und eine Hochzeit ist nur dann möglich, wenn sich der christliche Teil des Paars zum Islam bekehrt. Wie lassen sich denn solche Tabus aufbrechen?
Pöttering: Ja, es ist noch etwas komplizierter, so wie man mir gesagt hat: Wenn ein Moslem eine Christin heiratet, dann kann die Christin durchaus Christin bleiben. Wenn aber es anders ist, wenn eine Muslimin einen Christen heiratet, dann soll es anders sein. Aber wie auch immer diese Dinge sind, auf jeden Fall bedarf es hier noch eines Umdenkens.
Aber es gibt auch andere Erscheinungen. Ich bin am Sonntag mit einem katholischen Priester zusammengekommen, und der hat mir gesagt, er hat an den Demonstrationen teilgenommen. Und dann habe ich gesagt, Sie haben doch sicher dann eine ganz normale zivile Kleidung angehabt. Nein, sagt er, ich war als katholischer Priester erkennbar, und niemand hat mich belästigt, sondern ich war Teil der Demonstranten, also Christen - das gilt auch für viele Kopten - und Moslems haben friedlich für die Freiheit demonstriert. Darüber wird natürlich nicht berichtet, weil man sowas nur im persönlichen Gespräch erfährt. Aber es gibt auch solche Beispiele von Toleranz und des friedlichen Miteinanders.