Veranstaltungsberichte
„Ich wollte mir selbst ein Bild von der Situation vor Ort machen und mit möglichst vielen Menschen sprechen: mit jugendlichen Aktivisten, mit der Übergangsregierung, mit
Vertretern der christlichen Minderheit, der Medien und auch mit den Muslimbrüdern.
Nur so können wir herausfinden, wo und wie wir dem jungen Demokratisierungsprozess
in Ägypten helfen können“, so Pöttering.
Im Dezember 2010 hatten die Konrad-Adenauer-Stiftung im Rahmen ihrer politischen
Bildungsarbeit ägyptische Facebook-Aktivisten zu einem Gedankenaustausch
über die neuen sozialen Medien und ihre Möglichkeiten der Mobilisierung
für politische Veränderungen eingeladen. Einige der Teilnehmer, wie etwa Abdel
Rahman Moustafa, gehörten später zu den Initiatoren der Protestbewegung.
Derartige Veranstaltungen, so Pöttering, seien ein gutes Beispiel, wie Demokratieförderung
durch politische Stiftungen funktionieren könne: praktisch, problemorientiert
und partnerschaftlich. Die Angebote der politischen Bildung seien
hochwillkommen, wenn sie nicht von oben auferlegt würden. Dies unterstrich
auch der bisherige Generalsekretär der Arabischen Liga und möglichen neuen
Präsidenten Ägyptens Amr Moussa in seinem Gespräch mit Hans-Gert Pöttering.
Von Ressentiments gegen europäischen Unterstützer war bei Pötterings Gesprächen
in Kairo wenig zu spüren. „Ich bin auf dem Tahrir-Platz sehr herzlich empfangen
worden und war beeindruckt von der Offenheit und dem Optimismus der
Menschen, ein unvergessliches Erlebnis, das zuversichtlich stimmt.“ Zuversichtlich
war auch der neue Kulturminister Ägyptens bei seinem Treffen mit Pöttering.
„Früher haben wir nur über Demokratie gesprochen, jetzt können wir sie gestalten.“
Hierbei sei die Türkei für die Ägypter ein mögliches Modell, doch müssten
jetzt eigene Wege gefunden werden. Und ein junger Aktivist gab Pöttering den
Hinweis mit auf den Weg: „Wir wollen Ordnung ohne Unterordnung“.
„Deutschland und Europa“, so Hans-Gert Pöttering, „können in dieser Situation
helfen, nicht nur mit Geld, sondern auch und vor allem mit Ideen. Die Stiftungen
der C-Parteien können einen Weg aufzeigen, wie sich religiöser Wertebezug mit
einer modernen demokratischen Partei vereinbaren lassen. Bei der Verfassungs- und
Rechtsreform sind deutsche Erfahrungen eine willkommene Bereicherung.“
Und beim Thema „Soziale Marktwirtschaft“ erklärte ein Funktionär der Muslimbrüder
in einem Gespräch mit dem Vorsitzenden der Stiftung, dass er sich diese
auch in Ägypten sehr gut vorstellen könne.
Am Ende des Besuchs stand eine lange Liste neuer Projektideen: Filme über die
Aufarbeitung von Revolutionserlebnissen, Juristenworkshops zum deutschen
Verhältniswahlrecht sowie familienfreundliche Seminare für Frauen. „Wir werden
jetzt gemeinsam mit unseren Partnern an die Umsetzung gehen“, so Pöttering in
einem Interview mit dem ägyptischen Staatsfernsehen, „Die Chance ist da,
denn die Ägypter haben ihre Angst verloren. Und das ist eine sehr gute
Voraussetzung für Freiheit und Demokratie.“
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Über diese Reihe
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