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„Iran als Teil der Lösung“

Politische Implikationen für die Innen- und Außenpolitik im Kontext der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen

Acht Tage vor den am 14. Juni 2013 im Iran stattfindenden elften Präsidentschaftswahlen in der Geschichte der Islamischen Republik befasste sich in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin ein hochkarätig besetztes Panel mit den politischen Implikationen der Wahlen für die Innen- und Außenpolitik des Landes.

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Der Hauptabteilungsleiter der Europäischen und Internationalen Zusammenarbeit, Dr. Gerhard Wahlers, reflektierte in seiner Eingangsrede die Erfahrungen der internationalen Gemeinschaft mit den vergangenen Präsidentschaften von Chatami und Ahmadinedschad. Er stellte dabei heraus, dass gerade in der menschenrechtspolitischen Bilanz deutliche Unterschiede zwischen beiden Präsidenten zu erkennen waren. Unter Ahmadinedschad hatten sich die innenpolitischen Konflikte, insbesondere nach den mutmaßlich manipulierten letzten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2009, erheblich verschärft und zu einer massiven Ausweitung der Repression geführt. Gerhard Wahlers erinnerte in diesem Zusammenhang an die immer noch unter Hausarrest stehenden ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Moussawi und Karroubi, zitierte aber auch die Berichte über die aktuellen Proteste gegen das Regime in Isfahan und die deutliche Kritik an den Menschenrechtsverletzungen, die der aktuelle Präsidentschaftskandidat, Hassan Rohani, noch in dieser Woche öffentlich geäußert hatte.

Ruprecht Polenz MdB, der als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses und als Abgeordneter des Deutschen Bundestages seit mehreren Jahrzehnten mit der Lage im Iran befasst ist und sich - gemeinsam mit Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International - insbesondere für besonders gefährdete Gruppen wie die religiös verfolgte Baha’i-Glaubensgemeinschaft einsetzt, ging in seiner Hauptrede auf die regionale Dimension ein. Im Vordergrund seiner Ausführungen war die Analyse der Situation in Syrien, die vom Iran erheblich mit beeinflusst werde: „Eine Stabilisierung Syriens wird ohne Iran nicht möglich sein“, bilanzierte Polenz. Auch in Afghanistan und anderswo müsse Iran „Teil der Lösung“ sein. Bei den Afghanistan-Konferenzen seit 2001 habe sich Iran durchaus „konstruktiv verhalten“.

Allerdings bewertete Polenz die reale politische Position Irans in der Region eher negativ: „Iran ist nicht Teil des Problems, sondern das Problem selbst“, führte Polenz aus und beschrieb vier Hauptprobleme: Erstens unterstütze Iran offen die militanten Organisationen Hamas und Hisbollah, zweitens sei Iran als einziger Staat in der Region gegen eine Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und den Palästinensern, drittens habe sich die Menschenrechtslage im Iran rapide verschlechtert und viertens gebe es eine begründete Sorge, dass Iran eine Nuklearwaffenfähigkeit anstrebe und dazu auch sein ballistisches Raketenprogramm entsprechend ausbaue.

Das Gefüge von religiösem Führer und Verfassung

Die Positionen des religiösen Führers und des iranischen Präsidenten in der iranischen Verfassungswirklichkeit beschrieb die Expertin für iranisches Recht, Dr. Silvia Tellenbach, die am Max-Planck-Institut für Strafrecht in Freiburg lehrt und forscht. Als „Chef der Exekutive“ sei der Präsident der „höchste Amtsträger, der direkt vom Volk gewählt“ werde. Daher sei es im Jahr 2009 zu den „ungeheuren Eruptionen“ gekommen, „als die Bürger das Gefühl hatten, die Wahlen seien verfälscht worden“. Die politische Stellung des Präsidenten ist laut Tellenbach aber schwach: Er kann vom Obersten Gerichtshof und vom Parlament abgesetzt werden.

Praktisch unangreifbar sei dagegen der über der Verfassung stehende religiöse Führer. Seine Legitimität zieht er entsprechend auch nicht aus demokratischen Wahlen, sondern aus seiner religiös begründeten, schiitisch-islamischen Position - als Vertreter des verborgenen Imams. Der religiöse Führer Chamenei verfüge über die „Richtlinienkompetenz“ in der Islamischen Republik, greife in der Regel aber nicht in das politische Tagesgeschäft ein, erläuterte Tellenbach.

Aus einer iranisch-israelischen Perspektive befasste sich Meir Javedanfar, vom Interdisciplinary Center in Herzliya, mit dem Iran. Er ist selbst im Iran geboren und aufgewachsen. Entsprechend differenziert fiel sein Urteil über den heutigen Iran aus: Er zog eine klare Trennlinie zwischen dem „am besten ausgebildeten Volk in der Region“ und dem Regime, dessen Präsident, unterstützt vom religiösen Führer, nicht nur die Gegenwart Israels, sondern – durch die offene Leugnung des Holocausts – sogar die Geschichte des jüdischen Volkes leugne. Dabei seien die iranischen Israelis sehr stolz auf ihre iranische kulturelle Herkunft und lebten diese selbstbewusst auch in Israel, wie er am Beispiel der populären iranisch-israelischen Sängerin Rita verdeutlichte. Die Israelis seien auch das erste Volk gewesen, das in der - vor allem über soziale Netzwerke weit verbreitete - internationale Kampagne „Israel loves Iran“, dem iranischen Volk seine Sympathie entgegen gebracht habe. Eines Tages werde er selbst auch wieder in den Iran zurückkehren und als iranischer Israeli mit seinen Landsleuten sprechen, so Javedanfar.

Spannungsverhältnis zwischen EU und Iran

Eine für viele Iraner im Ausland beinahe typische Biographie hat der iranische Wirtschaftsexperte Bijan Khajehpour, der über die Auswirkungen der Sanktionen sprach: Erst nach langem Gefängnisaufenthalt, aufgrund einer Verhaftung im Kontext der Wahlunruhen im Jahr 2009, konnte er aus dem Iran fliehen. Gegen seine Verhaftung hatte damals auch die Bundesregierung protestiert. Verhaftet worden war er aufgrund der von „Hardlinern“ bestimmten repressiven Innenpolitik.

Khajehpour führte die Stärkung der „Hardliner“ auch auf die Konfrontation zwischen Iran und der internationalen Gemeinschaft zurück, da die Sanktionen im Iran als „Wirtschaftskrieg“ empfunden würden und in dieser Situation die Hardliner den Geheimdienstapparat und ähnliche repressive Strukturen ausgebaut hätten. Mit Blick auf die nächsten Präsidentschaftswahlen sah Khajehpour aber eine gute Chance für einen Wandel in dieser konfrontativen Situation, wenn der in den Jahren 2003 bis 2005 als nuklearer Verhandlungsführer tätige Kleriker Hassan Rohani gewählt werden würde, da dieser schon intensiv mit den Europäern verhandelt habe. Schon im Wahlkampf habe sich Rohani deutlich für eine Lösung im Nuklearkonflikt ausgesprochen und auch die unter Präsident Ahmadinedschad verhärtete iranische Position offen kritisiert: „Iran habe nicht nur das Recht auf Anreicherung und ein ziviles Atomprogramm, sondern auch auf eine funktionierende Wirtschaft – was habe das Volk von sich drehenden Zentrifugen in den Anreicherungsanlagen, wenn sich die Wirtschaft nicht auch drehe?“, zitierte Khajehpour die provokanten Äußerungen von Rohani, der als erfolgversprechendster Kandidat der Reformer im Präsidentschaftswahlkampf gilt.

Rouzbeh Parsi, vom European Union Institute for Security Studies in Paris, stellte die Sanktionspolitik in ein Spannungsverhältnis zur Menschenrechtspolitik der EU gegenüber Iran. Nach seiner Ansicht fokussiere die Menschenrechtspolitik gegenüber Iran einseitig auf die politischen Menschenrechte, vernachlässige aber die sozialen und wirtschaftlichen Menschenrechte. In der Sanktionspolitik seien aber insbesondere die sozialen und wirtschaftlichen Menschenrechte tangiert, da die Sanktionen vor allem die wirtschaftlich schwachen Bevölkerungsteile negativ treffen würden. Der wirtschaftliche Sanktionsdruck auf den Iran trage somit dazu bei, die Bevölkerung leiden zu lassen. Sanktionen seien leichter zu implementieren, als auszusetzen, so Parsi.

Lösungsansätze zur Konfliktlösung

In der von Dr. Walter Posch von der Stiftung Wissenschaft und Politik ausgezeichnet moderierten Diskussionsrunde setzten sich Polenz und Khajehpour für direkte Gespräche zwischen dem Westen und Iran ein. Polenz betonte, „wenn man etwas für die Menschenrechte im Iran tun möchte, muß man auch mit den Iranern reden“. Diesen Dialog mit einer Appeasment-Politik - wie die im Jahr 1938 gegenüber den Nazis - gleichzusetzen, sei nicht zielführend. Auch die USA hätten ihre Regime-Change-Rhetorik eingestellt, weil sie gesehen hätten, dass man nicht gleichzeitig ein Regime beseitigen kann, mit dem man eine gemeinsame Lösung erreichen wolle. Andererseits, betonte Polenz, sei aber auch „die „iranische Taktik, die gemeinsame Front des Westens aufzuspalten, zum Scheitern verurteilt“. Deutschland sei im Bezug auf die Verhandlungen mit dem Iran in der Nuklearfrage „kein neutraler Vermittler, sondern Teil der gemeinsamen europäischen Bemühungen.“

Khajehpour machte deutlich, dass auch im Iran der Diskurs über Verhandlungen mit dem Westen nicht ohne Schwierigkeiten, auf einen konstruktiven Kurs gebracht werden konnte. So habe der Berater für internationale Angelegenheiten, des religiösen Führers Chamenei, Ali Akbar Welayati, den iranischen Ansatz so formuliert: „Es ist im Interesse des Friedens in der islamischen Welt, wenn wir mit den USA verhandeln“. Dieser „iranische Diskurs“ mache einerseits deutlich, so Khajehpour, dass man sich im Iran nicht dem „Druck der USA“ beuge, aber andererseits dennoch seine Verhandlungsbereitschaft zeige.

Selbst über einen Dialog zwischen Israel und Iran wurde diskutiert, wobei die realistische Umsetzung aber von Meir Javedanfar eher negativ bewertet wurde: „Wenn Netanyahu aus Teheran ein Signal der Gesprächsbereitschaft empfangen würde, dann würde er es akzeptieren, aber Iran will dies nicht.“ Das sei für Iran eine Frage der Identität, so Javedanfar: „Wenn man dem Regime die Slogans „Tod Israel, Tod den USA“ wegnimmt, was bleibt dann noch von der „Islamischen Republik“ übrig?“

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