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Flucht über die Ostsee

Drei Himmelsrichtungen waren für die DDR-Bürger gleichbedeutend mit der Freiheit von der sozialistischen Diktatur. Im Südwesten und Westen des Landes trennte sie eine Mauer von dieser Freiheit, im Norden war es die Ostsee. Zahlreiche Menschen haben in den 28 Jahren zwischen Bau und Fall der Mauer unter Einsatz ihres Lebens versucht, eine dieser Grenzen zu überwinden. Vier von ihnen, die den Fluchtversuch auf dem Wasser gewagt haben, trafen sich in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung, um als Zeitzeugen über ihre Beweggründe und ihre Erfahrungen mit der Flucht zu sprechen.

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Für zwei der Zeitzeugen hat die Flucht tatsächlich in die Freiheit geführt. Dr. Peter Döbler schwamm 1971 von Kühlungsborn nach Fehmarn. Er benötigte 25 Stunden für die 48 Kilometer auf See, die längste Strecke die ein Flüchtling aus der DDR geschwommen ist. Die einzige Flucht auf einem Surfbrett gelang Karsten Klünder zusammen mit seinem Freund Dirk Deckert. Von Hiddensee aus surften sie zur dänischen Insel Insel Møn, wobei Klünder vier Stunden benötigte.

„Es waren eher kleine Dinge, die sich angehäuft haben“, sagte Klünder, nach den Beweggründen für seine Flucht befragt. Die endgültige Entscheidung fiel, nachdem sein Freund Dirk den Einberufungsbefehl für die NVA zugestellt bekommen hatte. „Die Menschen wurden in der DDR wie Material behandelt. Man tat so, als ob das Wohl am Menschen im Vordergrund stünde, aber das Gegenteil war der Fall“, so Klünder. Er habe gewusst, dass die selbstgebauten Surfbretter bei rauer See von Vorteil sein könnten. „Im Nachhinein ist uns aber bewusst geworden, wie viel Glück wir bei dieser Aktion hatten.“

Gleich zwei Anläufe für die Flucht benötigte Rekordschwimmer Döbler: „Am ersten Abend wurde ich am Strand von Grenzposten kontrolliert. Ich konnte mich damit herausreden, dass ich Fische angeln wollte, war aber nach der Kontrolle so fertig, dass an Flucht nicht mehr zu denken war.“ Der zweite Anlauf funktionierte dann ohne Probleme. „Ich habe mich zwei Jahre lang körperlich und geistig darauf vorbereitet und hatte keinen Zweifel daran, dass die Flucht gelingen würde“, so Döbler. Zu seiner Zuversicht trugen auch Appetitzügler bei, die neben einer Leistungssteigerung auch eine gewisse Euphorie zu Folge hatten. „Zwischendurch habe ich sogar Lieder gesummt“, konnte Döbler der ernsten Geschichte eine heitere Erinnerung hinzufügen.

Wie risikoreich die Flucht über die Ostsee tatsächlich war, illustrierten die Erinnerungen der Zeitzeugen Carmen Rohrbach und Thorvald Greif. Für beide endete der Fluchtversuch im DDR-Gefängnis. „Erst dort wurde mir das Wesen der DDR wirklich bewusst. Ich war geschockt, dass es solche Gefängnisse in Mitteleuropa noch gibt“, erinnerte sich Rohrbach.

Sie hatte 1974 versucht, mit ihrem Freund auf einem Paddelboot zu fliehen. „Für uns stand fest, dass wir kein Leben und keine Zukunft in der DDR hatten“, erläuterte sie die Beweggründe. Um der Entdeckung durch die Grenzposten zu entgehen, versenkten die beiden das Boot und setzten die Flucht schwimmend fort. Rohrbach weiter: „Unser Überleben war ein Zufall, wir schwammen 35 Kilometer in 30 Stunden und klammerten uns dann an einer Boje fest.“ Obwohl sie auf diese Weise die DDR-Grenze überwinden konnten, fingen DDR-Grenzposten sie auf internationalen Hoheitsgewässern ein.

Thorvald Greif hatte einen Krankheitsbesuch bei seinem Vater im Westen genutzt, um die DDR zu verlassen. Er versuchte daher vom Westen aus, seine in der DDR hinterbliebene Familie mit einem Motorboot zu befreien. Dabei wurde er vor dem Treffpunkt auf Usedom von einem Grenzposten abgefangen, woraufhin er und seine Frau ins Gefängnis kamen, während die gemeinsamen Kinder in ein Heim gesteckt wurden. Auch er berichtete von menschenunwürdiger Behandlung im Gefängnis, für die er sich mit der Sabotage der ihm aufgetragenen Zwangsarbeit revanchierte.

Sowohl Rohrbach als auch Greif wurden von der Bundesrepublik freigekauft. Ebenso wie Klünder und Döbler sind sie bis heute froh darüber, dass ihre Flucht sie letztendlich lange vor dem Mauerfall aus der DDR herausgeführt hat. „Ich würde die Flucht immer wieder wagen“, sagte Schwimmer Döbler im Rückblick. Gleichzeitig sind alle vier Zeitzeugen dankbar, dass sie den Fall der Mauer noch miterlebt haben. Und damit der Verwandlung der Ostsee von einer kaum überwindbaren Grenze in eine Region, in der Menschen aus ganz Deutschland gerne Erholung suchen.

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Έκθεση
24 Μαρτίου 2009
Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung, Tiergartenstraße 35, 10785 Berlin
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